Die Zulässigkeit von „Keyword-Advertising“ ist ein heftig umstrittener Bereich des Markenrechts. Während es die einen als innovatives und modernes Geschäftsmodell der kundennahen Werbung bezeichnen, sehen Rechteinhaber v.a. die Ausbeutung und unzulässige Nutzung ihrer Marken darin.
In seiner Entscheidung „MOST-Pralinen“ vom 13.12.2012 (Az. I ZR 217/10) bestätigte der Bundesgerichtshof nunmehr seine bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit des sogenannten „Keyword-Advertising“. Er stellt nochmals klar, dass eine Marke grundsätzlich nicht verletzt wird wenn die betreffende Werbung eines Dritten in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichnetem Werbeblock erscheint und weder die Marke selbst noch einen anderen Hinweis auf den Rechteinhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält.
Doch was genau ist Keyword-Advertising?
Als „Keyword-Advertising“ bezeichnet man eine beliebte Form der Suchmaschinenwerbung bei der Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder verwechselbaren Schlüsselwortes u.a. die Werbung eines Dritten angezeigt wird. Suchmaschinenbetreiber wie Google eröffnen ihren Kunden dabei im Einzelnen gegen Zahlung eines erfolgsabhängigen Entgeltes die Möglichkeit der kontextsensitiven Reklame. Diese wird bei Abruf auf einem innerhalb der Internetseite der Suchmaschine positionierten Werbeblock, der „AdWords-Anzeige“, dargestellt. Sobald durch einen Internetnutzer folglich ein zuvor vereinbartes Schlüsselwort als Begriff in die Suchmaske eingegeben wird, erscheint der entsprechende Werbetext am rechten Seitenrand neben der eigentlichen Trefferliste in einem gesonderten Bereich mit der Überschrift „Anzeigen“. Insbesondere für den Internetnutzer hat diese Werbeform den Vorteil, dass er die Suchmaschine kostenlos verwenden kann.
Was war Inhalt der Entscheidung?
Die Klägerin in der Sache ist Inhaberin der u.a. für Pralinen und Schokolade eingetragenen deutschen Marke „MOST“. Sie betreibt unter der Internetadresse www.most-shop.com einen Onlineshop, über den sie hochwertige Konfiserie- und Schokoladenprodukte vertreibt. Die Beklagte unterhält unter den Internetadressen www.feinkost-geschenke.de und www.selection-exquisit.de ebenfalls einen Onlineshop für Geschenke, Pralinen und Schokolade. Im Januar 2007 schaltete die Beklagte eine sogenannte AdWords-Anzeige bei der Suchmaschine Google für ihren Onlineshop. Als Keyword, dessen Eingabe für das Erscheinen der Anzeige sorgen sollte, wählte sie den Begriff „Pralinen“ mit der Option „weitestgehend passende Keywords“. In der Liste dieser weitestgehend passenden Begriffe war auch das Schlüsselwort „most pralinen“ enthalten. Wurde nun von einem Nutzer der Suchbegriff „Most Pralinen“ eingegeben, erschien u.a. auch die Werbe-Anzeige der Beklagten. Über einen in der betreffenden Anzeige enthaltenen Link konnte der Suchmaschinennutzer auf die Homepage der Beklagten gelangen. In dem Onlineshop der Beklagten selbst wurden jedoch keine Produkte mit dem Zeichen „MOST“ vertrieben.
Wo liegt die rechtliche Problematik?
Markeninhaber stehen Keyword-Advertising als Form der Werbung kritisch gegenüber. Sie fürchten regelmäßig, dass Dritte ohne sachliche Berechtigung von ihrer Bekanntheit und ihrem Image profitieren. Entsprechende Klagen verwiesen demnach häufig auf eine unzulässige Verwendung, Nachahmung und Beeinträchtigung der Funktionen von Marken i.S.d. §§ 14, 15 MarkenG (u.a. als Umsetzung des Art. 5 MarkenRL) und forderten zur Unterlassung auf.
