Vor dem Hintergrund der Digitalisierung stehen Themen rundum die Cloud für einen grundsätzlichen Wechsel innerhalb der bestehenden Arbeitswelt. Durch die Cloud ist es Unternehmen möglich Wertschöpfungs- Produktions- und Innovationsketten über die unternehmenseignen Grenzen zu öffnen. Die anfallende Arbeit wird dann nicht mehr von eigenen Mitarbeitern, sondern über sogenannte Crowdworker erledigt.

Das deutsche Arbeitsrecht bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten wie Betriebsräte und Gewerkschaften auch bei dieser neuen Form der Arbeitsverlagerung mitbestimmen können. Zum Thema Crowdworking gibt es allerdings noch viele arbeitsrechtliche Unklarheiten, vor allem mit dem Umgang mit dieser neuen Arbeitsform.

Begriffserklärung

Die Begriffserklärung des Crowdsourcing leitet sich aus Verbindung der Wörter Crowd und Outsourcing ab. Durch diese Wortverbindung wird deutlich, dass sich Outsourcing von Crowdsourcing unterscheidet. Das Outsourcing beschreibt die Auslagerung von bestimmten Tätigkeiten an einen Dritten oder einer Institution. Der Adressat beim Crowdsourcing ist dabei nicht ein spezieller Dritter, sondern die Crowd, eine undefinierte Zahl von Menschen. Dabei werden die Menschen als Crowdworker oder Cloudworker  bezeichnet. Der Auftraggeber genannt Crowdsourcer , vermittelt dabei seine Arbeit mit Hilfe von IT-Plattformen, diese sind oft cloudbasiert daher kommt die Verwendung des Begriffs der Cloudworker.

Dabei unterscheidet man zwei generelle Formen des Crowdworking. Beim internen Crowdsourcing erfolgt die Arbeitsverlagerung innerhalb der Unternehmenswelt, so agiert die Belegschaft als Crowd. Über eine unternehmenseigne Plattform wie das Intranet können Aufgaben erledigt werden, vor allem für Projekte oder Ideen eignet sich diese Art sehr gut. Bei der Einführung, Gestaltung, Ausführung und bei der Betreibung von Crowdworking sind diverse Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte für den Betriebsrat gegeben.

Jedoch viel stärker im Kommen sind die externen Formen von Crowdwork, hier besteht die Crowd aus rein Unternehmensexternen .Ein Vorreiter für den Bereich Crowdworking war der Online-Händler Amazon mit nun bereits über 500.000 Nutzern. Seit 2005 können Firmen sowie Einzelpersonen auf Amazon Mechanical Turk Jobs einstellen, gleichzeitig können sich Crowdworker dort anmelden, um die Jobs zu erledigen.

Diese ist eine Form des externen Crowdsouring, dabei stehen die Crowdworker nicht unbedingt in einem Zusammenhang mit dem Unternehmen. Üblicherweise bauen die Unternehmen keine eigene Plattform auf, sondern nutzen wie schon beschrieben Vermittler wie Amazon Mechanical Turk, freelancer oder clickworker.

Rechtliche Stellung der externen Crowdworker

Bei der Form des externen Crowdworking liegt meistens keine Weisungsgebundenheit zwischen dem Crowdworker und dem Unternehmen vor. Ein Crowdworker erledigt eine vordefinierte Aufgabe, welche auf der Plattform angeboten wird. Je nachdem welche Aufgabe erledigt wird, handelt es sich dann um einen Werk- oder Dienstvertrag. Die Einteilung der Arbeit und Umsetzung ist dem Crowdworker dabei völlig selbst überlassen. Die Bezahlung erfolgt auch nicht direkt durch das Unternehmen, sondern wird über die Plattform weitergegeben. Eine direkte Rechtsbeziehung würde zwischen Unternehmen und Crowdworker kein Arbeitsverhältnis zur Folge haben, man sprich dabei eher von einem „Austausch von Selbstständigen“.

Es kommt ferner in Betracht, dass Crowdworker als arbeitnehmerähnlich im Sinne des Heimarbeitsgesetzes (HAG) anzusehen sind. Die Plattform content.de wirbt offiziell mit „seriöser Heimarbeit“ für Studenten, Mütter und Rentner.Nach §11 Abs. 1 HAG werden die Aufgaben vom Unternehmen an die Heimarbeiter ausgegeben. Auf content.de und ähnlichen Formaten müssen sich aber die Crowdworker auf die Aufträge bewerben, also genau umgedreht. Ein Anwendungsbereich für die Heimarbeit gibt sich daher nicht, obwohl mit dem Begriff offensiv geworben wird. Die Ähnlichkeit zur „klassischen“ Heimarbeit ist allerdings durchaus erkennbar. Eine Novellierung des Heimarbeitsgesetzes könnte dazu führen, dass auch Crowdworker als Heimarbeiter dessen Schutzrechte erfahren könnten. Mit Hilfe des §19 HAG könnten dann z.B. bindende Festsetzungen in Fragen von Vergütung und Arbeitsbedingungen vereinbart werden.

