Am 23.09.2015 urteilte der BGH über den Rechtsstreit zwischen Haribo und Lindt bezüglich des Vertriebs der in Goldfolie verpackten Schokobären. Der Fall wurde in den Medien viel beachtet, auch weil er grundsätzliche Fragen zum Wettbewerbs- und Markenschutzrecht neu entschied oder bestätigte. Wichtig war vor allem die Frage, ob die Rechte an einer Wortmarke durch eine dreidimensionale Figur überhaupt verletzt werden können.

Worum geht es?

Seit Winter 2011 hat Lindt einen Schokoladen“teddy“ in sein Sortiment aufgenommen. Genau wie die firmentypischen Hasen ist auch dieser in Goldfolie gehüllt. Das Markenzeichen der Firma Haribo sind allerdings schon seit den 1960er Jahren Gummibärchen, die unter dem Namen „Goldbären“ vertrieben werden und als Marke bekannt sind. Aus ebendiesem Grund ließ sich Haribo den Namen auch als Wortmarke schützen.

Haribo fordert nun, dass der Teddy wieder aus dem Verkehr genommen wird. Als Grund dafür gibt die Firma an, dass Kunden bei einem goldenen Bären im Süßwarenregal sofort an die Fruchtgummis denken würden. Lindt würde sich somit die bekannte Marke und deren guten Ruf ungerechtfertigterweise zunutze machen.

Lindt bestreitet die Verwechselungsgefahr unter anderem mit der Begründung, dass der Bär als „Teddy“ vertrieben wird. Ebenso weist sie darauf hin, dass der Bär eine Weiterentwicklung der Produktreihe sei, zu der auch der bekannte Goldhase gehört. Schon 2012 wollte Lindt diesen als Marke eintragen lassen, was ihr jedoch verwehrt wurde.

Erwägungen des Bundesgerichtshofs

Das Urteil des BGH wurde vor allem in Hinsicht auf den Vergleich von Wort- und dreidimensionalen Marken mit Spannung erwartet. Bisher gab es dazu keine höchstrichterliche Rechtsprechung und bei früheren Entscheidungen musste auf den Vergleich von Wort- zu bloß eindimensionalen Bildmarken zurückgegriffen werden.

Eine Voraussetzung für den Schutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG, auf den sich Haribo beruft ist grundsätzlich die Verwechslungsgefahr und damit auch Markenähnlichkeit. Denn gerade der gute Ruf einer Firma und ihrer Produkte soll durch das Markenrecht geschützt werden. Schließlich werden große Summen in Werbekampagnen gesteckt, damit der Kunde das Markenprodukt bevorzugt. Gleichzeitig stehen viele Firmen mit ihrem Namen auch für Qualität.
Bringt nun ein Konkurrent ein Produkt auf den Markt, dass dem geschützten Original so ähnlich sieht, dass der Kunde annehmen muss, beide Produkte stammten von dem selben Hersteller, so wird die Verwechslungsgefahr bejaht. Die Unterscheidungskraft, also die Abhebung von den restlichen Produkten in derselben Sparte, muss gefährdet sein. Erst dann kann sich das Unternehmen auf den markenrechtlichen Schutz berufen.

Als Wortmarke gelten Marken, die sich durch bloße Druckschrift darstellen lassen. Es benötigt also nicht mal einer bestimmten Schriftart oder sonstigen Merkmale. Sobald es auf optische Besonderheiten wie Schriftanordnung, -gestaltung oder Farbe ankommt handelt es sich um eine Wort/Bildmarke. Reine Bildmarken wiederum sind alle Abbildungen oder Bilder ohne Wortbestandteile. Oft wird ein nicht schutzfähiges – also ein zu allgemeines – Wort durch die Kombination mit einer Abbildung zu einer schützenswerten Marke. Denn rein beschreibende Wörter kann man sich nicht einfach als Marke schützen lassen. Es bedarf einer gewissen Unterscheidungskraft, also einer bemerkenswerten Besonderheit, bis man sich ein Wort oder eine Grafik  eintragen lassen kann. Damit wird dem Freihaltebedürfnis Rechnung getragen: beschreibende Begriffe und Ähnliches sollen dem Gebrauch durch die Allgemeinheit offen gehalten werden.

In der Entscheidung macht der BGH nun noch einmal deutlich, dass auch bei der dreidimensionalen Ausgestaltung von Produkten für die Annahme von Ähnlichkeit hohe Schranken gelten müssen. Eine Wortmarke sei nur dann geschützt, wenn das Wort die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung der dreidimensionalen Form des Produkts darstelle. Es dürften somit keine weiteren gedanklichen Schritte erforderlich sein, um die Verbindung herzustellen. Der Konsument solle instinktiv an die geschützte Marke denken müssen, wenn er das fremde Produkt sieht. Dieser Grundsatz wurde schon vom EuGH 1997 in der „Sabel“-Entscheidung gefestigt. Dort wurde festgehalten, dass die bloße Möglichkeit der gedanklichen Verknüpfung zweier Marken nicht genügen könne.

