Der Schutz von Privatsphäre und Daten wirft die Frage auf, ob unsere digitalen Spuren im Netz vererbbar sind. Auch im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl älterer Nutzer gewinnt die Frage an Bedeutung. Leider bleiben zudem auch junge Schicksale von der Frage nicht unberührt.

2012 verunglückte ein 15-jähriges Mädchen unter ungeklärten Umständen durch einen einfahrenden Berliner U-Bahnzug. Das Profil des Mädchens wurde nach einem Hinweis an das Netzwerk in den Gedenkzustand versetzt. Zu Erkenntniszwecken versuchte sich die Mutter unter den Namen ihrer Tochter auf dessen Profil einzuloggen. Der Zugriff wurde ihr allerdings verwehrt. Auch die Kontaktaufnahme mit Facebook in dem Versuch Zugriff zu erhalten, brachte die Mutter nicht weiter. Die Eltern klagten. Kann die Tochter das Facebook-Passwort an die Eltern vererbt haben?

Es stellt sich die Frage, was vom Nachlass umfasst ist. Der Erbe ist Rechtsnachfolger des Erblassers. Damit rückt der Erbe einerseits in alle Verbindlichkeiten ein und genießt andererseits – die von dem Erblasser übertragenen – Rechte. Zudem herrscht Einigkeit darüber, dass auch das Vermögen und die Schulden von der sog. Universalsukzession gem. § 1922 I BGB umfasst sind.

Allerdings herrscht keine Einigkeit darüber, ob auch der digitale Nachlass dazu zählt. Unter dem digitalen Nachlass versteht man alle Spuren, die im Internet hinterlassen werden. Dazu gehören auch die Nutzerkonten bei sozialen Netzwerken wie Facebook, YouTube und Twitter. Alle Nutzerkonten unterliegen einer vertraglichen Vereinbarung. Folgt man der rein rechtsdogmatischen Argumentation aus dem BGB, dann liegt die Antwort scheinbar klar auf der Hand. Die Eltern im oben genannten Fall sind in den Vertrag mit Facebook eingerückt. Somit können sie auch die Leserechte aus dem Vertrag geltend machen.

Man könnte sich überlegen, ob der Vertragstyp gegen die Vererblichkeit spricht. Das setzt voraus, dass die Leistung von Facebook sich mit dem Eintritt der Eltern in den Vertrag ändern würde. Doch auch wenn die Eltern in den Vertrag einrücken dann bleibt die Leistung – die in der der Vermittlung von Inhalten und dem Zur-Verfügung-Stellen einer Kommunikationsplattform besteht – gleich. Folglich spricht der Vertragstyp nicht gegen die Vererblichkeit.

Postmortales Persönlichkeitsrecht

Im Hinblick auf das postmortale Persönlichkeitsrecht gem. Art. I Abs. 1 GG ist es jedoch fraglich, ob das Vererben einfach angenommen werden kann. Immerhin wird auch nach dem Tod die informationelle Selbstbestimmung geschützt. Grundsätzlich richtet sich die Zugangsbefugnis in solchen Fällen danach, ob eine Einwilligung des Verstorbenen vorliegt oder ob zumindest von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen werden kann. Unser geschilderter Fall unterliegt der Besonderheit, dass das Mädchen minderjährig war. Die Erziehungsberechtigten sind Sachwalter der Persönlichkeitsrechte ihrer minderjährigen Kinder, weswegen eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht zu befürchten ist.

Facebook erkennt Änderungsbedürftigkeit der Konten

Zudem hat das Mädchen nach Angaben der Mutter im oben genannten Fall die Zugangsdaten den Eltern offengelegt. Ein sehr starkes Indiz für die mutmaßliche Einwilligung der Tochter. Zwar erkennt Facebook diesen Gedanken durch die in den letzten Jahren erfolgten Änderungen an. Gleichwohl gestattet Facebook keinen Zugriff auf Konten im Gedenkzustand. Jeder Facebooknutzer kann mittlerweile zu Lebzeiten einen Nachlasskontakt ernennen. Dem Nachlasskontakt ist es möglich das Profilfoto des Verstorbenen zu ändern oder auf Freundschaftsanfragen zu reagieren, nichtsdestotrotz hat er keine Befugnis zur Anmeldung und kann keine alten Unterhaltungen lesen ebenso wie bei einem Profil im sog. Gedenkzustand. Es erscheint einem zunächst fragwürdig, weshalb Facebook so eine Schranke vor dem Zugriff auf das Konto setzt, obwohl man es doch selbst freiwillig jemanden übertragen hat. Grund hierfür ist nach deutschen Recht das Telekommunikationsgesetz.

