Das LG Detmold hat im Juli 2015 entschieden, dass ein Abiturjahrgang als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelte. Ein Abiturballkomitee buchte für die Abiturfeier eines Abiturjahrgangs eine Band, kurz nach Vertragsschluss kündigte das Komitee den Vertrag. Die Band verlangte die vereinbarte Gage und verklagte den gesamten Abiturjahrgang – teilweise mit Erfolg. Damit liegt eine weitere Entscheidung zu den Gelegenheitsgesellschaften des alltäglichen Lebens vor.

Rückt der Abiturabschluss näher bilden Schüler an Gymnasien Komitees und finden sich zur gemeinsamen Planung zusammen. Es werden Abiturzeitungen verfasst, einheitliche T-Shirts werden gedruckt und Veranstaltungen geplant. Alles für das gleiche Ziel, um den gemeinsamen Abschluss zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Inwieweit die Schüler im Zuge rechtlicher Konsequenzen Verantwortung für ihr Handeln tragen müssen, ist Inhalt der Entscheidung des LG Detmold. In dem vorliegenden Fall haben sich drei Schüler eines Abiturjahrgangs in einem Abiturballkomitee zusammen gefunden. Das Komitee buchte für die Abiturfeier eine Band, bestehend aus fünf Musikern und einer Sängerin. Am 2. Mai 2014 schlossen die Parteien einen Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB. Es wurde eine Gage in Höhe von 1.800 € für den Auftritt in einem Hotel vereinbart. Wenige Tage später sagten die Schüler der Band ab. Die Band richtete ihre Klage an den gesamten Abiturjahrgang. Mit welchen Folgen?

Entstehung einer GbR

Die entscheidende Frage ist darin zu sehen, ob der von der Band verklagte Abiturjahrgang eine GbR nach den §§ 705 ff. BGB darstellt. Das LG Detmold bestätigt die Entstehung einer Gesellschaft. Nach dem § 705 BGB setzt eine Gesellschaftsgründung den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages voraus und die Gesellschafter verpflichten sich, einen gemeinsamen Zweck zu erreichen. Der Gesellschaftsvertrag sieht hierbei keine Form vor, er kann auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Wie steht es um den Abiturjahrgang? Das LG Detmold sieht in der Organisation der Abiturfeier einen gemeinsamen Zweck, die Schüler haben schlüssig als GbR gehandelt.

Jedem Schüler müsste bei dieser Argumentation ein Rechtsbindungswille zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zukommen. Das AG Detmold, welches erstinstanzlich über den Fall entschieden hat, verneinte die Entstehung einer GbR. Es fehle an einem entsprechenden Willen des gesamten Jahrgangs, sich zur Förderung des Abiturballs zu verpflichten. Damit sei keine GbR entstanden und könne auch nicht verklagt werden. Das sieht das LG Detmold anders.

Liegt eine Außen-GbR vor?

Nachdem die Frage beantwortet wurde, ob eine GbR entstanden ist, stellt sich als nächstes das Problem der Haftung. Hierbei kommen die Begriffe der Innen- und der Außen-GbR ins Spiel. Generell kann eine GbR als Innen- oder Außengesellschaft vorliegen. Die §§ 705 ff. BGB gehen von der grundsätzlichen Form der Außen-GbR aus. In diesem Fall nimmt die Gesellschaft selbst am Rechtsverkehr teil und sie wird von den Gesellschaftern nach den §§ 709 Abs. 1, 714 BGB als solche vertreten. Die Innen-GbR tritt dagegen nicht als Gesellschaft nach außen auf, es findet keine Teilnahme am Rechtsverkehr statt. Die Gesellschafter verpflichten sich, den gemeinsamen Zweck zu erreichen, allerdings werden sie mit keiner Vertretungsmacht ausgestattet. Das bedeutet, dass die Gesellschafter in eigenem Namen handeln.

Wie steht es um die Gelegenheitsgesellschaften des täglichen Lebens? Werden Geschäfte im alltäglichen Leben abgewickelt, ist zumeist die Frage der Haftung problematisch. Oft wissen wir gar nicht, dass wir Gesellschaften gründen und sind überrascht über die Konsequenzen unseres Handelns. Dabei gründen wir oft Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Wie sieht es beispielsweise mit der Wohngemeinschaft aus, in der wir leben? Wenn wir Fahrgemeinschaften bilden, liegt eine Gesellschaftsgründung vor? Das ist in der Tat der Fall. Ein Gesellschaftsvertrag wird auch hier, meist in konkludenter Form, abgeschlossen und ein gemeinsamer Zweck wird gefördert. Diese Gesellschaften werden für einen vorübergehenden Zeitraum gegründet. Mit der Ausrichtung des Abiturballs liegt so ein vorübergehender Zweck vor. Idealerweise sollen Gelegenheitsgesellschaften nur als Innen-GbR eingestuft werden.

Die Band hat den gesamten Abiturjahrgang als GbR verklagt. Das ist aber nur dann möglich, wenn eine Außen-GbR vorliegt, die durch Teilnahme am Rechtsverkehr Rechte und Pflichten begründet und von ihren Gesellschaftern nach außen hin vertreten wurde.

