Der Brexit rückt immer näher. Diesen anhalten zu können, wünschen sich mit Sicherheit auch die Gesellschafter der Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland – denn sie sind unmittelbar betroffen. Doch wie genau sehen die Auswirkungen aus und sind die Gesellschafter vielleicht durch die geplante vierte Änderung des UmwG doch noch zu retten?
Ausgangslage
Im Juni 2016 stimmten die Briten in einem Referendum mehrheitlich für den Austritt Großbritanniens aus der EU. Nachdem die britische Regierung den Europäischen Rat am 29. März 2017 über die Austrittsabsicht informierte, wird Großbritannien die EU am 29. März 2019 verlassen. Allerdings ist in dem derzeit verhandelten Austrittsabkommen ein sogenannter Übergangszeitraum vorgesehen. Bis zum 31. Dezember 2020 soll Großbritannien sich demnach weiterhin an die EU-Regeln halten. Aktuellen Medien zufolge soll die EU angeboten haben, diese Übergangsphase bis Ende 2021 zu verlängern. Wann der Brexit nun also endgültig seine Wirksamkeit entfaltet – ob am 29. März 2019 oder mit Ende des Übergangszeitraums – ist davon abhängig, ob das Austrittsabkommen zustande kommt.
Der Brexit hat einschneidende Folgen für die Gesellschaften in der Rechtsform einer britischen Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland, von denen derzeit schätzungsweise 8.000 bis 10.000 existieren. Bei der Limited handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft. Das bedeutet, dass die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt ist, die Gesellschafter der Limiteds folglich nicht persönlich haften. Charakteristisch für die Limited ist, dass diese im Gegensatz zum Großteil deutscher Kapitalgesellschaften trotz Haftungsbeschränkung kein Mindestkapital zur Gründung erfordert. Dennoch werden sowohl die Rechtsfähigkeit als auch die Haftungsbeschränkung der Limiteds mit deutschem Verwaltungssitz in Deutschland aktuell anerkannt, ohne dass die deutschen Gründungs-, damit auch Kapitalvorschriften, eingehalten werden müssen. Grund hierfür sind die europäischen Verträge und Grundfreiheiten. Diese Privilegien sind der Grund, warum die Limiteds überhaupt gegründet worden sind. Ab dem Tag des endgültigen Austritts Großbritanniens aus der EU findet diese im Verhältnis zu Großbritannien jedoch keine Anwendung mehr. In der Folge entfallen auch besagte Vorteile für Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland. Dieses Problem hat auch der deutsche Gesetzgeber erkannt und versucht, in Form eines Gesetzentwurfs einen Ausweg anzubieten.
Für die Ausgangslage von zentraler Bedeutung, ist die Frage, welches Recht auf eine Gesellschaft anwendbar ist. Beantwortet wird diese im internationalen Gesellschaftsrecht durch zwei Ansätze, die Gründungs- und die Sitztheorie. Die Gründungstheorie, die in der EU auf dem Inspire Art Urteil fußt, geht davon aus, dass die Rechtsordnung des Staates, in dem die Gesellschaft gegründet wurde, maßgeblich ist und auch bleibt. Nach der Sitztheorie hingegen richtet sich das anwendbare Gesellschaftsrecht nach dem Recht des Staates, in dem die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat. Verlegt die Gesellschaft nach der Gründung ihren Verwaltungssitz in einen anderen Staat, ändert sich auch das anwendbare Recht. Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland unterliegen aktuell noch der in den Artikeln 49 und 54 AEUV normierten Niederlassungsfreiheit und sind selbst dann als solche anzuerkennen und zu behandeln, wenn sie ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben. In diesem Fall verdrängt die Gründungstheorie die Sitztheorie.
Nach dem Stichtag des Brexit, können sich die Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland allerdings nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen. Vielmehr werden sie fortan als Gesellschaften aus Drittstaaten angesehen. Für diese Gesellschaften richtet sich das anwendbare Recht hingegen nach der Sitztheorie. Das bedeutet, dass auf Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland ab dem Brexit das deutsche Sachrecht anwendbar ist. Ab diesem Zeitpunkt wird die Limited als Personengesellschaft, das heißt entweder als GbR oder, sofern sie ein Handelsgewerbe betreibt, als OHG angesehen. Hat eine Limited nur einen Gesellschafter, so gilt sie ab dem Stichtag wiederum als einzelkaufmännisches Unternehmen. Für die Gesellschafter der Limiteds ergibt sich daraus ein großes Problem: Sie würden künftig unbeschränkt und persönlich haften.
