Azubis bewerfen sich mit Wuchtgewichten – Wer kommt für diesen Schaden auf, wenn es mal ins Auge geht?

Grundsätzlich ist der Schadensersatz im Berufsausbildungsverhältnis im §§ 823 I BGB; 10 II, 13 BBiG i. V. m. 105 SGB VII geregelt. Ein Azubi hat hier keine andere Stellung als ein normaler Arbeitnehmer. Es gelten dieselben Grundsätze und diese gelten für im Betrieb verursachte Schäden. Hierbei haftet der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, also für Personenschäden gem. §§ 823 ff. BGB und gegenüber Dritten, Unter der genannten betrieblichen Tätigkeit versteht man Arbeiten, die in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und im betrieblichen Wirkungskreis stehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit sachgemäß oder fehlerhaft, vorsichtig oder leichtsinnig ausgeführt wurde, denn maßgeblich ist Zweck der Handlung. Das Haftungsprivileg für betriebliche Tätigkeiten greift nicht ein, wenn der Schaden infolge einer neben der betrieblichen Arbeit verübten Spielerei, Neckerei oder Schlägerei eingetreten ist. Wird der Azubi mit fast 200.000 € haften müssen? Wie hat das BAG in diesem Fall entschieden? Wie wird das Werfen des Wuchtgewichtes eingeordnet?

Was bisher geschah…

Kläger und Beklagter waren als Auszubildende in einer Kfz-Werkstatt beschäftigt. Der 19 Jahre alte Azubi arbeitete an einer Wuchtmaschine und der andere Azubi stand am 13 Meter entfernten anderen Ende der Werkstatthalle. Der beklagte Auszubildende warf vom Kläger abgewandt, ein 10 Gramm schweres Wuchtgewicht hinter sich und traf ungünstigerweise den anderen Lehrling am Auge. Dieser erlitt schwere Verletzungen, so dass ihm eine Kunstlinse eingesetzt werden musste und damit nicht genug, denn er hatte infolge dauerhafte Einschränkungen beim Sehen aufgrund einer verbleibenden Hornhautnarbe.
Die beiden Azubis trafen sich vor Gericht wieder und der klagende Auszubildende verlangte Schmerzensgeld i. H. v. 175.000 €. Das ArbG Frankfurt a. M. verurteilte den werfenden Lehrling zu einem Schmerzensgeld
i. H. v. 10.000 €. Auf Berufung des Klägers erhöhte das Hessische LAG den Betrag auf 25.000 €.

Entscheidung des BAG

Das BAG bestätigte die Entscheidung, der vorherigen Instanzen. Es stützte sich vor allem auf der Tatsache, dass der Wurf eines Wuchtgewichts weder eine betriebliche noch eine betriebsbezogene Tätigkeit darstellt.  Dieser Wurf bedarf großer Kraftaufwendung und er war nicht betrieblich motiviert, selbst wenn es im Betrieb üblich gewesen wäre. Beispielsweise wenn man die Wuchtgewichte auf den Boden werfen müsste, da keine Auffangbehälter vorhanden sind. Somit ist der Schaden dem persönlich-privatem Bereich des Arbeitnehmers, der den Schaden verursacht zuzurechnen.
Im Detail wurde beschrieben, dass der Beklagte nicht vorsätzlich handelte, aber fahrlässig, da er Wurfbereich nicht überblicken konnte, dazu hätte er sich umdrehen müssen. Des Weiteren hätte er mit der Anwesenheit anderer in der Werkstatt rechnen müssen.

Das BAG lehnte auch ausdrücklich eine Haftungsfreistellung für Schulunfälle ab, Hier würde nach § 105 I SGB VII die Haftungsfreistellung auch für Verletzungshandlungen, die unter Schülern aus Spielerein, Neckerein und Rauferein verursacht wurden greifen, da es sich um schultypische Verhaltensweisen handelt. Allerdings gelten für Auszubildene im Betrieb bei strengere Maßnahmen .Der werfende Azubi hat die vollen Konsequenzen zu tragen und Schadensersatz zu leisten.

Was sollten künftige „Werfer“ bedenken?

Für die Haftung von Auszubildenden gelten gleiche Grundsätze wie für Arbeitnehmer.
Auszubildende übernehmen für ihr Verhalten volle Konsequenzen wie andere Arbeitnehmer.
Die Grundsätze der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung gelten nur für betriebsbezogene Tätigkeiten.
Es gibt keine Privilegierung von Spielereien und Streitereien unter Auszubildenden.
Eine Privathaftpflichtversicherung ist für „Werfer“ sinnvoll, da sie auch die Tätigkeiten im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses abdeckt, sofern Beschränkungen der Arbeitnehmerhaftung für betriebsbezogene Tätigkeiten nicht eingreifen.

 

Das Urteil des BAG kann hier nachgelesen werden.