Mit dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst hat das längst über die Fachkreise hinaus bekannte Thema „Frauenquote“ einen Abschluss gefunden. Was das am 01.05.2015 in Kraft getretene Gesetz an Umstrukturierungen und neuen Aufgaben für Vorstände und Aufsichtsräte mit sich bringt, wird in diesem Beitrag behandelt.

Die Frauenquote – ein mittlerweile allseits bekanntes Thema, das aus Presse und Politik nicht mehr wegzudenken ist. Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie insbesondere die Stärkung der Frau in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst voranzutreiben. Dabei ist das Wort Frauenquote ein irreführender Begriff, denn das Gesetz richtet sich in Teilen neutral an das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht. Eine noble Aufgabe des Gesetzgebers – doch inwieweit kann dieses Gesetz zu einem Durchbruch der Gleichberechtigung in den Führungsebenen verhelfen? Wird diese Umstrukturierung das Management eher schwächen oder stärken? Es folgt zunächst die Darstellung der neu eingeführten Regelungen.

Die fixe Geschlechterquote

Die mit dem größten Eingriffspotenzial behaftete neue Regelung, mit der sich nun Vorstand und Aufsichtsrat befassen müssen, besagt, dass ab dem 01.01.2016 der Aufsichtsrat einer Gesellschaft mit mindestens 30% Frauen und 30% Männern zu besetzen ist. Statuiert ist dies in § 96 Abs. II, III AktG nF. Das gilt allerdings nur für die „großen“ Gesellschaften, denn die Kriterien für die Anwendung der Geschlechterquote sind sowohl die Börsennotierung als auch die paritätische Mitbestimmung der Gesellschaft. Da beide Voraussetzungen erfüllt sein müssen, kommen für die Geschlechterquoten die AG, KGaA oder SE in Betracht, die jeweils mindestens 2000 Arbeitnehmer beschäftigen müssen. Die GmbH als Rechtsform, auch wenn sie paritätisch mitbestimmt ist, fällt nicht unter die fixe Geschlechterquote, da bei der GmbH das Kriterium der Börsennotierung fehlt.

Für die fixe Geschlechterquote gilt: Gemäß dem Grundprinzip der Gesamterfüllung gemäß § 96 Abs. II S. 2 AktG nF sind im Aufsichtsrat 30% Frauen und 30% Männer zu repräsentieren. Ob die Anteilseigner- und die Arbeitnehmerbank im paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrat diese Besetzung der Quote jeweils aufteilt oder ob es insgesamt eine Frauen- und Männeranteil von 30% ergibt, ist unerheblich. Das bedeutet, dass bei Gesamterfüllung eine Überfüllung auf der einen Bank die unterbesetzte andere Bank wieder ausgleichen kann. Ein Beispiel: In einem zwölfköpfigen Aufsichtsrat müssen laut Quote mindestens 3,6 (hier wird aufgerundet auf 4) Frauen und 3,6 (=4) Männer sitzen. Dabei ist es nun unerheblich, ob auf jeder Bank jeweils zwei Frauen und Männer sitzen, oder ob auf der einen Bank drei und auf der anderen Bank eine Frau oder ein Mann sitzt. Im Ergebnis gilt die Gesamterfüllung.

Allerdings können sowohl Anteilseigner- als auch Arbeitnehmerbank der Gesamterfüllung nach § 96 Abs. II S. 3 AktG nF widersprechen. Dann ist der Mindestanteil der fixen Geschlechterquote getrennt zu erfüllen.

Wird die Geschlechterquote nicht erreicht, so sind die quotenwidrigen Wahlen nichtig gem. §  96 Abs. II S. 6 iVm. § 250 Abs. I Nr. 5 AktG nF. Rechtsfolge ist das Prinzip des leeren Stuhls, d.h. das Mandat der Wahl, die gegen die Quote verstößt, bleibt unbesetzt. Die jeweilige Gesellschaft verstößt in diesem Fall gegen die Verpflichtung zur Quotierung. Auch bei Ersatzmitgliedern im Aufsichtsrat gilt die Geschlechterquote; abgestellt wird hier allerdings auf den tatsächlichen Zeitpunkt des Nachrückens und nicht der Wahl. Wird die Quote nicht erreicht, so gilt wiederum die Rechtsfolge des „leeren Stuhls“.

Die „weiche Frauenquote“

Des Weiteren sind Unternehmen gemäß §§ 111 Abs. V, 76 Abs. IV AktG nF verpflichtet, Zielgrößen für die Stärkung des Frauenanteils in Führungsebenen (in Aufsichtsrat und Vorstand bzw. in den zwei Führungsebenen unter der Geschäftsführung) festzulegen und sich diesbezüglich eine Umsetzungsfrist zu setzen. Diese Zielgrößen sind ausdrücklich auf die Förderung der Frauenanzahl gerichet und nicht, wie bei der fixen Geschlechterquote, auf das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht. Diese Regelung betrifft allerdings wesentlich mehr Unternehmen als die fixe Geschlechterquote: Umfasst werden bei der weichen Quote Gesellschaften, die börsennotiert oder mitbestimmt sind. Das bedeutet, dass die unternehmerische Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz für Unternehmen mit einer Arbeitnehmerzahl zwischen 500-2000 ausreicht. Betroffene Gesellschaften sind die AG, GmbH, KGaA, Genossenschaften und die SE; circa 3500 Gesellschaften in Deutschland sollen von dieser Frauenquote umfasst sein. Hat ein Unternehmen bereits die fixe Geschlechterquote in seinem Aufsichtsrat erfüllt, muss es keine weiteren Zielgrößen für das Überwachungsorgan festlegen, jedoch schon für den Vorstand und die zwei Führungsebenen darunter. Die erstmalige Frist zur Umsetzung der Zielgrößen darf nicht länger als bis zum 30.6.2017 reichen. Die genaue Festlegung von Zielgrößen zur „weichen“ Frauenquote erfolgt in zwei Schritten: Zuerst ist der Status quo in den jeweiligen Organen oder Führungsebenen zu ermitteln, das heißt, es muss die im Moment tatsächlich herrschende Frauenquote angegeben werden, um dann eine sich am Status quo orientierende Zielgröße festzulegen. Dabei gilt das Verschlechterungsverbot gemäß §§ 76 Abs. IV S. 2, 111 Abs. V AktG nF: Da der Gesetzgeber keine Mindestzielgröße vorgibt, darf eine Gesellschaft durchaus bei ihrer derzeit herrschenden Frauenquote bleiben. Liegt diese über 30%, kann sie sogar Zielgrößen festlegen, die einen geringeren Frauenanteil beinhalten. Rutscht dieser dadurch aber wieder unter 30%, darf die nächste festgelegte Zielgröße den Ausgangswert, der jetzt unter 30% liegt, nicht unterschreiten.

