Mit dem Inkrafttreten des UK Bribery Act (i.F. UKBA) im Juni 2011 hat das britische Parlament der Wirtschaftskorruption den Kampf angesagt. Veraltete Rechtsnormen und das praktizierte Case Law sorgten zunehmend für Rechtsunsicherheit. Zudem wurde der Druck durch die UN, völkerrechtliche Verträge in die nationale Rechtsordnung zu implementieren, immer größer. Durch den UKBA sollen nun Rechtslücken geschlossen und mehr Rechtssicherheit erzeugt werden.

 

Anwendungsbereich nach Sec. 12 UKBA

Für Unternehmen in Deutschland neu und noch ungewohnt ist der weite extraterritoriale Anwendungsbereich des UKBA. Bei Individualstraftaten (Sec. 1, 2 und 6 UKBA) greift der UKBA, wenn die Tat in Großbritannien erfolgt oder der Täter eine enge Verbindung dorthin aufweist. Letzteres liegt bei britischer Staatsangehörigkeit, dem gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich oder bei einer juristischen Person vor, die nach britischem Recht entstanden ist.

Bei Unternehmensstraftaten (Sec. 7 UKBA) ist der UKBA einschlägig, wenn die Unternehmung in Großbritannien gegründet oder registriert ist. Weiterhin sind auch juristische Personen betroffen, die weder in Großbritannien ihren Sitz haben noch dort gegründet wurden. Vielmehr genügt es, wenn ein hinreichender Bezug zum Vereinigten Königreich besteht. Ein solcher ist bereits dann zu bejahen, wenn deutsche Unternehmen nur zum Teil im Vereinigten Königreich geschäftlich tätig sind.

Das bedeutet sowohl für natürliche als auch juristische Personen ein enormes Risiko, da bei minimalen Bezugspunkten zu Großbritannien die Anwendbarkeit des UKBA begründet werden kann.

Tatbestände

Die vier Tatbestände umfassen die aktive und passive Bestechung gem. Sec 1, 2 UKBA, die Bestechung von ausländischen Amtsträgern nach Sec. 6 UKBA und die Unternehmenshaftbarkeit nach Sec. 7 UKBA.

Sowohl die aktive als auch die passive Bestechung umfasst jede Bestechung inländischer Amtsträger sowie den privaten Rechtsverkehr in Großbritannien. Eine aktive Bestechung liegt vor, wenn jemand einen finanziellen oder sonstigen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt. Spiegelbildlich ist eine passive Bestechung gegeben, wenn jemand einen solchen Vorteil verlangt, sich versprechen lässt oder annimmt. Hervorzuheben ist, dass der Erfolg der Bestechungshandlung und die Tatbestandsverwirklichung unabhängig voneinander zu betrachten sind. Damit ist jede vorsätzliche Bestechung in den Grenzen des Vereinigten Königreichs strafbar. Bei Verstößen gegen Sec. 1 und 2 UKBA drohen bis zu 10 Jahre Haft und Geldstrafen in unbegrenzter Höhe.

Zusätzlich zu allen Bestechungshandlungen, die in Großbritannien strafbar sind, nimmt die Sec. 6 UKBA aus britischem Blickwinkel Bezug auf ausländische Amtsträger. Die Norm ist einschlägig, wenn jemand einen ausländischen Amtsträger in seiner Tätigkeit beeinflusst. Damit muss das Ziel verbunden sein, einen geschäftlichen Vorteil zu erlangen. Von Seiten des Amtsträgers genügt ein allgemein wohlwollendes Verhalten gegenüber dem Bestechungshandelnden. Demnach erfüllt die aktive Bestechung eines ausländischen Amtsträgers den Tatbestand. Mit der Sec. 6 wurde die völkerrechtliche OECD Konvention gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger umgesetzt. Daher kennt der UKBA im Gegensatz zu seinem US-amerikanischen Pendant, dem „Foreign Corrupt Practices Act“, keine Ausnahmen für Zuwendungen gegenüber ausländischen Amtsträgern (sog. „facilitating payments“ = „Schmiergeldzahlungen“). Auch hier drohen Strafen von bis zu 10 Jahre Haft sowie Geldstrafen in unbeschränkter Höhe.

