Frauenquote in der EU? Nein danke. Am 01.01.2016 trat in Deutschland das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in Kraft. Danach soll der Anteil von Frauen in Aufsichtsratspositionen börsennotierter Unternehmen 30 % betragen. Auch die EU erarbeitete einen Richtlinienvorschlag, welcher eine Frauenquote von 40 % in Aufsichtsräten forderte. Der Entwurf der Richtlinie stieß jedoch in den Mitgliedstaaten auf erheblichen Widerstand. Auch Deutschland stellte sich dagegen. Warum haben so viele Mitgliedstaaten die Richtlinie verhindert, obwohl die meisten sogar selbst nationale Gesetze für eine Frauenquote erlassen haben? Die Antwort auf diese Frage und noch mehr über die „geplatzte“ Richtlinie erfahren Sie im folgenden Artikel.
Entstehung und Grundgedanke
Viviane Reding war die Vizepräsidentin der EU-Kommission. Sie stellte im Frühjahr 2011 die Notwendigkeit einer stärkeren Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen von Wirtschaftsunternehmen in der EU fest. Entsprechend den EU-Verträgen darf der europäische Gesetzgeber das Gesellschaftsrecht und auch die Corporate Governance regeln. Somit entstand der Gedanke, eine gesetzliche Quotenregelung für Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat von börsennotierten Unternehmen einzuführen. Folglich sollte baldmöglichst eine Richtlinie erlassen werden. In dieser würde für den Aufsichtsrat bzw. für die nicht-geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsrats börsennotierter Unternehmen in der EU für das unterrepräsentierte Geschlecht eine Quote von 40 % festlegt werden. Dieser Vorschlag stieß in der Kommission und in mehreren Mitgliedstaaten auf Widerstand. Zunächst wurde die Entscheidung vertagt, jedoch hat die Kommission am 14.11. 2012 dann doch einen Richtlinienentwurf verfasst.
Inhalt und Ziel der Richtlinie
Die EU-Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten der geplanten Richtlinie eine gesetzliche Quotenregelung einzuführen. Die geplante Richtlinie soll bis spätestens 01.01.2020 eine stärkere Ausgewogenheit von Männern und Frauen unter den nicht-geschäftsführenden Führungskräften von börsennotierten Unternehmen in der Union sicherstellen. Somit wird der Fortschritt bei der Ausgewogenheit der Geschlechter beschleunigt und die Unternehmen haben ausreichend Zeit, notwendige Maßnahmen durchzusetzen. Wenn ein Unternehmen gegen diese Vorgaben verstößt, sollen die Mitgliedstaaten effektive und angemessene Sanktionen ergreifen, wie z. B. die Verhängung von Bußgeldern oder die Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit der Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds.
Betroffene Unternehmen
Die geplante Richtlinie gilt nur für börsennotierte Unternehmen in der EU. Dazu zählen Unternehmen, die in einem Mitgliedstaat der Union ansässig sind. Des Weiteren sollen deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der EU zugelassen sein. Ausgenommen sind börsennotierte kleine und mittelgroße Unternehmen, sogenannte „small and medium-sized enterprises“ (SME). Diese werden durch drei Kriterien definiert: Weniger als 250 Mitarbeiter und nicht mehr als 50 Mio. Euro Jahresumsatz oder keine höhere Bilanzsumme als 43 Mio. Euro. Der Geltungsbereich beschränkt sich demnach auf börsennotierte Unternehmen, die zudem keine SMEs sind. Außerdem können die Mitgliedstaaten Unternehmen von den Verpflichtungen der geplanten Richtlinie ausnehmen, wenn dort der Anteil von Frauen weniger als 10% der Belegschaft ausmacht.
Erfasste Gremien
Beim Richtlinienentwurf findet keine Differenzierung zwischen einem verwaltenden, leitenden oder einem überwachenden Führungsgremium statt und ob die Struktur der Führungsgremien monistisch oder dualistisch ist . Es werden lediglich die nicht-geschäftsführenden Mitglieder dieser Führungsgremien erfasst. Damit sind die Mitglieder des Aufsichtsrats gemeint und in einem monistischen oder gemischten System die nicht-geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsrats.
