Die EU-Kommission will eine Richtlinie auf den Weg bringen, nach der urheberrechtlich geschützte Werke, wie Bücher, Musikstücke oder Filme, bei denen der Urheber nicht mehr ermittelt werden kann, im Internet frei genutzt werden dürfen. Voraussetzung dessen, mit der Nutzung dürfen keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden.
Die auf Initiative der EU-Kommission beschlossene Regelung ermöglicht es Bibliotheken, Museen oder öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern, die Werke von Künstlern online zu nutzen, wenn die Urheber nicht mehr auffindbar sind. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt doch noch der Rechteinhaber melden, kann dieser seine Urheberrechtsansprüche wieder geltend machen – ohne dass die Nutzer mit hohen Schadenersatzforderungen konfrontiert werden können.
Nach Bericht der Legal Tribune muss die Richtlinie noch vom Ministerrat endgültig beschlossen werden, bevor sie wirksam wird.
Vor allem die Frage, ab wann ein urheberrechtlich geschütztes Werk als verwaist angesehen werden kann, stellt sich hierbei als klärungsbedürftig dar.
Nunmehr ist die Richtlinie 2012/28/EU über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke durch das Amtsblatt der europäischen Union vom 27.10.2012 veröffentlicht wurden und damit in Kraft getreten. Artikel 3 RL 2012/28/EU gibt dabei vor, dass die „sorgfältige Suche“ der nutzenden Einrichtungen (öffentlich-zugängliche Bibliotheken, Bildungseinrichtungen etc.) ausführlich zu dokumentieren und an die nationalen Behörden weiterzuleiten ist. Des Weiteren wird der Mitgliedsstaat bestimmt, in dem die genannten Einrichtungen die Verantwortung für die Aufklärung des Urhebers tragen (Erstveröffentlichung; Sitz des Tonträgerherstellers). Eine Konkretisierung der Suche, beispielsweise nach Zeit oder der zu ergreifenden Maßnahmen, lässt die Richtlinie aus und legt diese in die Hand der nationalen Gesetzgeber. Dahingehend bleibt zu befürchten, dass durch unterschiedliche Rechtslagen in den Mitgliedsstaaten bzgl. der sorgfältigen Suche nach dem Urheber eine gewisse Rechtsunsicherheit auftreten könnte, da Artikel 4 RL 2012/28/EG eine europaweite Ankerkennung verwaister Werke vorgibt, sollte die zuständige Behörde diese erteilen. Problematisch ist hierbei, dass ein nachträglich aufgefundener Urheber Ansprüche auf Ausgleichszahlungen gegenüber den „unwissenden“ Nutzern geltend machen kann.
Die Bundesjustizministerin, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, kündigte am 19.09.2012 auf einer Veranstaltung zum „Zukunftsforum Urheberrecht“ an, dass noch im laufenden Herbst neue Regelungen bezüglich „verwaister Werke“ in das UrhG aufgenommen werden. Durch das Inkrafttreten der RL 2012/28/EU scheint sich dies allerdings zu verzögern. Dennoch darf man meines Erachtens auf die deutsche Umsetzung sowie jene der anderen Mitgliedsstaaten gespannt sein.