Die größte wie auch meist diskutierte Neuerung normiert die Sec. 7. Demnach haften Unternehmen schon dann, wenn sie einen engen geschäftlichen Bezug zu Großbritannien haben und eine mit dem Unternehmen assoziierte Person eine andere Person besticht, um ihrem Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen. Hierbei haben Unternehmen allerdings die Möglichkeit, sich zu exkulpieren. Sie können sich entlasten, sofern sie nachweisen, „geeignete Präventivmaßnahmen“ zur Verhinderung von Korruption (Sec. 7 II UKBA) ergriffen zu haben. Um konsequent zu handeln müssen somit deutsche Unternehmen, die geschäftliche Verbindungen nach Großbritannien unterhalten, Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption in ihren Unternehmen implementieren.

Der Begriff der assoziierten Person gem. Sec. 8 UKBA ist dabei weit zu verstehen. Demnach reicht es aus, wenn eine natürliche oder juristische Person irgendeine Leistung für das Unternehmen erbringt. Dies gewährleistet, neben Mitgliedern der Geschäftsleitung auch Angestellte oder anderweitig tätige Personen belangen zu können. Damit sorgt die Sec. 7 für eine kenntnisunabhängige Haftung von Unternehmen und schafft eine Rechtsumkehr der geltenden Rechtsnormen.
Neben Geldstrafen in unbeschränkter Höhe droht den Unternehmen bei Verstößen ein EU-weiter Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge. Weiterhin müssen sie mit der Einziehung von Vermögenswerten und Geschäftsführung und leitende Angestellte mit bis zu 10 Jahren Haft rechnen.

Guidelines

Vor Inkrafttreten des UKBA hat die britische Regierung einen Katalog, die sog. „Guidance“ herausgegeben. Sinn und Zweck der sechs Leitlinien ist es, sich durch geeignete Präventivmaßnahmen von der Unternehmenshaftung nach Sec. 7 UKBA zu entlasten. Folglich müssen deutsche Unternehmen, die in einem engen geschäftlichen Bezug zu Großbritannien stehen, sicherstellen, entsprechende Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption zu ergreifen. So können sie sich durch ein effektives und funktionierendes Compliance-System von Korruptionsverdachten entlasten.

Die Leitlinien orientieren sich an Verhältnismäßigkeit, Angemessenheit und Proportionalität. Demnach müssen Präventivmaßnahmen an dem für das Unternehmen spezifischen Korruptionsrisiko ausgerichtet sein. Ferner verpflichtet sich das Top-Management, eine Unternehmenskultur zu schaffen, welche Korruption nicht toleriert. Interne und externe Risiken sind regelmäßig zu erfassen und zu analysieren. Bei der Erschließung neuer Märkte oder Geschäftsbeziehungen sowie beim Rekrutieren neuen Personals ist sorgfältig auszuwählen und zu überwachen. Des Weiteren sollen Unternehmen für die Mitarbeiter vertrauensvolle und ungezwungene Kommunikationskanäle schaffen, um fehlerhafte Verhaltensweisen aufzuspüren sowie „Aufdecker“ zu schützten und nicht an den Pranger zu stellen. Zudem sind die Antikorruptionsansätze periodisch zu überprüfen und sofern notwendig zu überarbeiten.

Deferred Prosecution Agreement (DPA)

Hat ein Unternehmen gegen Sec. 7 UKBA verstoßen, kann das Serious Fraud Office (SFO) ihm ein DPA anbieten, um ein Strafverfahren zu vermeiden. Das DPA beinhaltet ein Geständnis des Unternehmens, gegen den UKBA verstoßen zu haben und legt Strafzahlungen und Auflagen fest, zum Beispiel die Prüfung und Überarbeitung des Antikorruptionsansatzes. Erfüllt das Unternehmen alle Auflagen, stellt das SFO die Ermittlungen ein.

Ausblick

Auch wenn erst zwei Fälle seit Inkrafttreten des UKBA abgeschlossen wurden, ist davon auszugehen, dass die britischen Behörden zukünftig noch entschiedener gegen Korruption vorgehen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Ansprüche auch international durchzusetzen sind, wenn nicht originär britische Unternehmen betroffen sind.
Deutsche Unternehmen sind bis jetzt noch nicht auf dem Radar des UKBA aufgetaucht. Dennoch scheint es bei der weiten Anwendbarkeit des UKBA nur eine Frage der Zeit, bis auch ausländische und damit deutsche Unternehmen betroffen sind. Insbesondere die Tatsache, dass zur Eröffnung des Anwendungsbereichs des UKBA weder Tatort noch Täter einen Bezug zu Großbritannien aufweisen muss, ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Unternehmen in Deutschland.