Das Recht der Insolvenzanfechtung wird reformiert. Die Bundesregierung hat am 29. September einen entsprechenden Regierungsentwurf verabschiedet. Worum geht es?

Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung

Kern des Reformvorhabens ist § 133 InsO. Danach sind Rechtsgeschäfte anfechtbar, die der Schuldner in den letzten 10 Jahren vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen hat, wenn er den Vorsatz hatte, seine Gläubiger zu benachteiligen und der andere Teil diesen Vorsatz kannte.
Die Rechtsprechung hat eine solche Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz schon dann angenommen, wenn ein Gläubiger mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen hatte, obwohl das teilweise einen ganz geschäftsübliches Gebaren ist. Ebenfalls anfechtbar waren Zahlungen von Arbeitsentgelt, wenn der Arbeitnehmer aus verzögerten Zahlungen annehmen konnte, dass sein Arbeitgeber bereits insolvenzreif war und die Zahlung an den Arbeitnehmer dementsprechend die anderen Gläubiger benachteiligte.
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz liegt schließlich immer dann vor, wenn die Leistung an einen Gläubiger die Mehrheit der anderen Gläubiger benachteiligt, die Masse insoweit also verkürzt. Lediglich dann, wenn eine gleichwertige, für die Fortsetzung des Betriebes wesentliche Gegenleistung in das Vermögen des Insolvenzschuldners gelangt, fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung und daher auch am entsprechenden Vorsatz.
Diese Rechtsprechung war für die Gläubiger von Unternehmen, die sich möglicherweise nur kurzzeitig in Schwierigkeiten befinden, höchst problematisch: Gingen sie auf Ratenzahlungsvereinbarungen oder ähnliche Erleichterungen nicht ein, verursachten sie vielleicht gerade erst die Insolvenz. Waren sie auf der anderen Seite kooperationsbereit, so riskierten sie für lange Frist, das Erhaltenen noch zurückzahlen zu müssen. Zudem waren alle Nutzungen herauszugeben und erhaltene Zahlungen waren unabhängig von einer Mahnung mit 5 % zu verzinsen, weil die Regeln über den bösgläubigen Bereicherungsschuldner anwendbar sind (§ 143 Abs. 1 S. 2 InsO).

Bargeschäftsprivileg

Nach § 142 InsO ist nicht einmal das Bargeschäftsprivileg auf die vorsätzliche Benachteiligung anwendbar. Das bedeutet, dass sogar eine Leistung, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, anfechtbar sein kann, wenn Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gegeben ist. Lediglich dann, wenn eine gleichwertige, für die Fortsetzung des Betriebes wesentliche Gegenleistung in das Vermögen des Insolvenzschuldners gelangt, fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung und daher auch am entsprechenden Vorsatz. Sogar dann also, wenn der Gläubiger seine Leistung von erbracht hat, riskiert er, bis 10 Jahre in die Vergangenheit, das Erhaltene noch zurückgeben zu müssen.

Der Inhalt des Gesetzesentwurfs

Hierauf reagiert nun der Gesetzgeber mit einem Entwurf, der folgende Kernregelungen enthält:

  • Die Frist für die Anfechtung wegen gläubigerbenachteiligenden vorsätzlichen Handlungen wird auf 4 Jahre verkürzt. Ausgenommen davon sind lediglich Bankrotthandlungen und andere nicht schutzwürdige Verhaltensweisen, wie bewusste Vermögensverschiebungen zu Lasten der Gläubiger.
  • Bargeschäfte sind nur noch dann vom Bargeschäftsprivileg ausgenommen, wenn der Schuldner unlauter handelte und der Gläubiger dies erkannt hat.
  • Anders als bislang sollen Leistungen, auf die der Gläubiger einen Anspruch hat (kongruente Deckung) grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger wusste, dass der Schuldner zahlungsunfähig war. Die Kenntnis der bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit soll, anders als zur Zeit, nicht mehr genügen.
  • Die Beweislast zugunsten von Gläubigern, die dem Schuldner Zahlungserleicherungen gewähren, wird umgekehrt. Wenn sie nach einer solchen Vereinbarung Zahlungen erhalten, wird vermutet, dass sie die Zahlungsunfähigkeit ihres Schuldners nicht kannten. Will der Verwalter die Zahlung anfechten, muss er die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit beweisen.
  • Zum Schutz von Arbeitnehmern, die Arbeitslohn verzögert erhalten, soll gesetzlich klargestellt werden, dass ein (hinsichtlich der Insolvenzanfechtung nach § 142 InsO privilegiertes) Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung drei Monate nicht übersteigt.
  • Anfechtungsansprüche werden nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder ab Klageerhebung verzinst.