Lösungsvorschlag der Bundesregierung
Dass die Gesellschafter der Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland nach dem Brexit unverschuldet in die unbeschränkte Haftung gedrängt werden, möchte auch der deutsche Gesetzgeber verhindern.
Eine Möglichkeit, die Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter der Limiteds aufrechtzuerhalten, ist bislang die grenzüberschreitende Verschmelzung der Limited auf eine Kapitalgesellschaft gem. §§ 122a ff. UmwG. Verschmelzung bedeutet grundsätzlich, dass ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) sein gesamtes Vermögen auf einen anderen bereits bestehenden oder neu gegründeten Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) überträgt. Die Gesellschafter der Limiteds müssten demnach zunächst in Deutschland eine Kapitalgesellschaft errichten, in die anschließend das Vermögen der Limited als Sacheinlage eingebracht werden würde. Das Vermögen der Limited würde in diesem Fall das Stammkapital der übernehmenden Kapitalgesellschaft bilden.
Als übernehmende Kapitalgesellschaft kommen prinzipiell eine GmbH, AG oder KGaA in Betracht. Um eine GmbH zu gründen, ist gem. § 5 Abs. 1 GmbHG ein Stammkapital i.H.v. 25.000 € erforderlich, wovon gem. § 7 Abs. 2 GmbHG mindestens 12.500 € eingezahlt werden müssen. Die AG und KGaA erfordern gem. § 7 AktG wiederum ein Grundkapital von mindestens 50.000 €. Eine Kapitalgesellschaft, die ein geringeres Stammkapital erfordert, ist die UG. Diese kann bereits mit einem Stammkapital von 1 € gegründet werden. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine UG scheidet allerdings aus. Grund hierfür ist das Verbot aus § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG, in die UG zur Gründung, wie bei einer Verschmelzung vorgesehen, Sacheinlagen einzubringen. Eine Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter der Limiteds könnte also bereits für 12.500 € auf dem Wege einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auf eine GmbH erreicht werden. Erfolgreiche Limiteds könnten diesen Betrag aus Mitteln der Gesellschaft aufbringen. Im Falle weniger erfolgreicher Gesellschaften müssten dies die Gesellschafter selbst tun.
Der Gesetzgeber sieht hier jedoch Verbesserungsbedarf. Er möchte kleinen Limiteds mit geringer Kapitalausstattung entgegenkommen und unter dem Aspekt der Kostenersparnis eine Alternative als übernehmende Gesellschaft zur Verfügung stellen. Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) am 3. September 2018 eine vierte Änderung des UmwG vorgeschlagen. Der Gesetzesentwurf, der mittlerweile beim Bundesrat liegt, um dessen Zustimmung einzuholen, sieht vor, dass nicht mehr nur Kapital-, sondern auch Personengesellschaften übernehmende Gesellschaften sein können. Welchen Vorteil bietet dies für die Gesellschafter der Limited? Eine Form der Personengesellschaft ist die KG. Sie besteht aus mindestens einem persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementär) und aus einem Gesellschafter, der nur beschränkt haftet (Kommanditist). Die Gesellschafter der Limited könnten zunächst eine KG gründen und als Kommanditist ihre Haftung beschränken. Da weder der Kommanditist noch der Komplementär eine natürliche Person sein muss, könnten die Gesellschafter neben der KG mit 1 € Stammkapital weiterhin eine UG gründen, die sich dann als persönlich haftender Komplementär an der KG beteiligt. Im Ergebnis können die Gesellschafter die Limited nach der Änderung des UmwG auf eine UG & Co. KG verschmelzen. Hierbei müssten weder Stammkapitalgrenzen erreicht, noch dem Sacheinlagenverbot gem. § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG Beachtung geschenkt werden.
Übergangsfrist
Im Rahmen des Brexits stehen die Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland vor einem weiteren Problem. Nach § 122a Abs. 1 UmwG kann eine Verschmelzung nur dann erfolgen, wenn die Limited dem Recht eines anderen Staates der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums unterliegt. Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU ist diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt. Das führt dazu, dass die Umwandlung in eine andere Rechtsform bereits vor dem Stichtag des Brexits abgeschlossen sein müsste. Dass diese Anforderung eingehalten werden kann, ist aufgrund des langwierigen Verschmelzungsverfahrens äußerst unrealistisch.
