Mit dem BGH Urteil vom 12.10.2016 –5 StR 134/15– „HSH-Nordbank“, hob der BGH die Freisprüche gegen Ex-Vorstände der HSH Nordbank auf und verweist den Fall an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurück. Der Fall muss nunmehr neu verhandelt und entschieden werden. Das neue Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

I. Was ist passiert ?

Im Jahr 2007 hat die HSH Nordbank zum Jahresende nicht ihre Eigenkapitalziele erreicht. Das kommunizierte sie jedoch nicht nach außen weil sie davon ausging einen erheblichen Schaden auf dem Kapitalmarkt zu erleiden. Es wurde befürchtet, dass durch die Nichterreichung der geplanten Eigenkapitalquote die Verminderung ihrer „Kapitalmarktfähigkeit“ eine negative Auswirkung auf den bevorstehenden Börsengang hat. Durch die Ausnutzung bestimmter Besonderheiten wurde es der HSH ermöglicht, die Eigenkapitalquote zu erhöhen ohne dabei den Umfang der wirtschaftlichen Risiken maßgeblich oder überhaupt zu verändern. Im Klartext heißt das, dass die Bilanzen verschönert wurden. Nun musste jedoch das fehlende Kapital beschafft werden. Die Gesamttransaktion namens „Omega 55„, eine Art Wertpapierportfolio, bestand aus zwei Teilgeschäften dem A- und B-Teil.  Der Gegenstand des  A-Teils war rechtlich unproblematisch, da hier eine Verbesserung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalquote erreicht werden konnte. Der Gegenstand des B-Teils hingegen war und ist rechtlich und wirtschaftlich schwierig einzuordnen. Dieser bestand aus mehreren gegründeten Zweckgesellschaften.  Die „Omega 55“ Transaktion sah unter anderem vor, dass die BNP in die Zweckgesellschaft „Omega 55“  über 820 Millionen Euro einbringt. Für knapp die Hälfte davon, 400 Millionen Euro, musste die HSH das Risiko übernehmen. In diesem Portfolio waren unter anderem isländische Staatsanleihen und Zertifikate der US-Bank Lehman Brothers – Papiere, die BNP gern loswerden wollte. Daher war oft von einem Kreislauf- oder Tauschgeschäft die Rede. Des weiteren haben sie falsche Pressemitteilung und verschönerte Quartalsberichte an die Öffentlichkeit weitergegeben.

Das Finanzgeschäft sollte dazu dienen die bankaufsichtsrechliche Eigenkapitalquote zu verbessern. Jedoch erlitt die HSH Nordbank durch dieses Finanzgeschäft einen Vermögensnachteil.

Das Landgericht hat die Angeklagten  von dem Vorwurf der Untreue und der Falschmitteilung freigesprochen. Diesbezüglich hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.

II. Entscheidung des BGH (Az. Urt. v. 12.10.2016 – 5 StR 134/15)

In seiner Entscheidung hat der BGH die Freisprüche von dem Vorwurf der Untreue und der Falschmitteilung gegen 6 frühere Manager aufgehoben.

  1. Vorwurf der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB
    Der Untreue Tatbestand umfasst zum einen den Missbrauchstatbestand und zum anderen den Treuebruchtatbestand. Die Vorraussetzungen des Missbrauchstatbestand lagen nicht vor, so das es für den Fall der HSH Nordbank nur auf den Treuebruchtatbestand ankam. Das Kernelement im Rahmen des Treuebruchtatbetandes ist die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht, die Hauptpflicht bestehen und e eine Selbständigkeit mit Entscheidungsspielraum umfassen muss. Der Täter muss unter Verletzung dieser ficht dem Opfer vorsätzlich einen Vermögensnachteil zufügen. Die Verletzung der Pflicht muss rechtswidrig und schuldhaft erfolgen. Zentral im rahmen des Treuebruchtatbestand ist, dass die Vermögensbetreuungspflicht nicht nur eine Nebenpflicht, sondern typischer und wesentlicher Inhalt des Treueverhältnisses ist. Weiterhin ist maßgeblich das die Tätigkeit  einen Spielraum für eigenverantwortliche Entscheidungen ermöglicht.


  2. Die Business Judgement Rule (BJR)
    Die sog. Business Judgement Rule beschreibt den Umfang des unternehmerischen Entscheidungsspielraums von Geschäftsführern und Vorständen, der eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Die Grundsätze der BJR sind mittlerweile im § 93 Abs. 2 AktG kodifiziert. Demnach ist Kernelement der BJR das ein Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung annehmen kann, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln, sofern dies auf Grundlage angemessener Information gestützt ist.


  3. HSH-Nordbank
    Der BGH hat im Fall „HSH Nordbank“ klargestellt, dass die Anwendung des Untreuetatbestandes auf klare und deutliche Fälle von pflichtwidrigem Handeln zu beschränken ist. Nur wenn die Pflichtverletzung evident ist, liegt eine gravierende Pflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor. Dies ist nach Ansicht des BGH bei einem verstoß gegen § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG stets gegeben. Eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 Satz 1 liegt laut des BGHs vor, „wenn die Grenzen, indem sich ein von verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiert ist, aus sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerischen Risiken einzugehen, die unverantwortlicherweise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstandes aus anderen Gründen als Pflichtwidrig gelten muss“.  Der „Kniff“ des BGH Urteils besteht darin festzustellen, dass die in § 93 Abs.1 Satz 2 kodifizierte BJR einen sicheren Hafen definiert. Sofern der Vorstand sich innerhalb der Grenzen des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG bewegt ist eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG und damit auch eine Pflichtverletzung nach dem Untreuetatbestand ausgeschlossen. Maßgeblich ist das ein Verstoß gegen  § 93 Abs.1 Satz 2 AktG eine Pflichtverletzung indiziert und bei unvertretbaren Vorstandshandlungen in der Regel gegeben ist.

III. Fazit

Bezeichnend an diesem Urteil ist, dass die BJR zwar als sicherer Hafen für Vorstandshandeln gilt bevor es zu einer Strafbarkeit wegen Untreue kommen kann, aber die Überschreitung ihrer Grenzen im Einzelfall eine gravierende bzw. evidente Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB darstellen kann.