Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit oder auch Zeitarbeit, alles Synonyme für den Verleih von Arbeitnehmern. Geregelt wird dieses Arbeitsverhältnis vor allem in dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz kurz AÜG, in welchem es in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG seit 2011 ausdrücklich heißt, dass der Einsatz von Leiharbeitern nur vorübergehend sein darf. Aber wie ist diese Einschränkung auszulegen und warum ist es überhaupt von Bedeutung, der Arbeitnehmerüberlassung Schranken zu setzen.

Die Leiharbeit soll den Arbeitgebern die Möglichkeit bieten Auftragsspitzen abzudecken ohne dabei ein hohes Unternehmensrisiko einzugehen. Das AÜG, welches im Jahr 1972 erlassen wurde, unterlag seitdem diversen Novellierungen die als Folge zu einem exorbitanten Lohndumping, als auch zu einem exponentiellen Wachstum der Anzahl der Leiharbeitnehmer sowie der Arbeitnehmerüberlassungen führten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Ruf der Leiharbeit bis ins tiefste Mark geschädigt und die Stimmen der Kritiker wurden lauter. Auf Grundlage der EU-Richtlinie zur Leiharbeit wurde das AÜG im Jahr 2011 reformiert und die Leiharbeit wurde nach Wortlaut der Norm als vorübergehend definiert, also zeitlich einschränkt, oder? Seither stagniert die Anzahl der beschäftigten Leiharbeitnehmer, was auch auf die im Jahr 2012 erlassene Rechtsverordnung über die Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche zurückzuführen sein könnte. Das Motiv zum Einsatz von Leiharbeitern hat sich jedoch seit Erlass des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG kaum verändert, weiterhin üben Leiharbeiter auch Tätigkeiten aus, die einem Stammarbeitnehmer vorbehalten sein sollten und werden nicht ausschließlich zeitlich befristet eingesetzt. Dies wirft die Frage auf, was der Gesetzgeber unter dem Begriff „vorübergehend“überhaupt versteht. Die Auslegung erfolgt nun durch die Rechtsprechung.

So kann der Betriebsrat einer Teilung der Belegschaft in Leiharbeiter und Stammarbeitnehmer einen Riegel vorschieben, indem er die Zustimmung zur Einstellung eines Leiharbeiters für nicht nur vorübergehende Zwecke, aufgrund eines dadurch vorliegenden Gesetzesverstoßes gem. § 14 Abs. 3 AÜG i.V.m. § 99 BetrVG, verweigert. Mit dem Beschluss des BAG vom 10.07.2013- 7 ABR 91/11, der genau diese rechtliche Stellung des Betriebsrates stärkt, wird bestätigt, dass die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates durchaus gerechtfertigt ist, wenn dadurch die Einstellung eines Leiharbeitnehmers für einen nicht nur vorübergehenden Einsatz verhindert werden kann. Die Entscheidung des BAG ist ein bedeutender Schritt zur Konkretisierung des Begriffes „vorübergehend“ aus § 1 Abs. 1 S. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Denn im Gegensatz zu den Vorinstanzen bejahte das BAG mit seinem Beschluss einen Gesetzesverstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, wenn der Arbeitgeber einen Leiharbeiter zeitlich unbegrenzt einstellen möchte. Damit widersprach das BAG dem Tenor der beiden Vorinstanzen und widerrief die Ersetzung der Zustimmung des ArbG Braunschweig, welche der Arbeitgeber nach § 99 Abs. 4 BetrVG grundsätzlich beantragen kann in Fällen, in denen die Zustimmung durch den Betriebsrat verweigert wurde. Rechtsfolge des Beschlusses ist, dass die Arbeitgeberin keine Leiharbeitnehmerin für eine zeitlich unbegrenzte Stelle, welche gleichermaßen einen Stammarbeitsplatz schaffen könnte, einstellen durfte. Ferner wurde vorübergehender Einsatz dahingehend ausgelegt, dass es wenigstens nicht einen zeitlich komplett unbegrenzten Einsatz bedeuten darf. Der Auslegung des Begriffes „ vorübergehend“ des BAG schlossen sich bereits andere Gerichte an und versuchten abermals eine Konkretisierung. So spricht das LAG Schleswig Holstein in seinen Leitsätzen des Urteils vom 8. Januar 2014 – 3 TaBV 43/13 davon, „ … dass je nach Fallkonstellation sowohl eine personenbezogene als auch eine aufgabenbezogene Betrachtung zu erfolgen hat und ein Leiharbeitnehmer bei objektiv dauerhaft anfallender Arbeit nur zu deren aushilfsweiser Wahrnehmung herangezogen werden darf…“ Andere Rechtsquellen legen vorübergehend so aus, dass bereits ein Einsatz von Leiharbeitnehmern auf einen Stammarbeitnehmerplatz der gesetzlichen Einschränkung von Leiharbeit widerspricht. Stammarbeitsplätze sollen von Stammarbeitnehmern besetzt werden. Würde dieser Einschränkung der Leiharbeit widersprochen werden, könnten Arbeitgeber durch den Einsatz von Leiharbeitern anstelle von Stammarbeitern die Kündigungsfristen umgehen und das Kündigungsschutzgesetz würde auf dem Arbeitsmarkt in diesen Fällen an Bedeutung verlieren. Auch der EuGH ließ bislang die Frage offen, wie vorübergehend auszulegen sei und verwies auf den Regelungsspielraum der Mitgliedsstaaten, Einschränkungen der Leiharbeit in ihren Gesetzen zu implementieren und etwaige Sanktionen zu bestimmen.  Eine starre Auslegung des Begriffes vorübergehend wird es wohl nicht geben, da jeder Fall individuell beurteilt werden muss. Das Rätsel, wie lange „vorübergehend“ ist und ob eine dauerhafte Überlassung zulässig ist, bleibt ungelöst. Kritiker der Einschränkung der Arbeitnehmerüberlassung argumentieren mit einem erhebliche Ungleichgewicht zwischen der freien Marktwirtschaft und dem Sicherheitsgedanken hinter den Regulierungen zur Leiharbeit. Andererseits müssen Einschränkungen existieren, um dem Missbrauch der Leiharbeit Herr zu werden.

Beim Thema Arbeitnehmerüberlassung scheiden sich eben die Geister. Zum Einen bietet sie den Arbeitgebern eine flexible Lösung für die Abdeckung kurzfristiger Auftragsspitzen oder krankheitsbedingter Ausfälle von Stammmitarbeitern, zum Anderen wird es von Gegnern als moderne Art der Sklaverei betitelt und assoziiert Unterbezahlung und Ausbeutung bei ihnen. In einem wird sich die Mehrheit jedoch einig sein: Eine Aufspaltung der Belegschaft eines Unternehmens in Zeitarbeiter und Stammarbeiter muss verhindert werden.

Mit der Entscheidung hat das BAG die Rechte des Betriebsrates gestärkt, welcher als Arbeitnehmervertretung nun gegen den Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung angehen kann.