Die Ähnlichkeit beurteilt sich grundsätzlich je nach Art des Produkts nach der Ähnlichkeit im Klang, Bild, Bedeutungs- oder Sinngehalt. Entscheidend ist jeweils der Gesamteindruck. Der BGH bestätigt die Ansicht der vorhergehenden Instanzen, dass Form und Farbe geringere Bedeutung bei der Beurteilung zukommen müsse, da diese oft schon durch Funktionalität oder Praktikabilität bei der Herstellung bedingt seien. Gerade wenn auf dem Produkt noch dazu deutlich sichtbar Hinweise auf die Herkunft – wie etwa das Lindt-Logo – aufgebracht seien, könne eine Verwechslungsfähigkeit mit der Wortmarke nicht mehr bejaht werden. Das Landgericht Köln kam noch zu der Auffassung, dass die Ähnlichkeit ausreiche um die Kunden zu täuschen. Als Grundlage dafür nannte es unter anderem den erhöhten Bekanntheitsgrad der Gummibärchen und ihrer Produktgestaltung. Das OLG verwarf diese Ansicht jedoch, da die Bekanntheit zwar ein Faktor für eine höhere Schutzbedürftigkeit, aber nicht alleine entscheidend für die Ähnlichkeit sein könne. Zusätzlich behauptete Haribo, Lindt hätte ihr Produkt nachgeahmt. Dies und der entsprechende Anspruch aus § 4 Nr. 9 UWG, der geltend gemacht wurde, sei ebenfalls aufgrund fehlender Ähnlichkeit zu verneinen.

Grenze und damit auch Grund für die hohen Anforderungen an Schutz für Wortmarken nach dem Markengesetz ist die Ausweitung auf den Motivschutz. Damit soll verhindert werden, dass jemand durch die Eintragung ein Monopol in der Warengestaltung für eine bestimmte generelle Figur – wie hier zum Beispiel den goldenen Bären – hat. Gerade bei Wortmarken, die sehr viel genereller gehalten sind als körperliche Ausfertigungen, ist diese Begrenzung wichtig. Je beschreibender und allgemeiner die Wortmarke desto weniger wahrscheinlich wird der Schutzanspruch aufgrund Ähnlichkeit zu Bild- oder Formausfertigungen anderer Produkte. So wird im vorliegenden Fall deutlich gemacht, dass das strittige Bärenmotiv auch in goldener Farbe und mit roter Schleife um den Hals zu allgemein sei um markenrechtlichen Schutz genießen zu können. Würde dies bejaht werden, so hätte Lindt ein Monopol darauf, Süßigkeiten in goldener Bärenform zu verkaufen. Gerade bei solchen Tierformen, die wohl eins der üblichsten Designs für Süßwaren sind, würde dies alle anderen Unternehmen extrem einschränken und damit den freien Markt beeinträchtigen.
Die bloße Möglichkeit, dass das umstrittene Produkt mit dem Markenwort benannt wird, reicht laut BGH also für einen Schutz nicht aus.

Haribo machte daneben einen Unterlassungsanspruch für die Wortmarke „Gold-Teddy“ geltend, die sie sich erst kürzlich im Juni 2011 hatte eintragen lassen, also kurz nachdem Lindt ihren Teddy auf den Markt gebracht hatte. Hierbei prüfte das Gericht gar nicht erst, ob die Ähnlichkeit zu bejahen sei, da Lindt als Einwand der bösgläubigen Eintragung aus § 8 Abs.2 Nr.10 MarkenG entgegenhalten konnte. Die Geltendmachung des Anspruch würde nach Ansicht des Senats sonst eine wettbewerbswidrige Behinderung nach § 3 UWG i.V.m. § 4 Nr. 10 UWG darstellen. Man will nicht, dass die Eintragung von Marken als Blockadeinstrument dient.
Der BGH bejahte dies hier, da die Eintragung erst erfolgte, als der Verkauf der Schokoladenbären durch Lindt begann und Haribo keine Produkte mit dem Namen „Gold-Teddy“ in seinem Sortiment hatte. Das Gericht merkte dazu an, dass ein Interesse an weiterreichendem Schutz der Eigenmarke eine solche Eintragung sehr wohl rechtfertigen könne. Dabei müsse die neu eingetragene Marke aber schon ein bekanntes Zeichen sein. Weitere Ausführungen dazu unterließ es jedoch.

Bedeutung für die Praxis

Mit dem Urteil zeigt der BGH auf, dass der Schutz bei Wortmarken grundsätzlich soweit gehen kann, dass er auch dreidimensionale Darstellungen erfasst. Dies darf allerdings nur in seltenen Fällen und unter strengen Voraussetzungen der Fall sein. Durch die Rechtsprechung wird verdeutlicht, dass man die voreilige Monopolisierung durch eingetragene Marken verhindern will. Dieser Schutzgedanke zeigt sich auch in den Erwägungen zu § 4 Nr. 10 UWG, in dem der BGH die missbräuchliche Eintragung von Marken zur bloßen Behinderung von anderen Marktteilnehmern thematisiert. Es wird deutlich, dass immer ein berechtigtes, konkretes Interesse am Schutz der Eigenmarke bestehen muss. Die Eintragung von allen damit irgendwie assoziierten Begriffen wird als wettbewerbswidrig angesehen und ist somit zu unterlassen.

Für die Unternehmen ist der Markenrechtsschutz ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Sie schützen den Bekanntheitsgrad und damit den Wiedererkennungswert bei den Kunden. Markenrechtliche Abmahnungen gelten als zeit- und kostengünstiges Instrument, da sie die Konkurrenz blockieren können. Genau diesem Faktor wirkte der BGH nun entgegen und sichert damit den freien Markt. Für die meisten kleineren Unternehmen dürfte das Urteil eine positive Nachricht sein, da sie bei der Bejahung eines übermäßigen Schutzes sehr viel mehr Vorsicht bei der Ausgestaltung von neuen Produkten hätten walten lassen müssen. Eine übermäßige Ausweitung des Schutzes würde eine riesige Klagewelle auslösen können.