Die Berichtspflicht

Auch ist bezüglich der Einhaltung der Zielgröße des Frauenanteils eine Berichtspflicht der betroffenen Gesellschaften in § 289 a Abs. II Nr. 4, III, IV HGB nF vorgesehen. Hat ein Unternehmen die Zielgrößen, die es selbst festgesetzt hat, nicht erreicht, so muss diese Nichteinhaltung begründet werden, getreu dem Grundsatz „comply or explain“. Rechtsfolge bei Verstoß gegen die Zielgröße ist also eine Begründungspflicht. Erfolgt gar kein Bericht über die Zielgröße und deren Einhaltung, so stellt diese Nichteinhaltung eine Ordnungswidrigkeit nach § 334 Abs. I Nr. 3 HGB dar. Die Berichtspflicht bezieht sich auf alle Abschlussberichte, deren Stichtag sich nach dem 30.09.2015 befindet.

Kritik

Im Folgenden wird ein kritischer Blick auf die Einführung der fixen Quote geworfen. Vor allem in Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit sowie Europarechtskonformität der fixen Quote besteht der Vorwurf einer bestehenden unsicheren Rechtslage: Neben der Frage, ob die besagte Quote aufgrund von Art. 3 GG sowie den Gleichbehandlungsrichtlinien der EU überhaupt Anwendung finden kann, wurde bereits vor Verabschiedung des Gesetzes das Fehlen einer Härtefallklausel kritisiert. Eine solche wäre dann notwendig, wenn keine Frau für das freigewordene Mandat gefunden werden könnte, die die benötigten Qualifikationen und Kompetenzen besitzt. Dies könnte vor allem den Aufsichtsrat schwächen, der hierdurch eventuell nicht mehr die benötigte Leistungsfähigkeit besitzen würde, um sich vor dem jeweiligen Vorstand behaupten zu können. Neben dieser bestehenden Problematik der Umsetzung im Unternehmen stellt die empfohlene Voraussetzung einer ausreichenden Branchenerfahrung der Mitglieder nach Abschnitt 3 Nr. 11.1 der Empfehlung der Kommission zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern eine weitere Einschränkung für den Aufsichtsrat dar. Aufgrund dieser Empfehlung wird dessen Auswahlermessen weiter verminder. Auch auf europarechtlicher Ebene wird deutlich, dass die deutsche Regierung der fixen Quote den bisherigen europäischen Standard überschreitet, der für eine vorgeschlagene europäische Frauenquote-Richtlinie sowohl eine Härtefallklausel, als auch die Bedingung der gleichen Eignung vorsieht. Bis zur Entscheidung der höchsten Gerichte über diese unsichere Rechtslage muss der Aufsichtsrat in diesem Fall also vertretbare Entscheidungen treffen, die auf das Wohl des Unternehmens abzielen. Dies würde somit bedeuten, dass dem Aufsichtsrat kein pflichtwidriges Verhalten nachgesagt werden könnte, wenn der wie bereits beschriebene Konfliktfall eintreten und der Aufsichtsrat der Hauptversammlung keine weibliche Besetzung für das jeweilige wichtige Kompetenzfeld vorschlagen würde – hier müsste das vorliegende Problem mit Blick auf die verfassungs- und europarechtlichen Einwände geprüft und entschieden werden.

Als kritisch erweist sich die Anwendung der Quote allerdings auch dann, wenn der Aufsichtsrat von der Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausgeht. Das Ziel der Frauenförderung könnte hier in besagtem Härtefall dazu führen, dass das Interesse des Unternehmens gänzlich verdrängt und nur auf die Erfüllung der Quote abgestellt wird.

Fazit

Festzuhalten ist, dass die fixe Geschlechterquote in Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit einer höchstrichterlichen Klärung bedarf, um eine unsichere Rechtslage zu verhindern. Des Weiteren kann die fixe Quote zu einer Blockade der Führungsebene führen, wenn nicht mehr auf Geeignetheit der Mandatsbesetzung abgestellt wird, sondern auf Erfüllung der Quote. Dann geht es nämlich nicht mehr um das Wohl des Unternehmens, sondern um die Frage des Geschlechts. Somit ist zumindest die fixe Geschlechterquote als Hindernis bei der Besetzung des Managements anzusehen. Die weiche Frauenquote hingegen erweist sich als weniger streng und ist daher zur Stärkung des Frauenanteils in Führungsebenen geeignet. Abschließend ist dem Gesetz seine Intention hoch anzurechnen: Die Einführung eines gesellschaftlichen Wandels und vor allem den Anstoß zu einem Umdenken zu geben, das die Gleichbehandlung von Männern und Frauen zumindest in den Managementpositionen beinhaltet.