Dass der Anbieter bei einer ebay-Auktion nicht ohne Grund sein Angebot rückgängig machen kann, ist ständige Rechtsprechung des BGH und war bereits Gegenstand der Berichterstattung in diesem Blog. Nun hat der BGH auch einer anderen Argumentation eines glücklosen Anbieters der Wind aus den Segeln genommen worden: Es ist nicht sittenwidrig, wenn ein gebrauchtes Fahrzeug zum Preis von einem Euro verkauft wird, weil sich lediglich ein einziger Interessent findet.
Was war passiert?
Ein ebay-Nutzer aus Thüringen stellte einen gebrauchten Passat bei eBay mit einem Startpreis von 1 € ein und nahm das Angebot zurück, als er bemerkte, dass lediglich ein einziger Interessent bot. Dieser hatte als Höchstgebot 555,55 € eingegeben, doch lag sein Gebot zum Zeitpunkt der Rücknahme noch bei 1 €. Der Verkäufer weigerte sich, das Auto zu liefern und teilte dem Kaufinteressenten mit, das Fahrzeug habe er anderweitig verkauft. Daraufhin klagte der Interessent – dem Grunde nach mit Erfolg – auf Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Wert des Fahrzeugs und 1 €, insgesamt 5.249€.
Was stand zur Entscheidung?
Ein Schadensersatzsanspruch statt der Leistung nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB kommt nur in Frage, wenn ein wirksamer Kaufvertrag abgeschlossen ist. Ein Vertrag kommt durch die Erklärungen, wie an anderer Stelle dargestellt, zustande, er ist auch nicht anfechtbar. Aber ist es nicht sittenwidrig (§ 138 BGB), wenn ein funktionstüchtiges Fahrzeug für nur 1 € verkauft wird? Merkmal der Sittenwidrigkeit ist schließlich ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung und das wird man hier wohl bejahen können. Der Anbieter argumentierte daher, der Erwerber handele rechtsmissbräuchlich, also gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn er auf der Erfüllung des Vertrags bestehe.
Warum ist der Vertrag nicht sittenwidrig?
Dennoch geht der BGH zu Recht von einer Wirksamkeit des Vertrags aus. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein reicht nicht aus, dieses muss Ausdruck einer „verwerflichen Gesinnung“ des Erwerbers sein. Das sei hier nicht der Fall: Der Verkäufer habe schließlich ohne weiteres ein höheres Mindestgebot angeben können (was allerdings angesichts der ebay-AGB zu etwas höheren Gebühren geführt hätte). Die Nutzung von ebay lebe gerade von der Chance, einen sehr hohen, aber auch von dem Risiko, einen äußerst geringen Verkaufspreis zu erzielen.
Anders hatten LG Koblenz und OLG Koblenz einen ähnlichen Fall gesehen. Dort hatte der Kläger für einen Porsche Carrera im Wert von etwa 75.000 € doch immerhin 5,50 € geboten und – erfolglos – auf Erfüllung geklagt. Die dort entscheidenden Gerichte hatten den Einwand des Rechtsmissbrauchs für gegeben erklärt.
Vorzeitige Auktionsbeendigung
Die Rechtsprechung zeigt: Die vorzeitige Auktionsbeendigung ist riskant. Es ist schließlich nicht ausgeschlossen, dass hier ein Bieter, der bei üblichem Ablauf nicht zum Zuge gekommen wäre, aber zum Zeitpunkt der Beendigung Höchstbietender ist, von der Situation zu profitieren versucht und Ansprüche geltend macht. Das kann er nach der Rechtsprechung des BGH in der Regel auch.
Ich finde es richtig, dass der BGH nun eine Regelung für Ebay-Verkäufe getroffen hat. Sehr oft setzen Verkäufer einen niedrigen Startpreis, um die Gebühren an Ebay möglichst gering zu halten. Genauso auch hier in diesem Fall. Wenn man einen so niedrigen Startpreis setzt, sollte man auch mit dem Risiko rechnen, die Ware zu einem geringeren Wert, als gewünscht verkaufen zu müssen. Die Verkäufer können nun nicht mehr so einfach eine Auktion abbrechen, nur weil sie den gewünschten Preis nicht erhalten.
Das Urteil ist eine gute Abschreckung für die Verkäufer, die ihre Auktionen vor Ende abbrechen, weil ihnen die bisherigen Gebote nicht gefallen.
