Eigentlich ganz praktisch, so ein Arbeitsplatz mit Internetzugang, meinen Sie nicht?
Wie schwer ist es da, der Versuchung zu widerstehen und nicht doch einmal „ganz kurz“ das Internet für private Zwecke zu nutzen, sei es um eine private E-Mail zu verschicken oder noch schnell eine Online-Überweisung zu tätigen. Doch solche Aktionen sind arbeitsrechtlich nicht ganz ungefährlich.
Sachverhalt
In einem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 09.05.2014 – 28 Ca 4045/14 ging es genau darum.
Eine Mitarbeiterin der Qualitätssicherung eines Unternehmens nutzte während ihrer Arbeitszeit das Internet häufig zu privaten Zwecken.
Auf Hinweis eines ihrer Kollegen wurden die Internetverbindungsdaten dieser Mitarbeiterin ermittelt und es stellte sich heraus, dass sich die tägliche private Nutzung auf 1-2 Stunden belief.
Bei der Konfrontation mit dem Arbeitgeber gab sie ihr Fehlverhalten sofort zu und versprach, die Stunden der privaten Nutzung unentgeltlich nachzuarbeiten.
Der Arbeitgeber sah darin jedoch einen erheblichen Vertrauensmissbrauch und kündigte der Mitarbeiterin fristlos.
Dagegen reichte die Betroffene Klage beim Arbeitsgericht Berlin ein.
Entscheidung der Rechtsprechung
Das Arbeitsgericht gab der Klägerin Recht und entschied, dass Arbeitsverhältnis fortbestehen zu lassen. Auch wenn betrieblich oder arbeitsvertraglich eine solche Nutzung geregelt ist, darf dem Arbeitnehmer ohne vorherige Abmahnung nicht fristlos gekündigt werden.
Die Abmahnung dient dazu, auf das Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Dies ist hier nicht geschehen.
Ergänzend ist hinzuzufügen, dass nur in Ausnahmefällen gemäß des BAG Urteils vom 31.05.2007, AZ 2 AZR 200/06 der Arbeitgeber berechtigt ist, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.
Dies wäre dann der Fall, wenn die Nutzung in solch einem Ausmaß geschieht, dass der Angestellte selbst bei eingeräumter Erlaubnis nicht mehr von einem Einverständnis seitens des AG ausgehen darf.
Fazit
Grundsätzlich ist die private Internetnutzung am Arbeitsplatz verboten, da es eine Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag gemäß § 611 Abs. 1 BGB darstellt. Die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers besteht im Erbringen der Arbeitsleitsung in der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Für diese wird er vom Arbeitgeber entsprechend vergütet. Dieser stellt dem Arbeitnehmer sein Eigentum (z.B. PC mit Internetzugang) für die Erbringung der Leistung zur Verfügung. Die private Internetnutzung stellt einen Missbrauch der Arbeitszeit sowie eine Verletzung des Eigentums seitens des Arbeitgebers dar. Demnach könnte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gemäß §1 Abs. 2 KSchG i. V. m. §622 BGB verhaltensbedingt kündigen, da sozial gerechtfertigte Gründe dafür vorliegen.
Selbst eine Nutzung privater Kommunikationsmittel ,wie z.B. das Tablet oder Smartphone, ändert an der Sachlage reichlich wenig, da hier zwar nicht das Eigentum des Arbeitgebers genutzt wird, es sich aber dennoch um einen Missbrauch der Arbeitszeit handelt.
Deshalb ist es immer ratsam, mit dem Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung über die Internetnutzung , z.B. in Form einer sogenannten Betriebsvereinbarung oder Ergänzung zum Arbeitsvertrag, zu schließen, die den inhaltlichen und zeitlichen Umfang konkretisiert.
Fehlt eine solche Vereinbarung, kann sich schnell ein Anspruch aus betrieblicher Übung entwickeln.
Letztendlich ist je nach Sachlage immer individuell zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten verstoßen oder Freiräume überschritten hat.