Art und Höhe der Quote
Der Richtlinienentwurf sieht vor, dass bis zum 01.01. 2020 40 % der Mitglieder des Aufsichtsrats von börsennotierten Unternehmen in der EU dem unterrepräsentierten Geschlecht angehören müssen. Die geplante Richtlinie soll für börsennotierte öffentliche Unternehmen schon bis zum 01.01. 2018 umgesetzt werden. Hierbei handelt es sich um Unternehmen, die börsennotiert sind und von der öffentlichen Hand beherrscht werden. Grund für die frühere Umsetzung ist, dass die öffentliche Hand wegen ihres beherrschenden Einflusses weitergehende Einwirkungsmöglichkeiten hat. Die Kandidaten des unterrepräsentierten Geschlechts sollen nur dann Vorrang haben, wenn sie genauso qualifiziert sind wie der Kandidat des anderen Geschlechts. Dies soll im Hinblick auf Fähigkeit, Geeignetheit und fachliche Leistung beurteilt werden. Die Bestellung von Mitgliedern des Aufsichtsrats sollte anhand einer vergleichenden Analyse erfolgen. Hierfür bieten sich besonders zuvor festgelegte neutrale und eindeutige Kriterien an. Diese müssen die Mitgliedstaaten bei den Auswahlverfahren sicherstellen. Des Weiteren müssen Mitgliedstaaten erfolglosen Kandidaten Anspruch gegen das Unternehmen auf Darlegung der Entscheidungsgründe gewähren. Einschränkungen können sich gegebenenfalls aus Datenschutzgründen ergeben.
Stillstand auf europäischer Ebene
Die geplante Richtlinie hatte innerhalb der EU nur wenige Befürworter. So stimmten nur drei Mitgliedstaaten für die Richtlinie, neun waren dagegen und 16 Mitgliedstaaten haben sich bei der finalen Abstimmung, im November 2015, enthalten. Mit diesem Ergebnis wurde der Richtlinienvorschlag zur Gleichberechtigung in Aufsichtsräten regelrecht „abgeschmettert“. Deutschland zählte zu den Mitgliedstaaten, die sich enthalten haben und das, obwohl seit dem 01.01.2016 das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in Kraft getreten ist und Angela Merkel im Juli 2015 die Frauenförderung auf die Tagesordnung des G-7-Treffens setzte. Die rechtlichen Bedenken, die zum Scheitern der geplanten Richtlinie führten, waren Folgende: Mangelnde Rechtsgrundlage, auf die sich der Richtlinienentwurf stützt, das fehlende Subsidiaritätsprinzip, Verstoß gegen die unternehmerische Freiheit und der staatlicher Eingriff in die Privatautonomie. Diese rechtlichen Bedenken werden im weiteren Verlauf erläutert.
Mangelnde Rechtsgrundlage
Das Hauptproblem stellt die Zielvorgabe des Richtlinienvorschlags dar, nämlich die Herstellung einer 40 % Quote des unterrepräsentierten Geschlechts in Aufsichtsräten. Hierbei handelt es sich um eine positive Fördermaßnahme, mit der das unterrepräsentierte Geschlecht bevorzugt wird. Bis heute enthält kein bestehender Unionsakt eigenständige Regelungen zu positiven Fördermaßnahmen.