Allerdings ist das Verhalten des ebay-Nutzers, den Passat für einen Euro statt zu einem Mindestangebot anzubieten, ebenso nachvollziehbar. Denn für Mindestangebote werden von ebay Gebühren erhoben, die nicht gerade gering sind. So werden einerseits Gebühren für die Einstellung als auch für den Verkauf eingefordert. Wer sich darüber ärgert und diese nicht zahlen möchte, sollte sich andere Wege suchen, wie er verkaufen möchte. Das Risiko, ein Angebot gegebenfalls zum Schnäppchenpreis herauszugeben, sollte jetzt jedem ebay Auktionator bekannt sein.
Ich sehe in dem Urteil eher keine Abschreckung für Verkäufer, die ihre Angebote kurz vor Ende der Auktion zurückziehen. Eher sehe ich darin allgemein eine Abschreckung vor allem hochwertige Gegenstände bei ebay zu versteigern.
Aus juristischem Blickwinkel ist die Entscheidung des BGH nachvollziehbar, doch finde ich die Schadensersatzhöhe übertrieben.
Ich befürchte, dass dieses Urteil Bieter dazu animieren könnte solche Situationen auszunutzen um daraus Profit zu schlagen. Deshalb sollten ebay-Anbieter darauf achten, dass sie ihre Angebote nach den AGB bis zu 12 Stunden vor Ende der Auktion zurückziehen können.
Ich stimme der Entscheidung des BGH absolut zu. Der Verkäufer hat im Rahmen der Privatautonomie sich selbst entschieden (unabhängig seiner Beweggründe) das Mindestangebot seines Fahrzeuges bei lediglich 1€ festzulegen. Sich dann im Nachhinein auf einen Rechtsmissbrauch nach §242 BGB zu berufen ist meines Erachtens rechtsmissbräuchlich.
Denn der Verkäufer hatte die Wahl sein Fahrzeug entweder anderweitig zu verkaufen oder auch das Mindestgebot höher festzulegen. Dem Verkäufer muss klar gewesen sein, dass sein Mindestgebot weit unter dem Wert des Fahrzeuges lag und er durch die Auktion bei E-bay das Risiko eingeht keinen weit höheren Preis für sein Fahrzeug zu erzielen. Daher kann der Vertrag nicht sittenwidrig sein.
Wäre die Sachlage anders herum gewesen, hätte der Bieter einen extrem weit über dem Fahrzeugwert liegenden Preis geboten, hätte der Anbieter wohl der Wirksamkeit des Vertrages nicht widersprochen. Genau dies zeichnet E-bay gerade aus, es ist eine Art Glücksspiel, bei dem die Beteiligten entweder Gewinnen oder Verlieren. Doch alle Beteiligten kennen die Konditionen und entscheiden sich selbst ob sie sich darauf einlassen. Der Versuch sich von seiner Verpflichtung im Nachhinein zu lösen, nur weil er den gewünschten Preis nicht erzielen konnte ist nicht rechtens. Dem Bieter steht ebenso ein Vertrauensschutz zu. Er verlässt sich auf die Bedingungen die solch eine Auktion bei E-bay mit sich bringt und sollte darauf vertrauen dürfen dass damit ein für ihn wirksamer Vertrag zustande kommt.
Gerade die geringen Gebühren machen den 1-Euro-Startpreis bei Ebay-Nutzern so beliebt. Doch gleichzeitig müssen sie damit rechnen, dass ihre Ware auch eventuell für einen sehr niedrigen Preis ersteigert wird. Könnte jeder Ebay-Verkäufer sein Angebot zurückziehen, weil ihm die Höhe der Gebote nicht zusagt, widerspräche das dem Prinzip von Ebay.
Gerade die immense Schadensersatz-Höhe, die trotz mangelndem Rechtsmissbrauchs, beinahe nicht gerechtfertigt erscheint, wird Ebay-Verkäufern zukünftig dazu bewegen, sich zweimal zu überlegen, für welchen Preis sie ihre Ware anbieten oder ob sie sie frühzeitig aus der Aktion entfernen.
Hätte der Verkäufer richtig argumentiert, wäre es nicht zum Schadensersatzanspruch gekommen.