Diesem Umstand war es demnach nicht sonderlich zuträglich, dass Literatur und Rechtsprechung hierzu lange Zeit höchst unterschiedliche Auffassungen vertraten und keine Rechtssicherheit in der Anwendung bestand. Der BGH beschloss schließlich im Zuge der Rechtssache „Bananabay“ im Jahr 2009, nahezu zeitglich mit weiteren europäischen Gerichten, dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die werbliche Nutzung kennzeichenrechtlich geschützter Keywords eine markenmäßige Benutzungshandlung im Sinne der Markenrechtsrichtlinie darstellt.
Der Europäische Gerichtshof nahm schließlich 2010 erstmals Stellung zur Thematik und beantwortete die Vorlagefragen der einzelnen Gerichte. Er entschied, dass eine markenmäßige Benutzung bei der Verwendung fremder Zeichen als AdWords grundsätzlich anzunehmen ist. Für eine unzulässige Markenverletzung sei jedoch die tatsächliche Beeinträchtigung einer anerkannten Markenfunktion erforderlich. Keyword-Advertising betreffe im Ergebnis wohl allenfalls die sogennate Herkunftsfunktion einer Marke, nicht aber weitere Zwecke wie etwa die Werbefunktion.
Die Herkunftsfunktion einer Marke werde nach Meinung des EuGH insbesondere beeinträchtigt, wenn durch die betreffende Anzeige für den normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen Werbendem und Markeninhaber vorgetäuscht wird. Dies gilt ebenso wenn der Verbraucher nicht erkennen kann, ob eine wirtschaftliche Trennung der genannten Parteien vorliegt.
Der EuGH stellt demnach bei der Untersuchung der Markenverletzung auf die Betrachtungsweise eines Durchschnittnutzers ab. Er überlässt es den nationalen Gerichten im Einzelfall die Prüfung des Vorliegens einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion einer Marke vorzunehmen.
Auf europäischer Ebene betrachtet, führte die Umsetzung der EuGH-Vorgaben bislang jedoch nur bedingt zu einer einheitlichen Rechtsprechung, da die Auslegung der genannten Maßstäbe sehr unterschiedlich erfolgt. So entschied beispielsweise der ÖstOGH (Österreichischer Oberster Gerichtshof) als erstes nationales oberstes Zivilgericht, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer nicht in der Lage sei zu erkennen, dass AdWord-Anzeigen i.d.R. von Dritten stammen die wirtschaftlich nicht mit dem Markeninhaber verbunden sind. Aber auch in Deutschland ergingen zunächst instanzgerichtliche Entscheidungen, die Keyword-Advertising durchaus als Markenrechtsverletzung qualifizierten.
Dieser Auffassung folgen die Karlsruher Richter innerhalb ihrer Rechtsprechung nicht. Das Bild ihres durchschnittlichen Internetnutzers ist der modernen Netz-Gesellschaft deutlich angepasster. In der Bananabay II-Entscheidung vom 13.01.2011, setzten sie die Vorgaben des EuGH demnach dahingehend um, dass der (durchschnittliche) Nutzer zwar nicht zwingend über die Funktionsweise des Keyword-Advertising informiert wäre, er habe jedoch schlichtweg keinen Anlass zu der Annahme die fragliche Anzeige weise auf das Angebot des Markeninhabers hin, wenn diese in einem deutlich von der Trefferliste abgegrenzten Werbeblock enthalten ist. Dies gelte besonders, wenn in der Anzeige selbst noch durch Nennung einer anderen Domain auf eine fremde betriebliche Herkunft hingewiesen werde und Kennzeichen des Markeninhabers nicht sichtbar wären.
Darüber hinaus verneinte der BGH in der Entscheidung, ergänzend zur früheren „Beta-Layout“-Entscheidung, nochmals deutlich das Vorliegen etwaiger wettbewerbsrechtlicher Verstöße durch Keyword-Advertising.
Was ist neu in der Entscheidung vom 13.12.2012 (Az. I ZR 217/10) ?