Als Rechtsgrundlage für den Richtlinienentwurf könnte die Gleichstellung im Erwerbsleben (Artikel 157 Abs. 3 AEUV) herangezogen werden. Dies ist jedoch nicht der Fall, da es nicht um die Gleichbehandlung von Kandidaten geht, sondern um den Vorrang des unterrepräsentierten Geschlechts. Damit geht automatisch die Ungleichbehandlung des anderen Geschlechts einher. Schon 1995 hat der EuGH im Urteil Kalanke/Marshall entschieden, dass der Vorrang weiblicher Bewerber unzulässig ist und eine Diskriminierung der männlichen Bewerber darstellt. Eine Herstellung der Chancengleichheit kann hier somit ausgeschlossen werden. Eine weitere mögliche Rechtsgrundlage ist die Unionskompetenz in Bezug auf die Sozialpolitik (Artikel 153 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AEUV). Hier werden Vorschläge zur Unterstützung und Ergänzung mitgliedstaatlicher Maßnahmen erlaubt und damit Chancengleichheit und Gleichbehandlung gefördert. Ausgeschlossen ist aber auch hier die Gleichstellung durch positive Fördermaßnahmen. Somit entfällt auch die Unionskompetenz in Bezug auf die Sozialpolitik als Rechtsgrundlage. Als wohl naheliegendste Grundlage für die geplante Richtlinie gelten die Antidiskriminierungsmaßnahmen (Artikel 19 Abs 1 und Abs. 2 AEUV). Diskriminierung im Erwerbsleben soll (auch) wegen des Geschlechts verhindert werden und die EU darf Fördermaßnahmen zur Unterstützung von Antidiskriminierungsmaßnahmen ergreifen. Allerdings geht es hier im Kern auch wieder um die Gleichbehandlung und schließt den Vorrang eines bestimmten Geschlechts aus. Zusammenfassend stützt sich der Richtlinienvorschlag also weder auf die Gleichstellung im Erwerbsleben, die Unionskompetenz in Bezug auf die Sozialpolitik, noch auf etwagie Antidiskriminierungsmaßnahmen.
Fehlendes Subsidiaritätsprinzip
Nach dem Subsidiaritätsprinzip darf die EU nur tätig werden, wenn die Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichen, um ein politisches Ziel zu erreichen, und wenn die Maßnahmen wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.
Generell kann die Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten und Führungspositionen als gemeinsames Unionsziel angesehen werden. Die Gleichheit von Frauen und Männern, ebenso wie die Förderung der Gleichstellung in allen Politikbereichen sind grundlegende Werte der Union. Allerdings sollen diese Werte durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden und nicht durch verpflichtende unionsrechtliche Regelungen. Deutschland und andere Mitgliedstaaten fördern die Selbstverpflichtung von Unternehmen z. B. durch den Deutschen Corporate Governance Kodex, welcher Empfehlungen und Anregungen für eine gute Unternehmensführung enthält. Allein von Januar 2012 bis Januar 2013 stieg der Frauenanteil in den Leitungsorganen privater Unternehmen in der EU von 13,7 % auf 15,8 %. Trotz dessen bemängelte die europäische Kommission die schleichende Umsetzung in vielen Mitgliedstaaten. Zu beachten sind jedoch die Berufungsperioden von Aufsichtsräten, ebenso wie über mehrere Jahre abgeschlossene Vorstandsverträge. So zeigt der Anstieg des Frauenanteils von 2,1 % in einem Jahr deutlich, dass die Mitgliedstaaten willens und fähig sind, selbständig Maßnahmen zu ergreifen und ein Handeln durch die Union nicht nötig bzw. geboten ist.
Verstoß gegen die unternehmerische Freiheit
Der Richtlinienvorschlag enthält unverhältnismäßige Einschränkungen in Bezug auf die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht. Generell sollten Unternehmen frei wählen können wen sie einstellen, was sie als geeignete Qualifikation eines Bewerbers ansehen und wer am besten in das Unternehmen passt. Diese Entscheidungsfreiheit würde jedoch durch ein starres Konstrukt an Vorgaben und positiven Fördermaßnahmen erheblich eingeschränkt werden. Bei einem Verstoß gegen die geplante Richtlinie wäre die Bestellung des Aufsichtsrates nichtig und damit die Handlungsfähigkeit des gesamten Unternehmens gefährdet. Es mangelte hier an einer Kompromissbereitschaft auf Seiten der EU. Ebenfalls wurde in dem Richtlinienvorschlag nicht berücksichtigt, wenn keine geeignete Frau als Kandidatin gefunden wird. Dies ist besonders in Familienunternehmen ein großes Problem. Hier muss es in solch einem Fall möglich sein, ein männliches Familienmitglied in den Aufsichtsrat zu wählen, um das Konzept des Familienunternehmens nicht ad absurdum zu führen.