Die Rechtsprechung des BAGs ist sehr an die Praxis angelehnt. Es wäre auch nicht praktikabel, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer sofort kündigen kann, wenn dieser von der privaten Nutzung seines bereitgestellten Internetzugangs erfährt. Natürlich steht im Vordergrund die Pflicht des Arbeitnehmers in seiner Arbeitszeit seine erforderliche Arbeitsleistung zu erbringen, jedoch sollte demgegenüber der Arbeitgeber seine Mitarbeiter genau schulen bzw. unterrichten, wie mit einen frei verfügbaren Internetanschluss umzugehen ist, wenn er diesen unbeschränkt zur Verfügung stellt. Eine Abmahnung bei Missbrauch stellt daher ein wirksames Mittel dar. Anderseits kann vorab -wie im Artikel beschrieben- über die Weisung im Arbeitsvertrag, Zusatzvereinbarungen oder einer Betriebsvereinbarung eine Belehrung erfolgen. Jedoch um Missbrauch vorzubeugen ist es ratsam, nur einen beschränkten Zugang bspw. für die geschäftliche E-Mailüberprüfung zur Verfügung zu stellen. Diverse Anbieter bieten hierfür Software an, wo Nutzungen eingeschränkt werden können. Je im Einzelfall und auch Unternehmensgröße sollte überlegt werden, wie Missbrauch vermieden werden kann.
Die Rechtsprechung des BAG ist ganz klar nachvollziehbar, da es an der erforderlichen Abmahnung mangelte. Grundsätzlich jedoch stellt das Ausmaß von 1 bis 2 Stunden täglich, die die Mitarbeiterin mit der privaten Nutzung des Internets verbrachte, anstatt ihrer Arbeit nachzugehen, einen groben Verstoß gegen ihre Arbeitnehmerpflichten dar und lässt eine Kündigung durchaus gerechtfertigt erscheinen. Daher sollten Arbeitgeber ihren Angestellten mittels Betriebsvereinbarungen oder arbeitsvertraglichen Regelungen klare Grenzen setzen, um sich präventiv vor einem solchen Missbrauch durch die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu schützen.
Nutzung von Internetressourcen während der Arbeitszeit für Privatzwecke führt immer wieder zu Missverständnissen und Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auch wenn eine solche Nutzung im Arbeitsvertrag geregelt ist, gibt es keinen Grund für eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung.
Das Arbeitsgericht Berlin hat in seinem Urteil von 09.05.2014 klargestellt, dass die Abmahnung am Arbeitsplatz auf das Fehlerhalten aufmerksam machen soll. Da sie im konkreten Fall nicht gegeben war, war die Kündigung nicht rechtswirksam.
Jedoch kann eine fristlose Kündigung auch ohne vorausgegangene Abmahnung wie im Urteil vom 31.05.2007 seitens des Arbeitsgebers gerechtfertigt sein. Eine solche Ausnahme besteht dann, wenn der Arbeitnehmer nicht nur seine Arbeitspflichten verletzt, sondern auch die geschuldeten Arbeitsleistungen während der Arbeitszeit erbringt. Dies kann beispielweise der Fall sein, wenn ein pornografisches Bildmaterial auf dem Computer heruntergeladen oder pornografischen Seiten aufgerufen wurden. Der aufgetretene Schaden führt dann zu erheblichen Kosten für den Arbeitgeber. In dem vorliegenden Fall war ist nicht passiert, deshalb war die Kündigung unwirksam.
Das angesprochene Thema ist für jeden Arbeitnehmer heutzutage relevant, weil moderne Technologien
den Internetzugang für jeden zur Verfügung stellen, unabhängig davon ob er zu Hause oder am Arbeitsplatz ist.
Außerdem arbeiten die meisten sehr eng mit dem Computer tagtäglich zusammen. Dabei ist die Verlockung den Zugang für private Zwecke zu nutzen fast unwiderstehlich.
Im Gegensatz zum oben angesprochenen Urteil vom BAG sieht das LAG Berlin- Brandenburg die Situation mit privatem Surfen am Arbeitsplatz anders. In seinem letzteren Urteil (vom 14.01.2016, Az. 5 Sa 657/15) wurde die fristlose außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses für rechtswirksam erklärt. Im vorliegenden Fall wurde dem Arbeitnehmer ein Dienstrechner für die Arbeit überlassen, mit der Möglichkeit das Internet während der Arbeitspausen zu nutzen. Der Arbeitgeber überprüfte den Browserverlauf des Dienstrechners und stellte die Privatnutzung während der Arbeitszeit (ca. 5 Tage von 30 Arbeitstagen) fest. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt. Ungeachtet dessen, dass der Arbeitnehmer der Kontrolle des Browserverlaufs nicht eingewilligt hat, sieht das LAG hier keine Verletzung des Bundesdatenschutzgesetzes, weil keine andere Möglichkeit vorlag, die unerlaubte Internetnutzung nachzuweisen.
Es bleibt jetzt nur abzuwarten, ob der Arbeitnehmer die Revision des BAG beantragen wird.