Mehr als die Hälfte der Deutschen wohnen zur Miete. In Großstädten wie Berlin, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart und München sind Mietpreise enorm hoch und erschweren es Mietern bezahlbaren Wohnraum zu finden. Doch vor allem bei Neuvermietungen steigen die Mietpreise rasant in die Höhe. In Berlin beträgt die Miete für eine 30 m²-Wohnung derzeit im Durchschnitt 15,54 EUR pro Quadratmeter. Um dem enormen Mietpreisanstieg entgegenzuwirken, wurde am 1. Juni 2015 die Mietpreisbremse eingeführt. Allerdings ist die Regelung bis heute weitestgehend wirkungslos geblieben und stark in Kritik geraten. Am 29. November 2018 stimmte nun die Bundesregierung einer Verschärfung der Mietpreisbremse zu, die bereits 2019 in Kraft treten soll. Ob die vorgesehene Verschärfung zu begrüßen ist, soll im Folgenden dargestellt werden.

Bisherige Regelungen

Im Juni 2015 wurden vier neue Paragraphen in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingeführt als erste Bemühung der Regierung gegen den Mietanstieg. Die Grundlage für die sogenannte Mietpreisbremse legt § 556d Abs. 1  BGB. Danach darf die Miete einer Wohnung in einem angespannten Wohngebiet bei der Neuvermietung nicht mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Mietpreisbremse ist landesrechtlich zu bewirken, das bedeutet, sie gilt nur dort, wo eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen wurde. Insgesamt wurden in Deutschland 12 Bundesländer und 313 Gemeinden als Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnungen ausgewiesen.  Die Mietpreisbremse gilt jedoch nicht ausnahmeslos. Ausgenommen sind zum einen Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet worden sind (§ 556f S. 1 BGB) und auch Wohnungen, an denen eine Sanierung zum Zweck einer umfassenden Modernisierung vorgenommen wurde. Die sind von der Mietpreisbremse befreit, (§ 556f S. 1, 2 BGB). Hiervon spricht man, wenn der Umbau der Immobilie mehr als ein Drittel eines vergleichbaren Neubaus kostet. Die Ausnahme gilt jedoch nur für die erste Vermietung nach der Modernisierung, § 556f S. 2 BGB. Weiterhin gilt keine Mietpreisbremse, wenn der Vormieter vor Einführung der Mietpreisbremse bereits einen Betrag gezahlt hat, der die 10%- Grenze übersteigt, § 556e Abs. 1 BGB oder in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses eine Modernisierungsmaßnahme getroffen wurde. Im letzteren Fall darf dann über die vorgeschriebene Grenze hinaus ein Modernisierungszuschlag verlangt werden. Die Wirkungen der Mietpreisbremse sind somit abgeschwächt.

Die Rechtsfolgen in der Praxis sind sehr mild und nicht per se zielführend. Zwar kann der Mieter bislang grundsätzlich zu viel gezahlte Miete zurückverlangen, allerdings muss er dafür zunächst einmal seinen Auskunftsanspruch nach § 556g BGB geltend machen. Hat er tatsächlich zu viel gezahlt, so kann er dann den Betrag zurückverlangen. Allerdings muss er dafür qualifiziert rügen und erhält auch nur ab dem Zeitpunkt dieser Rüge zu viel gezahlte Mietbeträge zurück. Es können keine überhöhten Beiträge zurückverlangt werden, die vor der Rüge seitens des Mieters gezahlt wurden. Hier lässt sich bereits ein Defizit konstatieren.

Hauptkritiken der Mietpreisbremse

Eine weitere Schwachstelle der Mietpreisbremse bildet die sog. ortsübliche Vergleichsmiete. Viele Experten und Verbände der Wohnungswirtschaft, auch der Deutsche Mieterbund, bemängeln, dass es keine klare Bezugsgröße für die Mietpreisbremse gibt. Gilt vor Ort beispielsweise eine ortsübliche Vergleichsmiete von zehn Euro, darf der Vermieter im neuen Vertrag höchsten elf Euro verlangen. Doch ist es unklar wie die zehn Euro als Basiswert ermittelt werden. In vielen deutschen Städten und Gemeinden gelten einfache Mietspiegel, in einigen wenigen gibt es qualifizierte Mietspiegel. Fast alle haben gemeinsam, dass sie teilweise veraltete Daten zusammenfassen und so ein falsches Bild von der aktuellen Marktsituation zeichnen. Die Mietpreisbremse sieht vor, dass neu abgeschlossene Mietverträge die ortsübliche Vergleichsmiete nur um 10 Prozent überschreiten dürfen. Die bisherige Miete muss aber nicht abgesenkt werden. Dies stellt ein wichtiger Grund dar, warum die Mieten im Durchschnitt noch deutlich oberhalb dieser Grenze liegen. Denn die ortsübliche Vergleichsmiete zeigt kein realistisches Bild des Mietwohnungsmarkts. Den Grund dafür findet man schnell: Da der Mietspiegel nur alle zwei Jahre erhoben wird und auf Daten beruht, die einen Zeitraum von vier Jahren abbilden, ist es normal, dass die tatsächlichen Mieten in dynamischen Märkten erheblich von den Mieten abweichen, die in den Mietspiegeln stehen. Die Mietspiegel sind aber nicht nur veraltet, sondern auch komplex: Nicht selten fällt es selbst Experten schwer, die ortsübliche Vergleichsmiete für eine bestimmte Wohnung zu ermitteln.

