Der II. Zivilsenat des BGH hatte für den Fall der Vorrats-GmbH zu entschieden, ob die Verwendung eines GmbH-Mantels wirtschaftlich eine Neugründung darstellt. 

Sachverhalt

Es liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 

Am 14.06.2001 wurde die (D-Vorrats) GmbH gegründet und hatte sich zunächst mit der Verwaltung eigener Vermögenswerte befasst. Dabei wurde das notwendige Mindestkapital in Höhe von 25.000 € bei der Gründung ausweislich der Anmeldeversicherung eingezahlt. Zudem hatte die Gesellschaft bis zur Übertragung der Geschäftsanteile keine Geschäftstätigkeiten ausgeübt. Die neuen Erwerber der Gesellschaft hatten vorerst eine neue Geschäftsführerin gewählt. Im Zuge dessen wurde auch der Sitz, die Firmenbezeichnung sowie der Unternehmensgegenstand, welcher nun das Betreiben eines Partyservices geändert. Das AG G lehnte zunächst die Anmeldung dieser Änderungen mit der Begründung ab, dass die Geschäftsführerin die Versicherung gemäß § 8 II GmbHG zur Bewirkung der Leistung auf die Stammeinlage nicht vorgelegt hatte. Das AG G beanstandete den fehlenden Nachweis über das Vorhandensein des Stammkapitals. Die Geschäftsführerin legte daraufhin Kontoauszüge vor, welche ein Guthaben der Gesellschaft über 24987,32 € auswiesen. 

Durch Beschluss des AG G wurde der Eintragungsantrag abgelehnt, da ein Kontoauszug für die Bestätigung über das Stammkapital nicht ausreiche. Die Beschwerde der Geschäftsführerin, die Versicherung nach § 8 II GmbHG könne nur bei der Gründung, nicht aber bei der „Invollzugsetzung” der Gesellschaft verlangt werden, hat das LG zurückgewiesen. Das OLG Celle teilte diese Ansicht, sah sich aber durch zwei divergierende Entscheidungen des BayObLG und des OLG Frankfurt a.M. gehindert.  Daher wurde die Angelegenheit dem BGH gemäß § 28 II FGG zur Entscheidung vorgelegt. 

Die wirtschaftliche Neugründung

Die Vorrats-GmbH ist zunächst eine „auf Vorrat” gegründete Gesellschaft, die seit der Gründung noch nie unternehmerisch tätig gewesen ist und demnach als Unternehmensgegenstand die „Verwaltung des eigenen Vermögens” hat. Das primäre Ziel einer Vorratsgesellschaft ist die Weiterveräußerung. Ein GmbH-Mantel stellt hingegen eine noch existente, früher am Markt tätige, jetzt aber unternehmens- und oftmals vermögenslose Gesellschaft dar. Beide Gesellschaftsformen werden nach der Rechtsprechung des BGH dadurch zu wirtschaftlichem Leben erweckt, dass ihre Anteile an einen Dritten veräußert werden, der im Regelfall Änderungen im Gesellschaftsvertrag (Satzungsänderung), insbesondere Firma, Sitz und/oder Unternehmensgegenstand vornimmt sowie die Geschäftsführung auswechselt. Eine solche „Aktivierung” stellt nach Auffassung des BGH sowohl beim Erwerb einer auf Vorrat gegründeten GmbH als auch bei einer Mantelverwendung eine wirtschaftliche Neugründung dar.

Entscheidung des BGH

Bereits mit Beschluss vom 16.03.1992 hatte der BGH klargestellt, dass die Verwendung einer „auf Vorrat“ gegründeten Gesellschaft eine wirtschaftliche Neugründung darstelle, deren Risiken durch eine sinngemäße entsprechende Anwendung der Gründungsvorschriften zu begegnen sei. Diese Entscheidung wurde im vorliegenden Beschluss des BGH nochmals bestätigt. Demnach ist bei der wirtschaftlichen Neugründung einer Vorrats-GmbH sicherzustellen, dass die Gründungsvorschriften des GmbHG und somit auch die registergerichtliche Kontrolle entsprechend anzuwenden und durchzuführen sind, sodass das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital (Kapitalausstattung) gewährleistet werden kann. Ausschlaggebend hierfür ist, dass dies anderweitig zu Abgrenzungsproblem führen würde und  die Vorratsgesellschaft keine Gläubigerschutzvorschriften vorsieht, da sie in ihrem Grundwesen nicht operativ tätig wird und die Gläubigerschutzvorschriften ferner auch nicht notwendig sind. (NJW 1992, 1824) Betrachtet man dieses als wirtschaftliche Neugründung, so ist danach auch die Anmeldung und Eintragung der Satzungsänderungen nach §54 GmbHG sowie auch die hier fehlende Versicherung nach § 8 II GmbHG unumgänglich.

