„Wer nutzt heute noch keine Social Media Plattformen? Es scheint kaum jemanden zu geben, der diese nicht in sein Leben installiert und verlinkt hat und sie used.“ Das gilt nicht nur für den privaten User sondern mittlerweile auch für eine Vielzahl deutscher Unternehmen. Im Jahr 2012 waren es bereits 84,8 % aller deutschen Unternehmen, die Social Media betrieben (im Vergleich: 2011 nur 72,3%). Der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber sind quasi auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses mit einander vernetzt. Alle Posts, Likes, Tweets und vieles mehr sind somit auch für den Arbeitgeber sichtbar. Fragen die man sich stellen sollte sind somit vorprogrammiert: „Welche meiner Äußerungen, sei es auch beleidigende, sind vom Recht auf Meinungsfreiheit geschützt und welche nicht?“  „Und wie kritisch darf ich mich über mein Unternehmen überhaupt äußern?“

Historisch betrachtet ist es nicht neu, dass Arbeitnehmer hin und wieder mal über den Arbeitgeber oder sogar Kollegen beleidigende Äußerungen getroffen haben. Zwar geschah dies meist unter 4 Augen im Café, in der Kneipe während des Feierabendbiers oder ähnliches, unterfiel aber immerhin noch dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Der Arbeitnehmer darf schließlich darauf vertrauen, dass seine Äußerung im kleinen Kreis nicht „nach außen“ getragen wird. Er ist schließlich nicht verpflichtet von seinem Arbeitgeber und seinen Kollegen nur positiv zu denken und sich in seiner Privatsphäre ausschließlich positiv über sie zu äußern.

Problemfall World Wide Web

Im Falle von solchen beleidigenden Äußerungen auf Social Media Plattformen sind zwei Punkte besonders zu beachten:

1. Die getätigte Beleidigung ist schriftlich und somit leichter nachweisbar, was verbunden mit der unkontrollierten und rasanten Verbreitungsmöglichkeit des World Wide Web eine Schlinge um den Hals des Arbeitnehmers darstellen kann.

2. Handelt es sich um ein vertrauliches Gespräch im Freundeskreis oder doch eher um ein öffentliches Gespräch aufgrund der Größe des „Freundeskreis“, z.B. auf Facebook?[1]

Schutz nach Art. 5 I 1 GG

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, so der Gesetzgeber nach Art. 5 I 1 GG.

Ausschlaggebend ist hier, inwiefern es sich noch um eine legitime „Meinung“, und nicht schon um eine Beleidigung mit erheblich ehrverletzendem Inhalt des Arbeitnehmers handelt. Grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer nicht zu verbieten, außerdienstlich Social Media Plattformen zu nutzen und auf diesen auch Sachkritik als persönliche Meinung, sei es auch negative, zu verbreiten. So auch im Fall des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 09.03.2010, in dem ein Arbeitnehmer auf seiner privaten Facebook-Pinnwand postete: „ Das einzige, was für die Betreiber, die Familie, zählt, ist Kohle, egal zu welchem Preis. Würde mich auch nicht wundern, wenn die Kellertanks illegal wären.“ Das Arbeitsgericht Iserlohn erklärte in diesem Fall die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers für unwirksam und ließ verlauten, dass eine Ehrverletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht auch bei polemischer Kritik am Arbeitgeber nicht vorliegt, wenn die Äußerungen weder nach Form noch nach Inhalt ein strafrechtliches Verhalten darstellen.[2]

Schranken des Art. 5 I GG durch Art. 5 II GG

Im Falle eines strafrechtlichen Verhaltens muss es sich um eine grobe Beleidigung handeln, die nach Form & Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeutet.[3] Diese stellt einen gewichtigen Verstoß gegen die Pflichten zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Vertragspartners dar und kann eine außerordentliche Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Schließlich gilt das Grundrecht der Meinungsfreiheit i.S.d. Art. 5 I GG nicht uneingeschränkt. Es findet gem. Art. 5 II GG durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre seine Schranken. Im Rahmen der allgemeinen Gesetze ist § 241 II BGB einschlägig, welcher die oben genannten Pflichten zur Rücksichtnahme durch die Interessen, Rechte und Rechtsgüter des anderen Teils auslegt. Ein elementares Beispiel ist in diesem Fall das Urteil des LAG Hamm vom 10.10.2012, in dem ein 26 jähriger Auszubildender auf seinem privaten Facebook-Profil unter der Rubrik „Arbeitgeber“ eine Eintragung vornahm, in der er seinen Arbeitgeber als Menschenschinder und Ausbeuter titulierte. Zu recht erfolgte die außerordentliche fristlose Kündigung, da es sich um eine ehrverletzende Darstellung des Arbeitgebers handelte. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt weder Formalbeleidigungen und Schmähungen noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen.[4]

Fazit

Ein pauschales Einzelfall übergreifendes Urteil in Sachen Meinungsäußerungen bzw. Beleidigungen auf Social Media Plattformen zu treffen ist nicht möglich. Vielmehr muss eine Interessenabwägung in Anbetracht des Empfängerkreises erfolgen und es ist zu hinterfragen, ob es sich womöglich doch nur um eine Handlung im Affekt handelt oder nicht. So ist am Ende eine Aussage darüber möglich, ob das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter die Interessen des Betroffenen zurück zu treten ist oder nicht.

Schließlich ist auch zu prüfen, ob eine ordentliche Kündigung, welche eine verhaltensbedingte Pflichtverletzung und vorherige Abmahnung erfordert, zu erteilen ist oder doch eine außerordentliche Kündigung, welche einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 I BGB voraussetzt, die in diesem Fall eine derart ehrverletzende Beleidigung des anderen Teils darstellt und folglich für ein bestehendes Arbeitsverhältnis nicht mehr zumutbar wäre, auszusprechen ist.


[1] Scheid/Klinkhammer: ArbR Aktuell, Kündigung wegen beleidigender Äußerungen des Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken, 2013, 6.

[2] ArbG Iserlonh Urt. v. 09.03.2010 – 5 Ca 2640/09.

[3] Bauer, Günther: NZA 2013, Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook, S. 67-73.

[4] LAG Hamm Urt. v. 10.10.2012 – 3 Sa 644/12.