Die Klägerin verfolgte im Streitfall die Ansicht die Beklagte habe mit der Werbe-Anzeige ihre Markenrechte verletzt und hat sie u.a. auf Unterlassung in Anspruch genommen.
In erster Instanz hatte das Landgericht zunächst der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten war ebenfalls erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil nunmehr jedoch aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mithilfe der Entscheidung („Most-Pralinen“) bestätigt und präzisiert er nun seine bisherige Rechtsprechung aus Bananabay II.
Nach den Ausführungen der Karlsruher Richter wird eine Marke durch „Keyword-Advertising“ grundsätzlich nicht verletzt. Dies gilt ebenso, wenn die Anzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber hinweist. Allein der Umstand, dass in der Anzeige Produkte der auch unter der Marke angebotenen Art mit Gattungsbegriffen (im Streitfall „Pralinen“ usw.) bezeichnet werden, führe nicht zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke.
Diese Beurteilung stehe nach Ansicht des BGH ferner in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH und eine erneute Vorlage der Rechtsthematik sei daher, trotz gegenteiliger Entscheidungen weiterer europäischer Gerichte, nicht notwendig.
Was bedeutet das für die Praxis?
Die sachliche und nun präzisierte Darstellung des Bundesgerichtshofs überzeugt. Ein Markeninhaber kann wohl in einem gesunden Wettbewerb nicht verlangen, dass es Drittanbietern untersagt wird an entsprechend abgegrenzter Stelle für eigene Produkte zu werben. Eine Beeinträchtigung der Marke oder des Kunden durch Werbeanzeigen von Drittanbietern liegt unter den genannten Bedingungen, d.h. deutlicher räumlicher Trennung und fehlende Bezugnahme auf Marken, nicht vor. Der Kunde bleibt insbesondere durch die deutliche Trennung der Werbeanzeigen von den eigentlichen Suchergebnissen in der Lage seine Kaufentscheidungen frei und ungehindert zu treffen. Er erhält lediglich die Information über weiterer Angebote.
Keyword-Advertising ist demnach – zumindest im deutschen Rechtsraum – markenrechtlich unbedenklich. Die Rechtssicherheit auf europäischer Ebene bleibt in Anbetracht der gegenteiligen Entscheidungen des ÖstOGH und des Cour de cassation abzuwarten.
Quellen:
Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung vom 14.12.2012: Bundesgerichtshof präzisiert Rechtsprechung zum Keyword-Advertising (URL: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=62556&linked=pm), Abruf am 14.12.12
Wolters Kluwer Deutschland GmbH (Legal Tribune Online): BGH zum Keyword-Advertising – Karlsruher Richter präzisieren ihre Rechtsprechung (URL: http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-urteil-i-zr-21710-keyword-advertising-marke-herkunftsfunktion-suchbegriff/), Abruf am 15.12.12
Röhl, Nutzung von AdWords nach Bananabay II, NJW 2011, 3005
BGH, Urt. v. 13. Januar 2011, I ZR 125/07 (Bananabay II), GRUR 2011, 828
Renck in Kilian/Heusen, Computerrecht 31. Ergänzungslieferung 2012 – Kennzeichenrechte und Domains, Rn. 29
Ich finde die Rechtsprechung des BGH angemessen und konsequent. In der heutigen Zeit kann von einem durchschnittlichen Internetnutzer erwartet werden, dass er die Werbeanzeigen von den Suchergebnissen unterscheiden kann. Konsequent ist es, zu mal der BGH in etlichen Entscheidungen Key Word Advertising auch als eine unlautere geschäftliche Handlung verneint hatte. Zu entscheiden war, ob eine unlautere geschäftliche Handlung nach § 3 UWG durch Rufausbeutung oder Kundenfang vorlag. Der BGH legte dabei schon zu Grunde, dass der durchschnittlich informierte Internetnutzer die Werbung von den Suchergebnissen unterscheiden könnte und somit kein Imagetransfer stattfindet.