Weiterhin gilt die Begrenzung der Miete nicht ausnahmslos, sondern wird im Gesetz mehrfach durchbrochen, wie oben dargestellt. Dadurch sind Modernisierungsmaßnahmen und Neubauten ausgenommen und bieten teilweise Spielraum zur Umgehung der Mietpreisbremse. Dies wird unter anderem vom Deutschen Mieterbund kritisiert, da die Mietpreisbremse somit stark abgeschwächt werde. Auch die Notwendigkeit der Rüge steht unter Kritik aufgrund  der erforderlichen Qualifizierung und weil die zu viel gezahlten Mietbeiträge vor der Rüge nicht zurückbezahlt werden. Diesbezüglich wird vor allem kritisiert, dass Vermietern insofern für Ihre Rechtsmissachtung keine Konsequenzen drohen . Auch allgemein steht die fehlende Sanktionierung der Vermieter unter Kritik, denn das Gesetz sieht keine explizite Strafe für Vermieter vor, die sich nicht an die Mietpreisbremse halten,

Die Reform

Die Bundesregierung hat die Problematik der Mietpreisbremse erkannt und somit am 29. November 2018 einer Verschärfung der Mietpreisbremse zugestimmt, die bereits 2019 in Kraft treten soll. Im Folgenden sind die Hauptpunkte dargestellt, die von der Reform erfasst sind.

Auskunftspflicht

Nach dem vom Bundestag zugestimmten Gesetzesentwurf zur Verschärfung der Mietpreisbremse, müssen Vermieter künftig unaufgefordert und schriftlich offenlegen, wie viel Miete vom Vormieter verlangt wurde. Maßgeblich ist die Miete, die ein Jahr vor Beendigung des vorangegangenen Mietverhältnisses verlangt wurde. Die Regelung gilt in allen Fällen, in denen der Vermieter eine Miete verlangt, die mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Der Vermieter muss den neuen Mieter über diesen Umstand bereits vor Vertragsabschluss informieren, die Vormiete entsprechend offenlegen und angeben, von welcher gesetzlichen Ausnahmeregel (z.B. Modernisierungsumlage) er dabei Gebrauch macht. Tut er dies nicht, kann er sich hinterher nicht mehr darauf berufen. In diesem Fall kann der Mieter die unzulässig hohe Miete formlos rügen. Bisher mussten Mieter noch sehr detailliert begründen, wo die Rechtsverletzung des Vermieters liegt. Ein Schreiben mit dem Satz: „Ich rüge die Verletzung der Mietpreisbremse“ an den Vermieter zu senden, soll nach der Reform bereits genügen. Doch auch hier gilt weiterhin, rügt ein Mieter die zu hoch angesetzte Miete nicht, drohen dem Vermieter keine Konsequenzen. Das hat zur Folge, dass die Mietpreisbremse diesbezüglich möglischerweise weiterhin unzureichend bleibt.

Zwar dürfen Mieter gegen Verstöße rechtlich vorgehen, allerdings sind Klagen in der Praxis rar, denn die Mieter erkennen oft nicht, wenn ein Verstoß gegen die Mietpreisbremse vorliegt. Wer in Großstädten eine Wohnung sucht, ist sich meist bewusst, dass nur ein begrenztes Wohnungsangebot besteht. Daher gibt es viele Mieter, die, sobald eine passende Wohnung gefunden wurde, es sich ungern mit dem Vermieter verscherzen möchten. Oftmals suchen betroffene Mieter daher nicht einmal Rat bei Mietervereinen oder weiteren Institutionen.

