Der BGH entschied in seinem Urteil vom 10.07.2012, dass eine vom Vorstand ausgeführte Honorarzahlung an ein Aufsichtsratsmitglied ohne vorherige Zustimmung des Aufsichtsrates eine rechtswidrige Handlung darstellt.

Eine Aktionärin der Fresenius SE hatte Klage gegen Beschlüsse über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2008 erhoben. Die Klage richtete sich an den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Fresenius SE, der zugleich Rechtsanwalt und Partner einer Anwaltssozietät war. Dieser erhielt Beratungsaufträge von der Gesellschaft, die dem Aufsichtsrat erst nach Auszahlung der Honorare zur Zustimmung vorgelegt wurden.  Die Höhe der Zahlungen betrug 1 Million Euro. Die Klägerin sah in dieser Vorgehensweise einen Verstoß gegen § 114 Abs. 1 AktG. Zur Verteidigung brachte die Beklagte an, dass die vom Aufsichtsrat festgelegte jährliche Honorarsumme für Beratungsverträge eine Zustimmung darstellen würde. Jedoch war diese lediglich an Beratungsverträge generell gerichtet, nicht konkret.

Rechtliche Grundlage

Aufsichtsratsmitglieder können grundsätzlich für die Gesellschaft tätig werden. Die rechtlichen Vorschriften bestimmen sich aus den §§ 113, 114 AktG.

Der § 113 AktG gewährt den Mitgliedern in Absatz 1 Satz 1 eine Vergütung für ihre Tätigkeit. Diese Vergütung wird gem. Satz 2 entweder in der Satzung der Gesellschaft festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt, nicht aber vom Aufsichtsrat selbst bestimmt. Die Höhe der Vergütung ergibt sich aus Satz 3 und soll demnach in angemessenem Verhältnis zur Aufgabe und zur finanziellen Lage der Gesellschaft ausfallen. Entsprechen die Vergütungszahlungen nicht den Voraussetzungen des   § 113 AktG, sind sie als nichtig anzusehen. In der Folge würde ein Rückgewährsanspruch nach § 114 Abs. 2 AktG entstehen.

114 AktG regelt die Vorschriften für Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern. Hierunter fallen allerdings nicht alle Vertragstypen, die Regelungen finden Anwendung auf Dienst- und Werkverträge, welche speziellen Anforderungen bedürfen. Zum einen muss sich aus dem Vertrag eindeutig ergeben, ob die Leistung des Aufsichtsratsmitgliedes außerhalb oder innerhalb seiner organschaftlichen Pflichten liegt. Außerdem muss die Leistung hinsichtlich Art und Umfang konkret bezeichnet sein und auch die Vergütung muss konkret angegeben werden. Trifft eine dieser Anforderungen nicht zu, so ist der Vertrag nichtig.

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen nicht zustimmungsfähigen und zustimmungsfähigen Verträgen. Bei nicht zustimmungsfähigen Verträgen handelt es sich um Verträge, die den gleichen Gegenstand haben, wie die Aufgaben, zu denen das Aufsichtsratsmitglied eh schon durch seine Rolle verpflichtet ist. Darunter fallen beispielsweise beratende Tätigkeiten des Vorstandes bei unternehmensstrategischen Fragen. Zustimmungsfähige Verträge sind im Gegensatz dazu alle Dienstleistungen eines Aufsichtsratsmitgliedes, die über seine Pflichten hinausgehen. Das wären beispielsweise konkrete Rechtsberatung, Steuerberatung oder Prozessführung. Im Grunde kann man sagen, dass zustimmungsfähige Verträge besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzen, also alles was vom alltäglichen Geschäft des Aufsichtsratsmitgliedes abweicht. Die Wirkung eines zustimmungsfähigen Vertrages hängt, wie der Name es schon vermuten lässt, nach § 114 Abs. 1 AktG von der Zustimmung des Aufsichtsrates ab. Das betroffene Mitglied ist bei der Beschlussfassung nicht stimmberechtigt.

Mit Hilfe dieses Zustimmungsvorbehaltes soll gewährleistet werden, dass es nicht zur Auszahlung überhöhter Vergütungen kommt. Damit wird die Umgehung des § 113 AktG erschwert. Es soll außerdem verhindert werden, dass Aufsichtsratsmitglieder durch sachlich ungerechtfertigte Sonderleistungen beeinflussbar gemacht werden können. Zudem wird dadurch Transparenz für die übrigen Aufsichtsratsmitglieder geschaffen, Scheinverträge vermieden und die Unabhängigkeit des Aufsichtsrates gegenüber dem Vorstand gesichert.

Die Entscheidung

Beratungsverträge sind grundsätzlich auch dann zustimmungsbedürftig, wenn diese nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst, sondern mit einem Unternehmen geschlossen werden, an dem das Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist. Neben diesem bereits bestehenden Grundsatz bringt das Urteil auch neue wichtige Erkenntnisse. Die vom Vorstand veranlassten Zahlungen der Beratungshonorare vor Zustimmung des Aufsichtsrats sind rechtswidrig. Grund dafür ist, dass der Vertrag bis zur Entscheidung über die Zustimmung als schwebend unwirksam anzusehen ist und ein Zahlungsanspruch demnach nicht besteht. Der Beratungsvertrag kann zwar gem. § 114 Abs. 2 AktG nachträglich genehmigt werden, an der Rechtswidrigkeit der Zahlung ändert sich hierdurch jedoch nichts. Dabei widerspricht die Rechtsprechung dem § 184 I BGB.  Laut der Norm würde ein Rechtsgeschäft nach Zustimmung grundsätzlich als von Anfang an wirksam angesehen werden. Dem geht der BGH nicht nach. Sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat handeln rechtswidrig. Allerdings sieht die Rechtsprechung in diesem Verhalten nichtsdestotrotz keinen schwerwiegenden Gesetzesverstoß, weshalb die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses der Hauptversammlung unbegründet war und abgewiesen wurde.

Rechtliche Bewertung

Das Urteil ist vor allem hinsichtlich der Klärung einzelner offener Fragen positiv zu bewerten. So war es in der Literatur oft strittig, ob die Rechtswidrigkeit der Zahlung nach Genehmigung des Aufsichtsrates an Legitimation gewinnt, also ex tunc wirkt. Dies kann nun eindeutig verneint werden. Der Zahlungsvorgang bleibt auch nach Genehmigung rechtswidrig. Ein Gesetzesverstoß ist damit zu bejahen. Doch auch wenn die Anfechtungsklage vom BGH abgewiesen wurde, bleibt für Vorstand und Aufsichtsrat weiterhin ein Risiko bestehen. Das Urteil gibt keinen Anhaltspunkt darüber, inwieweit die Schwere des dabei vorliegenden Gesetzesverstoßes einzuschätzen ist. Hierbei wird auch in Zukunft auf die Beurteilung des Einzelfalls abzustellen sein. Zur Entscheidungsfindung werden die Höhe der Zahlungen und die Dauer bis zur Zustimmungserteilung eine wichtige Rolle spielen.