Kriminalität und Vandalismus sind auch heute ein Bestandteil unserer Gesellschaft, wenn auch kein wünschenswerter. Das führt berechtigterweise bei vielen Privatpersonen unserer Gesellschaft dazu, dass das Bedürfnis und der Wunsch nach Schutz der persönlichen Unversehrtheit aber auch des Eigentums wachsen. So ist der Versuch mit Hilfe einer Videoüberwachung für Schutz zu sorgen eine Möglichkeit. Fraglich ist hierbei allerdings, wo sich die Grenzen des rechtlich Möglichen befinden. Genauer gefragt: Überwiegen die Interessen des Überwachenden die des Betroffenen oder gar umgekehrt?

Vor allem Einbrüche sind einer der häufigsten Gründe Vorkehrungen zu treffen. So registrierten die Hausratversicherer im Jahr 2014 rund 150.000 Einbrüche, wofür Versicherungsunternehmen 490 Millionen Euro leisteten. Neben dem Schutz bietet sich eine Videoüberwachung auch als Beweismittel für die zivil- und strafrechtliche Verfolgung von Personen, die Delikte in diesem überwachten Bereich begangen haben, an. Sogleich dient sie auch als mögliche Abschreckung vor potentiellen Übergriffen, Einbrüchen, Sachbeschädigungen etc. Die Einrichtung einer Videoüberwachung erweist sich als äußerst nützlich.

Rechtlicher Rahmen der Videoüberwachung durch Private

Der Videoüberwachung steht das deutsche Zivil– und Verfassungsrecht sowie das Datenschutzrecht gegenüber. So sind bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Videoüberwachung durch Privatpersonen die Grundrechte des Überwachten nicht zu unterschätzen. Zu differenzieren ist allerdings welche bildlich aufgenommenen Bereiche durch die Videoüberwachung betroffen sind. Hierbei stellt sich demnach die Frage, ob es sich um den eigenen privaten Bereich des Überwachenden, den privaten Bereich einer anderen Person oder um öffentlich zugängliche Bereiche unserer Gesellschaft handelt.

Zulässige Videoaufnahmen durch Private

In öffentlich zugänglichen Bereichen

  • Mit dem schriftlichen Einverständnis aller von den Aufnahmen betroffenen Personen ist eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Bereiche nach  § 4 I BDSG zulässig.
  • Die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Bereichen ist gem. § 6b I BDSG zulässig, wenn sie zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
  • Ohne Einverständnis der betroffen Personen ist eine Videoüberwachung öffentlicher Bereiche nach  Art. 7 lit. f DSRL nur zur Wahrung berechtigter Interessen, wie etwa Schutz vor Eingriffen in Leben und Eigentum vor künftigen Eingriffen allen voran,  wenn es in der Vergangenheit bereits Eingriffe gab.

In nicht öffentlichen Bereichen

  • In nicht öffentlichen Bereichen, wie auf dem eigenen Grundstück, ist die Videoüberwachung zulässig, um u.a. sein Eigentum auf dem eigenen Grundstück i.S.d. Art. 14 I GG schützen zu können.
  • Immer zulässig ist die Videoüberwachung, wenn es sich um einen ausschließlich persönlichen Bereich handelt; eine nicht-öffentliche Stelle i.S.d. § 1 II Nr. 3 BDSG.