Gekappte Erhöhung nach Modernisierung:

Das aktuelle Mietrecht nach §559 BGB sieht vor, dass Mieter nach Modernisierungsmaßnahmen bis zu 11% der Kosten auf den Mieter umlegen dürfen. Nach der Gesetzesreform sollen die Kosten, die auf die Miete umgelegt werden dürfen, auf 8% gesenkt werden. Zusätzlich zu dieser Kostensenkung wird eine Kappungsgrenze eingeführt. Danach darf die Miete innerhalb von sechs Jahren höchstens 3 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche mehr betragen. Das gilt sogar bundesweit für alle Modernisierungsmaßnahmen. Der Gesetzgeber verfolgt dabei das Ziel, die missbräuchliche Nutzung von Modernisierungsmaßnahmen zu vermeiden.

Im Gegensatz zu der bereits bestehenden Regelung wird nun auch zum Vorteil des Vermieters ein „vereinfachtes Verfahren“ eingesetzt, solange die Modernisierungskosten 10.000 Euro nicht übersteigen. Mit dieser Erleichterung müssen Vermieter nicht mehr detailliert Maßnahmen auflisten. Ein Drittel der Kosten wird pauschal abgezogen und der restliche Betrag darf auf den Mieter umgelegt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Vermieter dem Mieter mitteilt, dass er von dem vereinfachten Verfahren Gebrauch machen wird.

Schadensersatz für missbräuchliche Modernisierung:

Ein Kritikpunkt der Mietpreisbremse ist unter anderem, dass Vermieter, die sich nicht an das Gesetz halten, nicht bestraft werden. Dagegen sieht der neue Gesetzesentwurf eine Verschärfung des Anspruchs auf Schadenersatz für den Fall vor, dass der Vermieter eine Modernisierung ankündigen oder durchführen möchte, mit der Absicht einer sogenannte „Hausmodernisierung“. Dabei wird künftig eine Pflichtverletzung im Schuldverhältnis vermutet, wenn zum Beispiel, der Vermieter nicht innerhalb von 12 Monaten mit der baulichen Veränderung beginnt, oder aber keine Angaben hierzu erfolgen. Auch gilt die Vermutung der Pflichtverletzung für den Fall, dass der Vermieter die Arbeiten nach Beginn der baulichen Veränderung mehr als zwölf Monate ruhen lässt, den Betrag für die Miete nach einer Modernisierungsmaßnahme verdoppelt oder die Maßnahme so durchgeführt wird, dass es zu einer erheblichen Belastung des Mieters kommt. Zusätzlich wird eine Modernisierung oder ihre Ankündigung „in missbräuchlicher Weise“ als Ordnungswidrigkeit im Wirtschaftsstrafgesetz eingeführt. Im Falle einer solchen missbräuchlichen Nutzung, soll der Vermieter mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden können.

Fazit

Grundsätzlich ist eine Verschärfung der Mietpreisbremse somit durchaus zu begrüßen. Allerdings werden von dem Gesetzesentwurf nur wenige Kritikpunkte aufgegriffen. So stellt das vereinfachte Rügeverfahren gewiss eine Verbesserung für die betroffenen Mieter dar und verkürzt das Verfahren, sodass die Rückzahlung der überhöhten Mietbeträge früher erfolgen kann. Auch der vorzeitige Auskunftsanspruch scheint hierbei zielführend. Jedoch werden weiterhin nur zu viel gezahlte Mietbeiträge ab dem Zeitpunkt der Rüge berücksichtigt. Als positiv und erforderlich hinsichtlich der weitläufigen Ausnahmen und dessen teilweisen Ausnutzung seitens der Vermieter ist ferner die Sanktionierung missbräuchlicher Modernisierungen zu verzeichnen. Es besteht jedoch weiterhin die Befürchtung, dass die Bremse trotz neuer Verschärfung vor allem finanzstarke Wohnungssuchende unterschützt, die sich künftig mehr Wohnraum zu geringeren Mieten leisten können. Auch in der Zukunft ist davon auszugehen, dass sich Vermieter diejenigen Mieter mit der höchsten Zahlungsfähigkeit aussuchen. Menschen mit geringem Einkommen könnten sich die Wohnung nach der Theorie zwar leisten, hätten aber schlechtere Karten bei der Wohnungsvergabe. Weiterhin bleibt zu bemängeln, dass die Novellierung keine Lösung für die Problematik der ortsüblichen Vergleichsmiete beinhaltet. Inwieweit sich die geplante Verschärfung der Mietpreisbremse in der Praxis umsetzen lässt und welche Konsequenzen sie für den angespannten Wohnungsmarkt besonders hinsichtlich der Gering- und Normalverdiener mit sich zieht, bleibt demnach abzuwarten.