Staatlicher Eingriff in die Privatautonomie
Die Offenlegungs- und Berichtspflichten des Richtlinienvorschlags widersprachen dem geltenden Unionsrecht. Börsennotierte Gesellschaften wären verpflichtet gewesen, sämtliche Gründe für die Ablehnung eines Kandidaten umfassend offen zu legen und ebenfalls zu schildern, welche Gründe und Erwägungen dazu geführt haben, dass ein Kandidat des anderen Geschlechts Vorzug erhalten hat. Unter diese umfassenden Offenlegungs- und Berichtspflichten wären auch personenbezogene Daten gefallen, wodurch sich aus Sicht des Datenschutzes erhebliche Probleme ergeben hätten. Zudem ist das Zahlenverhältnis von Frauen und Männern in Leitungsorganen für die Geschäftstätigkeit von Unternehmen nicht von Bedeutung und passt somit nicht in das System der Berichterstattung.
Problemlösung – Anpassung des Richtlinienvorschlags
Natürlich blieben die Zweifel und Bedenken an der geplanten Richtlinie nicht ungehört. Luxemburg erarbeitete einen Kompromiss, um die Bedenken zu zerstreuen. So sollten Sanktionen durch die jeweiligen Mitgliedstaaten festgelegt werden. Deutschland wurde zugestanden, die im Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen festgehaltene 30 % Quote zu behalten und das deutsche Konzept des „leeren Stuhls“ wurde in den Richtlinienentwurf übernommen. Um das Subsidiaritätsprinzip zu gewährleisten, wurde eine Flexibilitätsklausel eingeführt, .nach der es den Mitgliedstaaten obliegt, wie sie die Zielvorgaben umsetzen und Verfahrensvorschriften ausgesetzt werden können, wenn Maßnahmen mit ähnlicher Wirkung ergriffen wurden oder ausreichende Fortschritte nachgewiesen worden wären. Allerdings mangelte es weiterhin an einer Rechtsgrundlage, was trotz Anpassung zum Scheitern der Richtlinie führte.
Ausblick
Auch wenn die Pläne für eine europaweite Geschlechterquote nicht voran kamen, kann man nicht von einem generellen Scheitern der Frauenquote sprechen. Der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten und Führungspositionen steigt in den Mitgliedstaaten stetig. Vorreiter, wie Norwegen, haben bereits seit 2004 eine Frauenquote von 40 % für die private Wirtschaft. Andere Länder, wie Griechenland oder Ungarn, mit einem derzeitigen Frauenanteil in Aufsichtsräten von knapp 10 %, werden durch den Druck der öffentlichen Debatte früher oder später wohl nachziehen. Zu beachten sind bei Debatten über Quoten allerdings auch immer das jeweilige Wirtschaftssystem des Mitgliedstaates und der Altersdurchschnitt der Aufsichtsratsmitglieder. So ist der Frauenanteil heute noch gering, da die meisten Aufsichtsratsmitglieder in der Regel 60 Jahre alt sind und es tatsächlich wenig Frauen gibt, die damals in einschlägigen Berufen einen Hochschulabschluss erworben hatten. Aus diesem Problem wachsen wir jedoch immer mehr heraus. Heute machen mehr Frauen als Männer einen Hochschulabschluss und die Chancen, dass Frauen sich auch immer mehr im Berufsleben durchsetzen und akzeptiert werden, steigen mit jeder Absolventin.
In Bezug auf Frauenquoten in Vorständen und Aufsichtsräten, denke ich, dass die Thematik heißer gekocht als gegessen wird.
Insbesondere die Quote hilft meiner Einschätzung nach den falschen Frauen, nämlich denen die ohnehin schon Führungspositionen bekleiden und folglich auf eine Quotenregelung nicht wirklich angewiesen sind.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft, stellen wir fest, dass in 20 oder 30 Jahren nicht weniger berufstätige Frauen als Männer einen akademischen Abschluss erreicht haben. Prognosen zu Folge werden es sogar mehr Frauen als Männer sein.