Das Arbeitsrecht findet nach derzeitigem Stand bei Crowdworkern keine Anwendung, da es sich in der Regel um Selbstständige handelt. Die Macht der Plattformbetreiber bzw. der Auftraggeber gegenüber den Crowdworkern scheint ungewöhnlich hoch zu sein.

Möglichkeiten der betrieblichen Mitbestimmung

In diesem Zusammenhang entstehen Fragen welche Folgen dies für die Stammbelegschaft bedeutet oder ob sich eine weitere Entgeltlinie daraus ergibt. Aber auch für die Crowdworker bestehen Fragen hinsichtlich ihrer rechtlichen Stellung als Arbeitnehmer oder Selbstständiger  und deren Arbeitsbedingungen. Um über die Arbeitsbedingungen auf den Plattformen zu informieren, haben Gewerkschaften eigene Internetauftritte wie faircrowdwork.org aufgebaut. Diese bilden eine gute Grundlage als Beratung- und Informationsmöglichkeiten für Crowdworker, wie z.B. bei der Analyse der AGB´s der Plattformen oder deren Vergütungssystematiken.

Um wirklich ernsthaft über Arbeitsbedingungen zu diskutieren, bedarf es gleich starke Partner. Auf der einen Seite die Crowdworker auf der anderen Seite die Plattformen und deren Auftraggeber. Bei der Entscheidung ob und wie externes Crowdworking eingesetzt werden soll, handelt es sich um eine strategische Entscheidung der Unternehmen. Die Crowdworker haben oft nicht mal die Kenntnis von welchem Unternehmen sie die Aufträge erledigen. Durch die Anonymität innerhalb der Crowd ist es für sie zusätzlich schwer, sich gewerkschaftlich zu organiseren.

Das Betriebsverfassungsrecht und damit der Einflussbereich von Betriebsräten ist in §5 BetrVG geregelt. Die in diesem Gesetz geregelten Rechte erstrecken sich demnach nur auf Arbeitnehmer. Daher gestaltet sich der Einfluss bei externem Crowdworking viel schwieriger, da es sich hier um den Einsatz von externen Selbstständigen handelt.

Eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme ergibt sich aus §87 Nr. 6 BetrVG bei dem Punkt technische Überwachungseinrichtungen. Der Betriebsrat erhält damit bei Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, welche das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überwachen, umfassende Mitbestimmung. Eine Mitbestimmung ergibt sich weiter aus §95 BetrVG bei den Auswahlrichtlinien. Der Betriebsrat kann dabei bei personeller Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen mitbestimmen. Unter diese Regelung fällt neben dem Einsatz von Fremdfirmenarbeit, auch die Beteiligung an Crowdsourcing. Die Mitbestimmung erstreckt sich ferner auf Betriebsveränderungen nach §111 BetrVG. Die Einführung von Crowdwork wäre nach §111 Nr.5 BetrVG eine neue Arbeitsmethode. Die Gestaltung der eigenen Arbeitsleistung verändert sich, teilweise wird sogar die Fremdarbeit durch die Herstellung der kleinen Arbeitsaufgaben vorbereitet.

Betriebsräte sollten sich beim externen Crowdworking vor allem auf die Anwendung der proaktiven Mitbestimmung beziehen. Die Erarbeitung einer Betriebsvereinbarung zur möglichen Einführung von externen Crowdworking ist eine Möglichkeit. Hier könnten sowohl die Arbeitsbedingungen der Crowdworker wie auch die Verhinderung der Entgrenzung zur Stammbelegschaft geregelt werden. Die Betriebsvereinbarung wären aber auf einer freiwilligen Basis, daher bietet es sich an von Anfang als betriebliche Mitbestimmung aktiv zu sein.

Abschließend bleibt zu sagen, dass es sehr schwer zu sagen ist, ob und wie Crowdwork die neue Arbeitswelt bestimmen wird. Jedoch steht fest, dass sie absolut das Potenzial dazu hat eine treibende Vorreiterrolle zu spielen. Daher ist es wichtig, dass arbeitsrechtliche Standards auch in die digitale Arbeitswelt zu überführt werden. Hier muss die Mitbestimmungsseite frühzeitig Maßnahmen ergreifen um nicht außen vor zu bleiben.

Ein sehr gutes Video zum Thema Crowdworking findet man hier.

Die Sicht der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zum Crowdworking und arbeitsrechtlichen Fragen hier. (aufgezeichnet von der re:publica 2016 in Berlin)