Der Geschäftsführer hat jedenfalls entsprechend § 8 II GmbHG zu versichern, dass die in § 7 II, III GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und dass der Gegenstand der Leistungen sich weiterhin in der freien Verfügung des Geschäftsführers befindet. Ein Kontoauszug allein reicht hierfür demnach nicht aus.  Ohne den Aspekt der wirtschaftlichen Neugründung bestünde die Möglichkeit den Gläubigerschutz nicht mehr gewährleisten zu können. Demnach würde ansonsten die formal-rechtliche registergerichtliche Präventivkontrolle, ein gewisser Mindestschutz sowie auch auf der materiell-rechtliche Haftungsebene, der weitgehende Schutz auf der Haftungsebene, nach § 11 II GmbHG keine weitere Beachtung finden, was dem Sinn und Zweck dieser Norm vollkommen entgegenstünde. 

Festgelegt wird nun, dass vor allem durch die zu durchführende registergerichtliche Präventivkontrolle sicherzustellen ist, dass die Gesellschaft mit dem gesetzlich vorgeschrieben Mindestkapital ausgestattet ist. 

Fazit

Im Interesse eines wirksamen Gläubigerschutzes sah der BGH entgegen der Annahme des BayObLG eine sinngemäße Anwendung der Gründungsvorschriften zwischen einer „normalen“ GmbH und der „wirtschaftlichen Neugründung“ einer Vorrats-GmbH. Dabei ist die Verwendung des Mantels einer auf Vorrat gegründeten GmbH als wirtschaftliche Neugründung anzusehen und erfordert eine registergerichtliche Prüfung (analog § 9c GmbHG). Indizien für das Vorliegen dieses Tatbestands sind in den Augen des Senats für das Registergericht, Änderung des Unternehmensgegenstands, Neufassung der Firma, Verlegung des Geschäftssitzes und/oder die Neubestimmung der Organmitglieder, wobei diese Indizien kumulativ oder auch einzeln vorliegen können. 

Dementsprechend hat der BGH zu Recht die Verpflichtung erweitert, dass Geschäftsführer auch im Zuge der Aktivierung (Anmeldung und Eintragung von Satzungsänderungen) einer Vorrats-GmbH zugleich die Versicherung gemäß § 8 II GmbHG, dass die Mindestkapitaleinlagen erbracht wurden und zu ihrer freien Verfügung stehen, beim zuständigen Gericht abgeben müssen. Dem BGH ist zudem zuzugeben, dass es sich bei der Abgabe der Versicherung lediglich um eine „Formalie“ handeln sollte und daher keine Gründe ersichtlich sind, weshalb eine solche Erklärung nicht abgegeben werden könne. Zumal es der Sinn einer Vorratsgesellschaft ist, dass bei der Aktivierung in Bezug auf die Mindestkapitalausstattung keine Bedenken vorhanden sein sollten, da diese vorher nicht operativ tätig gewesen ist und ein erheblicher Kapitalabfluss nicht stattfinden sollte.Sollte die geforderte Erklärung hingegen nicht abgegeben werden können, so ist es ohnehin geboten, die Eintragung abzulehnen, so die Ansicht des BGH. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Registergericht, den Eintragungsantrag abzulehnen, gerechtfertigt. Folglich kann ein erneuter Antrag, welcher den Anforderungen des § 8 II GmbHG entspricht, beim Registergericht gestellt werden.   

Verfasserinnen: Alexandra Hariri Awada, Natascha Davidovic