Vielmehr bin auch ich der Meinung, dass durch die Zahlen der heutigen Hochschulabsolventinnen und Akademikerinnen die „Problematik“ ohne Richtlinien und Regularien von alleine behoben werden kann und auch sollte.
Die Tatsache, dass früher mehr Männer als Frauen einen höheren akademischen Abschluss erreicht haben, lässt sich durch keine Quote bereinigen oder ausgleichen. Ich denke hier gilt mehr als anderswo der Grundsatz: „Die Zeit heilt alle Wunden“.
Ich glaube, dass eine Frauenquote in Europa ein großer Schritt wird. Studien zeigen, dass es mehr Wachstum in den Marktwert der europäischen Unternehmen gibt, wenn die einen höheren Anteil an Frauen in Führungspositionen haben. (McKinsey & Company, 2007)
Unternehmen, die mehr Frauen in Aufsichtsratspositionen hatten, bekommen 42% mehr auf ihre Umsatzrendite und 66% Steigerung der Kapitalrendite. (Joy, Carter, Wagener und Narahyanan, 2007)
Die Ursache für diese positive Wirkung auf die Ergebnisse, eher als eine Frage des Geschlechts, ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass den kombinierten Beitrag von Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Perspektiven, unterschiedliche Erfahrungen und Lebensstile eine intuitive Perspektive vom Problemen bietet.
Wenn man einen Blick auf die Entwicklungsländer Lateinamerikas wirft, findet man, dass bei dieser Ausgabe viel zu verbessern ist. Man könnte sicherstellen, dass der Anteil der Frauen in Aufsichtsratspositionen in lateinamerikanischen Ländern sehr gering ist: in Argentinien der Anteil von Frauen in Aufsichtsratspositionen beträgt nur 4,1% und 8% in börsennotierten Unternehmen; Chile beträgt 2,4% im Allgemeinen und in börsennotierten Unternehmen 5%; Peru erreicht 3,6% insgesamt und in börsennotierten Unternehmen 6%. Im Durchschnitt in Lateinamerika der Anteil der Frauen an dem Aufsichtsrat ist im Allgemeinen nur 4,7%. Man sollte auch Rechtlinienentwürfe bearbeiten, um die Präsenz von Frauen in Führungspositionen zu fördern und auch in der Gesetzgebung der einzelnen Länder eine minimale Präsenz (Quoten) auf den Aufsichtsräten zu verlangen, die in diesen Ländern noch nicht vorhanden sind. Dazu sollte eine Gleichstellungspolitik in Unternehmen zu fördern, die die Selbstkontrolle erlaubt.
Ich kann die Begründung des EuGH im Fall Kalanke/ Marshall nicht nachvollziehen.
Laut Art. 157 (3) AEUV werden Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen angestrebt.
Derzeit sieht die Ungleichbehandlung so aus, dass Männer bevorteilt werden und Frauen benachteiligt. Jetzt ist die Frage, wie man zu einer Gleichstellung kommen kann. Wie soll denn das Verhältnis jemals zu einem Ausgleich kommen, wenn die Benachteiligten keinen Vorteil bekommen können, weil dieser Vorteil als Diskriminierung bezeichnet wird? Bliebe man dann nicht immer beim jetzigen Verhältnis? Das scheint mir paradox.
Der Artikel der Verfasserin ist sehr umfangreich und inhaltlich gut aufbereitet.Das die Einführung einer Frauenquote Probleme mit sich bringt, ist denk ich unmissverständlich. Ich stimme der vorherigen Kommentatorin zu- Frauen und Männer können nie Gleichberechtigt sein, wenn sie nicht Gleich sind. Erst dann können sie gleichermaßen Berechtigt sein, bestimmte Positionen inne zu haben. Um es bildlich zu machen: Frauen laufen derzeit auf der selben Stelle und schauen Männern zu wie sie an ihnen vorbeiziehen. Um diesen Abstand je aufholen zu können, müssen Männer für eine gewisse Zeit aufhören zu laufen, bevor sowohl Männer als auch Frauen auf gleicher Höhe zum stehen kommen können. Das bedeutet, dass die Frauenquote nicht als umgekehrte Diskriminierung der Männer, die es meiner Meinung nicht ist, angesehen werden darf, sondern vielmehr als die Kompensation erlittener Nachteile der Frauen. Deswegen ist die Einführung einer Frauenquote dringend notwendig. Nichtsdestotrotz finde ich, ist die Gleichberechtigung von Männer und Frauen nicht nur ein Problem der Aufsichtsräte. Im Zuge eines solchen Umschwungs sollten auch jegliche andere Ungleichbehandlungen angepackt werden. Fragt sich nur wie lange eine weitergehende Veränderung dauert, wenn noch nicht mal die wirkliche Gleichstellung von Mann und Frau existiert?!