Sein Fehler ist, dass er sich geweigert hat das Auto zu liefern, mit der Begründung der Verkaufspreis wäre zu niedrig.
Ebay bietet verschiedene Möglichkeiten wann ein Angebot vorzeitig beendet werden kann und somit auch einen Haftungsfall vermeiden zu können. Dies ist zum Beispiel der Fall , wenn:
Zitat;
„Sie haben sich beim Eingeben des Angebots geirrt.
wesentlicher Fehler bei der Beschreibung des Artikels
Fehler bei Angabe von Start- oder Mindestpreis
Es ist Ihnen unverschuldet unmöglich, den Artikel dem Käufer zu übereignen“
Sinnvoll wäre wenn der Verkäfer zunächst solche Argumentationen vorgetragen hätte.
Ich persönnlich finde ich es nicht fair, ein Auto für ein 1 € veräußern zu müssen.
Die Anwendung von Recht sollte eigentlich zu Gerechtigkeit führen. Ich finde es in diesem Fall nicht gegeben.
von: Hanane Belfqih- Müller
Bei „Ebay“ handelt es sich um eine allgemein bekannte Auktionsplattform für private und auch gewerbliche Nutzer.
Jedem Verkäufer steht es frei ein individuelles Startgebot festzulegen. Dies kann aus wirtschaftlichen Gründen, wie im vorliegenden Fall, 1,00 EUR betragen um die zu zahlenden Nutzungsgebühren an Ebay gering zu halten. Es kann auch eben gerade niedrig angesetzt werden, um die Biet-Interessent zur Gebotsabgabe zu animieren.
Sobald der Verkäufer einen Startpreis festlegt, gibt er ein reguläres Vertragsangebot im Sinne des § 145 BGB ab. Dementsprechend ist er an diese Erklärung gebunden. Darauf zu hoffen, dass die Auktion noch weitere Bieter findet und mithin ein höherer Kaufpreis erzielt wird, ist nicht von Bedeutung.
Die Vertragsfreiheit gewährt gerade jedem die Möglichkeit einen Vertrag nach seinen individuellen Vorstellungen abzuschließen. Dazu zählt vor allem auch die Festlegung des Kaufpreises, bzw. im vorliegenden Fall die Festlegung des Starpreises für die Auktion.
Demzufolge kann der Ansicht des BGHs gefolgt werden. Der Verkäufer des Passats hatte gerade die Absicht die Nutzungsgebühr zu umgehen. Das Risiko das die Auktion somit nicht den für ihn gewünschten Erfolg mit sich bringt, geht auf ihn über. Auch wenn der Gedanke der Sittenwidrigkeit im vorliegenden Fall durchaus nachvollziehbar ist, findet er meines Erachtens nach gerade im Hinblick auf die Vertragsfreiheit, keine Anwendung. Denn der Verkäufer wusste zu welchen Folgen und Risiken es unter Umständen kommen könnte.
Die BGH-Entscheidung beantwortet die Frage, wie sog. „Abbruchjäger“ zu behandeln sind. Das sind Personen, die möglichst schnell nach Einstellung einer Auktion geringste Beträge bieten, in der Hoffnung, dass der Anbieter die Auktion vorzeitig beendet. Das LG Koblenz und das OLG Koblenz argumentierten, dass der Käufer weit unterhalb des Verkehrswertes einer bei eBay angebotenen Sache nicht schutzwürdig sei, da er von dem nicht zu erwartenden vorzeitigen Abbruch der Auktion profitieren wolle und nicht annehmen könne, den Gegenstand zu diesem Preis zu ersteigern.
Der BGH kann die Argumentation des LG und des OLG Koblenz zu recht nicht nachvollziehen. Es ist ja gerade der Reiz einer Online-Auktion, ein Gegenstand zu einem Schnäppchenpreis zu ersteigern. Das Bieten eines niedrigen Preises reicht daher für ein Rechtsmissbrauch nicht aus. Es müssten schon besondere Umstände hinzutreten, um ein Rechtsmissbrauch bejahen zu können, wie zum Beispiel, dass der „Abbruchjäger“ professionell handelt.
Des Weiteren weist eBay ausdrücklich darauf hin, dass Verkäufer nicht zum Abbruch eines Angebots berechtigt sind, wenn sie den Artikel „anderweitig verkaufen, verschenken oder sonst weitergeben“ wollen.