Telekommunikationsgesetz im Weg

Vielleicht fragen sich jetzt einige, was denn das Telekommunikationsgesetz (TKG) mit dem Fall zu tun hat. Das BVerfG entschied 2009, dass das Fernmeldegeheimnis gem. § 88 TKG auch auf E-Mails Anwendung findet. Sobald die E-Mail versandt ist, hat der Absender keinen Einfluss mehr darauf, ob der Provider die E-Mail weitergibt. Der Umstand, dass der Kommunikationsinhalt nur für den Empfänger oder einen bestimmten Nutzerkreis bestimmt ist, begründet die Schutzwürdigkeit von Absender und Empfänger. Was für E-Mails gilt, gilt auch für Nachrichten im Rahmen von sozialen Netzwerken. Das Persönlichkeitsrechts der Verstorbenen kann demzufolge nicht einfach übergangen werden. Hinzu kommen auch die Rechte der Empfänger, die ggf. selbst Absender von Nachrichten sind. Der Kommunikationsinhalt unterliegt also dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses und steht dem Zugriff Dritter entgegen. Auch wenn man von einer mutmaßlichen Einwilligung der Verstorbenen ausgehen könnte genügt dies in Anbetracht der Rechtsprechung des BVerfG aus dem Jahr 2008 nicht. Es müssen auch die Genehmigungen der Kommunikationspartner vorliegen. Im Ergebnis kann es also grundsätzlich dahinstehen, ob das Facebook Passwort vererblich ist, solange nicht die Genehmigung der Kommunikationspartner erfolgte.

Ausnahme vom Fernmeldegeheimnis

Eine Ausnahme vom Fernmeldegeheimnis kann dann gemacht werden, wenn es erforderlich ist, einem Dritten Kenntnis über den Kommunikationsinhalt zu verschaffen (vgl. § 88 III TKG). Es stellt sich die Frage, wann die Erforderlichkeit i.S.d. § 88 III TKG vorliegt. Diesbezüglich gehen die Meinungen außeinander. Während das LG Berlin die Erforderlichkeit annahm, verlangte das KG Berlin für die Erforderlichkeit des Zugriffs, dass dadurch der Dienst technisch ermöglicht oder aufrecht erhalten wird. Nach Ansicht des Kammergerichts sollte allerdings nicht Kenntnisse vom Kommunikationsinhalt verschafft werden, um den Dienst technisch zu ermöglichen. Aus diesem Grund wurde die Erforderlichkeit in zweiter Instanz abgelehnt. Weiterhin sah das KG Berlin außerdem keine Einschränkung durch das Erbrecht aus dem BGB. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber das Fernmeldegeheimnis dadurch einschränken wollte.

Fazit

Die Vererblichkeit des Facebookpassworts ist für die Frage des Zugriffs der Eltern demnach eher zweitrangig. Die Entscheidung steht und fällt mit der Auslegung des § 88 III TKG. Festzuhalten ist, dass es zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Facebook Passwort vererbt wird.

Die Klärung der Vererbbarkeit ist darüberhinaus maßgeblich für die Transparenz der vom Erblasser übertragenen Rechte und Pflichten. Wir leben in einem Zeitalter, in dem der E-Mailverkehr für die Abwicklung von Rechtsgeschäften deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Da wächst das Interesse neben dem Briefverkehr auch den E-Mailverkehr nach offenen Rechnungen und vertraglichen Verpflichtungen zu durchforsten. Dieses ist faktisch unmöglich, wenn dem Erben kein Zugriff zusteht. An die Transparenz ist zum Einen das Recht geknüpft, den Nachlass gem. § 1944 I BGB auszuschlagen und zum Anderen die Pflicht zur Verwaltung und Abwicklung des Nachlasses gem. § 1967 BGB. Denn was für ein Facebook Passwort gilt, gilt konsequenterweise auch für das Passwort des Nutzerkontos eines E-Mailaccounts.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass rein rechtsdogmatisch und teleologisch die besseren Argumente für die Annahme der Vererblichkeit vom Facebook Passwort sprechen.