Das Ziel einer Gleichstellung von Mann und Frau ist in unserer modernen Gesellschaft ein anerkanntes Ziel, welches dem aktuellen Fortschritt leider in manchen Bereichen noch hinterherhinkt. Ob eine gesetzlich festgeschriebene Frauenquote ein schnelles Umdenken in der Gesellschaft bewirken würde ist fraglich. Nach meiner Ansicht sehe ich in der Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten eher ein Problem anstatt einen Lösungsansatz. Vorstände und Aufsichtsräte die gezwungen sind ihre Mitglieder mit einem festgesetzten Prozentanteil an Frauen zu bestellen befinden sich in einer Zwickmühle. Insbesondere dann, wenn es nicht genug qualifizierte Bewerberinnen gibt. Alt eingesessene Gesellschaften könnten dann eher dazu tendieren, lieber schlechter qualifizierte Bewerberin in den Vorstand oder Aufsichtsrat zu berufen, wenn sie sich sicher seien können, dass das neue Mitglied aufgrund ihrer schlechteren Qualifikation leichter zu Gunsten der überwiegend männlichen Mitglieder zu beeinflussen ist. Damit würde der Karriereweg für qualifizierte Frauen weiterhin versperrt bleiben.
Das durchschnittliche Alter von Aufsichtsratsmitgliedern in Deutschland liegt bei ca. 61 Jahren (DSW, 2015). Vor 30 – 40 Jahren war die Zahl der männlichen Studienabgänger wesentlich höher als die der weiblichen. Noch dazu studierten Frauen häufiger sozialwissenschaftliche Fächer als wirtschaftswissenschaftliche.
Das dieser Trend sich inzwischen gewandelt hat, ist eine Tatsache, allerdings sind die jetzigen Studienabgängerinnen dann erst Mitte 20 und noch keine künftigen potentiellen Aufsichtsratsmitglieder, sondern Berufseinsteiger.
Den Aufsichtsräten fehlen demnach zur Zeit noch die geeigneten Bewerberinnen. Auch wenn das Frauenbild der Männer in den 60ern weniger das einer Frau in einer Führungsposition ist, was zur vermehrten Wahl von Männern in den Aufsichtsrat führt, darf man nicht vergessen, dass auch der Mangel an geeigneten Bewerberinnen dazu beiträgt.
Eine Quote könnte dazu zwingen, auch Frauen zu wählen, die u.U. nicht über das fachliche Know-how ihrer Mitbewerber verfügen oder dazu verleiten, Frauen zu wählen, die sich leichter beeinflussen lassen. Möglich ist auch, sich ganz andere Interessen zu sichern.
Beispielsweise war von 2012 – 2015 Ursula Piëch (gelernte Kindergärtnerin und Horterzieherin) zeitgleich mit ihrem Mann Mitglied des Aufsichtsrats der Volkswagen AG, was den Einfluss der Familie Piëch stärkte, noch vor Beschluss der 30 % Quote.
Alles in allem ist die Quote eine gut gemeinte Maßnahme mit Nebenwirkungen, die die aktuellen Umstände übersieht. Die Quote passt zum Geist der heutigen Zeit, nur sind die Jahrgänge noch nicht im richtigen Alter angekommen. Sobald diese so weit sind, wird sich das Problem vermutlich von selbst lösen.