Grenzen der Videoüberwachung

Einer Überwachung des persönlichen privaten Bereichs steht dem Grunde nach nichts entgegen, solange dieser Bereich nur für den Überwachenden selbst zugänglich ist. So ist die Videoüberwachung der eigenen Wohnung zulässig, wenn nur der innere Bereich der Wohnung aufgenommen wird. Dies gilt auch für ein selbst bewohntes Einfamilienhaus samt Grundstück. Geht die Videoüberwachung über diese Grenzen des persönlichen Bereichs hinaus, so ist sie rechtlich nicht zulässig. Zu diesem Entschluss kam der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes mit seinem Urteil vom 25. April 1995 hinsichtlich der Videoüberwachung öffentlicher und nachbarlicher Flächen. Die Parteien des Rechtsstreits sind Grundstücksnachbarn, die über einen 1,20 m breiten öffentlichen Weg zu ihren jeweiligen Grundstücken gelangen. Die Beklagte hat, nachdem vom Weg aus des Öfteren Abfall auf ihr Grundstück geworfen worden war, auf ihrem Anwesen eine Videokamera installieren lassen, die einen Teil des Zugangsweges in seiner gesamten Breite umfasst. Mit ihr konnte sie Aufzeichnungen von dem Zugangsweg vornehmen und damit auch von den Klägern, wenn diese sich auf dem Weg von oder zu ihrem Grundstück befanden. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Kläger bei Benutzung des Weges es nicht dulden müssen, von der Beklagten beliebig mittels Videoaufzeichnung festgehalten zu werden, da die Videoaufzeichnungen nicht nur das Grundstück der Beklagten betreffen, sondern auch Bereiche, welche für Dritte zugänglich sind. Es steht diesen Personen ein Recht am eigenen Bild sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu. Diese ergeben sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet dem Einzelnen im Bereich privater Lebensgestaltung ein Recht auf Abschirmung und Rückzug. Das Recht am eigenen Bild, als spezielle Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, vermittelt einen weitreichenden Schutz, der zum einen vor fotografischen oder filmischen Aufnahmen des eigenen Abbildes und zum anderen vor der Veröffentlichung solcher Aufnahmen schützt. Insoweit weist das Recht am eigenen Bild eine Parallele zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf, dessen Schutzreichweite sich von der Erhebung, über die Speicherung bis zur Verwendung und Verarbeitung personenbezogener Daten erstreckt.[1] Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist allerdings nicht fallübergreifend anwendbar, vielmehr ist eine fallbezogene Interessenabwägung vorzunehmen. Solch eine Interessenabwägung nahm das AG Köln in seiner Entscheidung im Jahr 1994 vor (AG Köln, Urt. v. 20.12.1994 – 208 C 57/94). Es gestattete einer schwer geh- und sehbehinderten Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilien-Wohnhaus im Eingangsbereich vor ihrer Wohnung eine Kamera als Ersatz für einen Türspion zu installieren, welche nur den Bereich unmittelbar vor der Wohnungstür aufzeichnete. In einem solchen Fall lässt sich das überwiegende Interesse des Überwachenden verfassungsrechtlich auf den besonderen Schutz von Menschen mit Behinderungen nach Art. 3 III 2 GG stützen. So liegt in diesem Fall ein berechtigtes Interesse des Überwachenden vor, wie das Gericht richtig erkannte. Ein berechtigtes Interesse liegt u.a. auch dann vor, wenn es um den Schutz von Leib, Leben oder Eigentum geht. Allerdings ist dabei die konkrete Gefahr von künftigen Eingriffen eine unumgängliche Voraussetzung. So reicht die rein abstrakte Gefahr nicht aus. Liegt das berechtigte Interesse der Videoüberwachung eines öffentlichen Bereichs nicht vor, so ist die Videoüberwachung stets unzulässig und darf sich lediglich auf den eigenen persönlichen Bereich beziehen. So hielt der BGH in seinem Urteil vom 16. März 2010 (BGH, Urteil vom 16. 3. 2010 – VI ZR 176/09) fest, dass bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück sichergestellt werden muss, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen von den Kameras erfasst werden darf.

Beschränkung der Videoüberwachung durch das europäische und deutsche Datenschutzrecht

Eine weitere Beschränkung für die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Bereiche ergibt sich aus dem europäischen und deutschen Datenschutzrecht. Die Regelungen des Datenschutzrechts dienen dem Schutz des Einzelnen auf Achtung des Privatlebens nach Art. 7 der EU-Grundrechtecharta (s. Art. 1 I DSRL) bzw. des zuvor erwähnten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Einzelnen nach Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG. So gelten die Datenschutzrichtlinie und die zur ihrer Umsetzung erlassenen Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes auch für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Privatpersonen, vorausgesetzt, dass die Datenverarbeitung ganz oder teilweise automatisiert ist oder die Daten einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen i.S.d. Art. 2 lit. b und Art. 3 I DSRL sowie der §§ 1 II Nr. 3 Hs. 1, 2 IV 1 BDSG, was hinsichtlich einer Videoüberwachung zutreffend ist. Der EuGH gibt mit seinem Ryneš-Urteil vom Dezember 2014 hier die Marschrichtung vor. In diesem Fall wurde das Einfamilienhaus einer Familie in der Tschechischen Republik mehrfach angegriffen, wobei immer wieder Fensterscheiben zerschlagen worden sind. Daraufhin installierte der Familienvater eine Kamera an seinem Haus, die den Eingang seines Hauses, den öffentlichen Straßenraum sowie den Eingang des gegenüberliegenden Hauses aufzeichnete. Bei einem darauffolgenden Übergriff zeichnete die Kamera zwei Verdächtige auf, die durch die Videoüberwachung identifiziert werden konnten. Einer der Verdächtigen beantragte die behördliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung. Das zuständige Datenschutzamt entschied daraufhin, dass die Videoüberwachung gegen die Vorschriften des tschechischen Datenschutzrechts verstoßen habe, die wie das deutsche Bundesdatenschutzgesetz auf der europäischen Datenschutzrichtlinie beruhen. Zwar half die Videoüberwachung der Überführung der Täter, brachte dem Familienvater aber zugleich einen Bußgeldbescheid ein.

Fazit

Die Privatsphäre genießt einen hohen Stellenwert in der EU und in Deutschland, was an sich nichts Verwerfliches ist. Es bestehen enge Grenzen bzgl. der Videoüberwachung durch Private, die aber nicht unüberwindbar sind. Durch die Einwilligung eines anderen kann zwar die Videoüberwachung als zulässig besiegelt werden, was allerdings in der Praxis kaum gelingen wird bzw. gelingen kann. So hätte der Familienvater aus dem Ryneš-Urteil jeden Passanten und betroffenen Anwohner in der Umgebung um eine Einwilligung zur Aufzeichnung bitten müssen, was mit großer Sicherheit nicht realisierbar wäre. Die zu beginn gestellte Frage, ob die Interessen des Überwachenden die des Betroffenen überwiegen oder gar umgekehrt kann mit einer pauschalen Antwort nicht beantwortet werden. Es ist eine fallbezogene Interessenabwägung von Nöten, wie Rechtsprechung und Gesetzgebung zeigen.

 

[1] BeckOK Informations- und Medienrecht (Gersdorf/Paal), Art. 2 GG Rdnr. 5-9.