Hat im vorliegenden Fall der Abiturjahrgang als Außen-GbR am Rechtsverkehr teilgenommen? Hierfür müsste die Gesellschaft als solche gehandelt haben. Das heißt, dass der Vertrag bspw. im Namen der GbR geschlossen wurde. Die vom Kläger in Anspruch genommene „Abiturjahrgang 2014 Gymnasium L Jahrgangstufe 12 GbR“ sei nach Ansicht des AG Detmold nicht nach außen in Erscheinung getreten. Das Landgericht stellt bei seiner Entscheidung zu diesem Punkt darauf ab, dass die Schüler für die Organisation der Abiturfeier bereits ein Hotel gebucht und hierfür einen Vertrag geschlossen haben, wo die Band auftreten sollte. Aufgrund dessen sei laut Ansicht des Gerichts eine Außen-GbR hervorgegangen.

Ein kritischer Aspekt besteht hinsichtlich der Vertretungsmacht. Grundsätzlich wird eine GbR durch sämtliche Gesellschafter vertreten gemäß der §§ 709 Abs. 1, 714 BGB. Das würde im vorliegenden Fall bedeuten, dass der gesamte Jahrgang die Geschäfte der GbR gemeinschaftlich führt. Hier sind drei Schüler des Jahrgangs als Komitee tätig geworden, sie haben sowohl das Hotel als auch die Band gebucht. Durften die Schüler die Geschäfte für die GbR vornehmen? Das LG Detmold argumentiert mit der Übertragbarkeit der Geschäftsführung und der Bevollmächtigung nach den §§ 710 ff. BGB. Die Schüler seien befugt gewesen, die Geschäfte für den Abiturjahrgang als Gesellschaft auszuführen.

Ergebnis der Entscheidung

Was sind nun die Konsequenzen für den Abiturjahrgang? Das Landgericht hat entschieden, dass die Band die vereinbarte Vergütung nach § 649 S. 2 BGB verlangen könne. Allerdings sei die gesetzliche Vermutung nach § 649 S. 3 BGB von Bedeutung, wonach dem Kläger nur 5 % der Vergütung zusteht. Einen höheren Schaden habe der Kläger nicht bewiesen. Der Abiturjahrgang muss der Band daher 90 € zahlen.

Welche Folgen hat das Urteil?

Die Entscheidung des LG Detmold war von dem Gedanken getragen, dass die Schüler als Gemeinschaft solidarisch für ihr Handeln haften müssen. Der Vertragspartner durfte den Abiturjahrgang verklagen und hat damit eine anteilige Vergütung erhalten. Denn der Anspruch bestand nach § 649 S. 2 BGB, die Frage war nur, an wen die Band die Klage richten konnte. In dem Sinne hat das LG Detmold das Interesse der Band höher gestellt und appelliert an die Teilnehmer im Rechtsverkehr, sich über ihr rechtsgeschäftliches Vorgehen bewusst zu sein.

Ob der gesamte Abiturjahrgang allerdings als GbR gilt, ist zweifelhaft. Ein Abiturjahrgang besteht aus ungefähr 50 bis 150 Schülern je nach Größe der Schule. Der Gedanke des LG Detmold, es handle sich hierbei um eine Gesellschaft, die durch das Abiturballkomitee nach außen hin wirksam vertreten wurde, wirft einige Fragen auf. Der problematischste Punkt ist hierbei, dass das Landgericht den vorliegenden Sachverhalt nicht ausreichend würdigt. Wann sich der gesamte Jahrgang konkludent zur Ausrichtung der Abiturfeier geäußert und hierdurch eine GbR gegründet haben soll, lässt das LG Detmold offen. Fand eine Abstimmung zur Abiturfeier oder eine Wahl des Komitees statt? Inwiefern das Landgericht eine Verbindung von den Schülern des Komitees zu dem gesamten Jahrgang sieht, wird nicht ausreichend geklärt. Hat wirklich eine „Abiturjahrgang-GbR“ den Vertrag als solche mit der Band geschlossen? Welche Argumente bringt der Kläger hierfür vor? Die Begründung der Entscheidung weist Lücken auf. Dem gesamten Abiturballjahrgang kann kein Rechtsbindungswille zugesprochen werden. Die Frage, ob der gesamte Abiturjahrgang eine GbR darstellt, muss verneint werden.

Darüber hinaus wendet das LG Detmold die allgemeinen Maßstäbe zu den Gelegenheitsgesellschaften nicht an. Diese sollen idealerweise nicht als solche am Rechtsverkehr teilnehmen. Das dient dem Schutz des Rechtsverkehrs und dem Umstand, dass keine feste Verbandsstruktur vorliegt. Das AG Menden hat im Januar 2013 entschieden, dass beispielsweise eine Facebook-Gruppe keine GbR darstelle, da die Mitglieder keine vermögenswerte Leistungen zum Gesellschaftszweck beitragen und der Rechtsbindungswille nicht gegeben sei. Der Oberregierungsrat Dr. Michael Hippeli äußert sich in den Anmerkungen zu dem Urteil des LG Detmold und stuft die Entscheidung als eine „Ausreißerentscheidung“ ein. Das Urteil des Landgerichts wird an den allgemeinen Maßstäben zu den Gelegenheitsgesellschaften nichts ändern.

LG Detmold, Urteil vom 8.7.2015 – 10 S 27/15, NJW 2015, 3176