Dass die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch auf stille Gesellschaften anwendbar sind, wurde von den Gerichten bereits festgestellt. Ändert es jedoch etwas an der Rechtslage, wenn die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages aufgrund arglistiger Täuschung erklärt wird? Und inwieweit muss ein Anlageinteressent über Nachteile und Risiken von angebotenen Kapitalmodellen aufgeklärt werden? Auf diese und weitere Fragen fand der BGH in dem Urteil vom 26.09.2005 – II ZR 314/03 eine Antwort.

Sachverhalt

Bei den Beklagten handelt es sich um zwei Gesellschaften der „G-Gruppe“, einer KGaA und einer AG, welche sich mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen beschäftigen.
Ihr Kapital erbringen sie durch die Gründung von stillen Gesellschaften mit Kleinanlegern, bei welchen die Gesellschafter am Gewinn und Verlust beteiligt sind und gegebenenfalls eine Nachschusspflicht bis zur Höhe ihrer Entnahme besteht.
Nach Ende des Vertrags wird das Auseinandersetzungsguthaben als monatliche Rente gezahlt und es besteht ein gewinnunabhängiges Recht auf Entnahme in Höhe von 10 % der Einlage.

Die Kläger beteiligten sich im Laufe der 90er-Jahre als stille Gesellschafter an einer Gesellschaft der „G-Gruppe“. In den folgenden Jahren stellten sich jedoch kaum Gewinne ein, da gemäß den Klägeraussagen planmäßig mit einer solche geringen Investitionsquote investiert wurde, dass Gewinne sehr unwahrscheinlich gemacht wurden. Aus diesem Grund erklärten die Kläger im Jahr 2001 die fristlose Kündigung und die Anfechtung der Gesellschaftsverträge mit der Begründung, dass sie in den Vetragsanbahnungsgesprächen arglistig von den Anlagevermittlern über die Bedingungen getäuscht wurden.
Mit ihrer Klage verlangten sie von den Beklagten als Gesamtschuldner die Rückzahlung der Einlagen, eine Feststellung, dass das Geschäftsverhältnis durch die Kündigung erloschen ist und die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens.
Vom Landgericht wurde die Klage abgewiesen, die Berufung der Kläger blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht wies die Klage aus mehreren Gründen ab. Es bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung der Einlage, da die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft anwendbar seien.


Hintergrund: Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft

Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft dienen dazu, die Rückabwicklung einer solchen zu erleichtern. Im Falle der Unwirksamkeit müssten die zwischen den Gesellschaftern geflossenen Leistungen gemäß § 812 ff. BGB rückabgewickelt werden. Hierfür gibt es jedoch keine passenden Regeln zur Verteilung. Deshalb wurde festgelegt, dass eine fehlerhafte Gesellschaft, welche bereits in Vollzug gesetzt wurde, für die Vergangenheit wie eine wirksam gegründete behandelt wird. Der Unwirksamkeitsgrund bildet somit nur einen Auflösungsgrund für die Zukunft.


Demnach könnte allenfalls die Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens verlangt werden, nicht jedoch die Rückerstattung. Das Berufungsgericht führt aus, dass hiervon auch keine Ausnahme aufgrund der geringen Gewinnchancen gemacht werden kann, da im Gesellschaftsvertrag nicht festgelegt wurde, wie hoch die Investitionsquoten seien, sodass keine Sittenwidrigkeit vorliegt.
Auch seien die schutzwürdigen Interessen der Kläger und damit die arglistige Täuschung der Vermittler keine Rechtfertigung, eine Ausnahme zu machen.
Da in den Prospekten keine Investitionsquote genannt wurde, kann den Beklagten auch kein strafbares Verhalten nach § 264a StGB vorgeworfen werden, da ein Vertrauen der Kläger nicht begründet ist.

Der BGH fand jedoch, dass diese Ausführungen nicht frei von Rechtsfehlern waren und korrigierte einige der Annahmen.

Als zutreffend erkannte es die Aussage an, dass die Kläger von den Beklagten nicht als Gesamtschuldner die Rückzahlung ihrer Einlage fordern können, da auch in einem Konzern die einzelnen Gesellschafter rechtlich selbstständig sind.
Da bereits im Tatbestand des Landgerichts aufgeführt wurde, welche Kläger mit welcher Gesellschaft einen Vertrag geschlossen hat, ist es jedoch unproblematisch festzustellen, wem gegenüber Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.