Auch dieses Problem möchte der Gesetzgeber lösen. Im Gesetzesentwurf wird in § 122m UmwG eine Übergangsregelung eingeführt. Demnach können Limiteds, die vor dem Brexit ihren Verschmelzungsplan im Sinne des § 122c Abs. 4 UmwG notariell beurkundet haben, die Gesellschaft spätestens zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt zum Handelsregister anmelden. Würde das UmwG geändert, so wären die Limiteds folglich nicht mehr gezwungen, die Verschmelzung vor dem Brexit abzuschließen.
Änderung gut – alles gut?
Unabhängig von den gesetzlichen Regelungen in Deutschland ist bei der Verschmelzung einer Limited auch das britische Recht zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist zweifelhaft, ob die vorgebrachte Gesetzesänderung wie vorgesehen umsetzbar ist.
Die grenzüberschreitende Verschmelzung ist in Großbritannien als Gerichtsverfahren ausgestaltet. Die Direktoren der Limited müssen vor dem High Court of Justice eine Verschmelzungsbescheinigung beantragen. Ohne diese Bescheinigung ist keine Verschmelzung auf eine andere Rechtsform möglich. Da der Antrag nur mit entsprechend anwaltlicher Vertretung möglich ist, entstehen in Großbritannien Verfahrens- und Anwaltskosten. Zudem ist die Dauer des Verfahrens nicht abzusehen. Mitunter kann das Gericht die Gläubiger der Limited anhören, indem es eine Gläubigerversammlung einberuft. Folglich würde die grenzüberschreitende Verschmelzung einen erheblichen Zeitaufwand bedeuten.
Die britischen Behörden könnten weiterhin eine enorme Hürde darstellen, wenn sie nicht bereit sind bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf eine UG & Co. KG mitzuwirken. Die grenzüberschreitende Verschmelzung einer Limited auf eine deutsche UG & Co. KG erfordert, dass die britischen Behörden die Verschmelzung einer Limited auf eine deutsche KG anerkennen. Hierzu sind die Briten gesetzlich nicht verpflichtet. Das BMJV hofft zwar, dass die Mitwirkungsbereitschaft der britischen Behörden durch die Gesetzesänderung des UmwG gefördert wird, ob dem tatsächlich so ist, ist jedoch ungewiss. Eindeutig dagegen spricht, dass die britischen Behörden bereits einen anderen Alternativvorschlag, trotz einschlägiger EuGH-Rechtsprechung (Cartesio, Vale, Polbud), nicht anerkennen. Es ist unklar, ob die britischen Behörden ihre europafeindliche Auffassung beibehalten oder ob sie ihre Auffassung ändern werden. Daraus ergibt sich für die Limiteds eine große Rechtsunsicherheit. Schlimmstenfalls könnte die grenzüberschreitende Verschmelzung der Limited auf die UG & Co. KG kurzfristig platzen.
Fazit
Die vorgeschlagene Gesetzesänderung eröffnet den Gesellschaftern der Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland zwar eine neue Handlungsalternative, weist jedoch schwerwiegende Defizite auf. Um eine praktikable Pauschallösung handelt es sich folglich nicht, sodass von einer Rettung für alle Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland kaum gesprochen werden kann. Dass es einige Limiteds gibt, die von der Gesetzesänderung profitieren können, ist dennoch nicht auszuschließen.
Das Vierte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes ist grundsätzlich begrüßenswert, da es den Notstand der Limiteds mit Sitz in Deutschland aufgreift und ihnen als erweiterte Hilfeleistung dienen soll.
Der hinter der Reform stehende Gedanke, den von dem Brexit betroffenen Limiteds eine zusätzliche Variante eines geordneten Wechels in eine inländische Gesellschaftsrechtsform mit beschränkter Haftung zu ermöglichen, schafft für die betroffenen Unternehmen eine größere Rechtssicherheit.
Obwohl bereits verschiedene Umwandlungsmöglichkeiten bestehen, erscheint es dennoch sinnvoll eine Erweiterung des Spektrums vorzunehmen. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kostenersparnisse sollte das Vierte Gesetz umgesetzt werden.
Da der Gesetzesentwurf derzeit jedoch noch diskutiert wird, bleibt abzuwarten, ob die Version des BMJV tatsächlich umgesetzt wird.
(Kommentar von Alisa Massih)