Ein wichtiger Unterschied zum Urteil des Berufungsgerichts zeigt sich jedoch in der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft. Anders als das Berufungsgericht, welches bei der Anwendung der Grundsätze keine Ausnahme für arglistige Täuschung macht, erklärt der BGH, dass in diesem Fall ein Anspruch auf Rückzahlung der Einlage bestehen kann.

Es wird dadurch begründet, dass die Grundsätze bei Täuschung keine Anwendung finden, soweit der Vertragspartner der stillen Gesellschaft, also der Inhaber des Handelsgeschäfts i.S. des § 230 HGB, verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Vertrag nicht geschlossen und damit auch keine Einlage geleistet.

Damit soll verhindert werden, dass Personen, die sich schadensersatzpflichtig gemacht haben, daraus profitieren, dass sie an dem Gesellschaftsvertrag mit dem Geschädigten beteiligt sind und allein aus diesem Grund nur ein Kündigungsrecht besteht.

Folglich ist festzuhalten, dass wenn die Beklagten ihre Aufklärungspflicht verletzt haben, sie nach § 311 Abs. 2 BGB, den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss auf Schadensersatz, haften werden und sich gegebenenfalls ein Verschulden der Anlagevermittler nach § 278 BGB zurechnen lassen müssen.

Hier kommt die Frage auf, wann eine solche Aufklärungspflicht verletzt ist und wann nicht. Als Rahmen beschloss der BGH deshalb, dass einem Anleger vor Eintritt ein zutreffendes Bild über das Objekt vermittelt werden muss, welches vor allem die damit verbundenen Nachteile und Risiken enthält, welche mit der Beteiligung verbunden sind. Hierzu zählt unter anderem, dass über das geplante Investitionsvolumen aufgeklärt wird und gewinnunabhängige Entnahmen nicht mit Renditen gleichgestellt werden dürfen.

Bezüglich der Behauptung der Kläger, dass vorhergesehene Investitionen unterlassen wurden und planmäßig nur eine solch geringe Summe der Anlegergelder investiert wurde, dass ein Verlust deutlich wahrscheinlicher gemacht wurde als ein Gewinn, befand das Berufungsgericht, dass ein Sachverständigengutachten nicht nötig sei und ging dem nicht weiter nach.
Der BGH stellt jedoch fest, dass diesbezüglich ein Aufklärungsbedarf besteht und die Entscheidung des Berufungsgerichts im Rahmen der Beweisaufnahme nicht akzeptabel ist. Die Begründung, dass vorherige Gutachten nicht aussagekräftig gewesen waren, ist nicht ausreichend, da nichts dafürspreche, dass eine erneute Beweisaufnahme aussichtslos sei. Auch die weitere Argumentation, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten des Fonds vielschichtig seien und die Verluste auf die Marktsituation zurückzuführen sind, seien nicht zulässig, sodass es sich um eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung handelt.

Um ein aussagekräftiges Gutachten erstellen zu können, sind die Beklagten allerdings angehalten, dem Gericht im Rahmen der sekundären Darlegungslast weitere Informationen offenzulegen, die den Klägern zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht zugänglich sind. Dies muss sich der Gesellschaft gegenüber jedoch in einem ihr möglichen und zumutbaren Rahmen befinden.

Fazit

Dieses Urteil war entscheidend in Hinsicht auf die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft. Es wurde bestimmt, dass diese anwendbar sind, jedoch nicht in allen Fällen einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage entgegenstehen und die Beklagten für ihr Verhalten somit haftbar gemacht werden können. Weiterhin machte der BGH deutlich, dass die “G-Gruppe” in entscheidenden Punkten selbst die Beweislast trägt, wenn sie nicht zum Schadensersatz verpflichtet werden wollen. Abschließend wurden auch die Ausmaße der Aufklärungspflicht über Kapitalanlagemodelle konkretisiert und bestätigt, dass ein Gericht ohne sachkundige Richter keine wirtschaftlichen Zusammenhänge beurteilen darf.