Nach § 550 BGB sind langfristige Mietverträge mit einer festen Laufzeit von mehr als einem Jahr jederzeit ordentlich kündbar, wenn sie die gesetzliche Schriftform des § 126 BGB  nicht einhalten. Praktisch bedeutet das eine Möglichkeit, sich von einem lästig gewordenen Vertrag vorzeitig zu lösen, wenn der Vertrag oder nachträgliche Änderungen einen Formfehler haben. Dagegen entwickelte die Praxis sog. Schriftformheilungsklauseln, die die Kündigungsmöglichkeit einschränken sollen. Damit befasst sich vorliegender Beitrag. Wann gilt ein Schriftformerfordernis für langfristige Mietverträge, welche vertraglichen Regelungen sind möglich und was bedeutet das für die vorzeitige Kündbarkeit des Vertrags?

Die vorzeitige Kündbarkeit von langfristigen Mietverträgen bei Nichteinhalten der Schriftform

Hat ein Mietvertrag über ein Grundstück eine feste Laufzeit, die länger ist als ein Jahr, so muss er schriftlich geschlossen werden. Fehlt es daran, so ist der Vertrag nicht nach § 125 BGB nichtig, aber er kann ordentlich gekündigt werden. Für Gewerberäume heißt das, dass am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs gekündigt werden kann (§ 580 a II BGB). Für Wohnräume spielt § 550 BGB keine oder nur eine geringe Rolle, weil der Vertrag nach § 573 BGB ohnehin nur bei berechtigtem Interesse an der Beendigung des Mietvertrages gekündigt werden kann.

Wie wird die Schriftform eingehalten?

Das Schriftformerfordernis setzt voraus, dass die Erklärungen in einer einheitlichen Urkunde enthalten sind (Urkundeneinheit) und dass der Vertrag die Originalunterschriften beider Parteien trägt. Praktisch bedeutsam ist insbesondere die Urkundeneinheit, weil eine einheitliche Urkunde generell nur vorliegt, wenn die Bestandteile des Vertrages so miteinander verbunden sind, dass sie nur unter Zerstörung voneinander gelöst werden können. Das bedeutet zunächst einmal, dass die Vertragsseiten genietet oder zusammengenäht sein müssen. Heftklammern sind nicht geeignet, es sei denn, die geheftete Stelle würde durch Stempeln oder in ähnlicher Weise vor dem Auseinandernehmen geschützt. Diese sehr strenge Sichtweise hat der Bundesgerichtshof allerdings für den Ausgangsvertrag schon im Jahr 1997 durch die so genannte „Lockerungsrechtsprechung“ erleichtert. Die körperliche Verbindung ist danach nicht mehr unbedingt erforderlich. Es genügt, wenn sich die Einheitlichkeit aus fortlaufender Paginierung, Nummerierung der Bestimmungen, einheitlicher grafischer Gestaltung und inhaltlichem Zusammenhang des Textes zweifelsfrei ergibt.

Änderungsverträge

Problematisch bleiben Änderungs-und Ergänzungsverträge, bei denen die Zusammengehörigkeit auf diesem Weg nicht erkennbar ist. Auch hier schafft die Rechtsprechung eine gewisse Entlastung dadurch, dass sie für lediglich untergeordnete Änderungen oder Klarstellungen, die nicht von wesentlicher Bedeutung sind, die Einhaltung des Schriftformerfordernisses nicht verlangt. Aber auch bei Änderungsvereinbarungen müssen sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH zumindest alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere der Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses, aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergeben. Ist das nicht der Fall, so ist die Schriftform nicht eingehalten. Änderungs- und Ausgangsvertrag müssen nicht zwingend miteinander körperlich verbunden werden. Es reicht nach der Rechtsprechung des BGH, wenn die Einheit der Urkunde durch die bloße gedankliche Verbindung hergestellt wird. Das kann man dadurch erreichen, dass der Änderungsvertrag zweifelsfrei auf den Ausgangsvertrag Bezug nimmt.

Schutz durch Schriftformheilungsklauseln?

Es verbleiben aber Risiken, etwa wenn die Vertragspartei ausgewechselt wird, wenn Änderungen am Mietobjekt vereinbart werden (zusätzliche Parkplätze oder zusätzliche Flächen) oder wenn der Mietzins bzw. seine Fälligkeit modifiziert werden.

Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass die Vertragsgestaltung versucht, das Risiko der vorzeitigen Beendigung des Vertrages durch geschickte Vertragsgestaltung zu umgehen. Üblich ist, so genannte Schriftformheilungsklauseln zu verwenden. Gegenstand der Rechtsprechung war etwa folgende Klausel:

Den Mietvertragsparteien sind die besonderen gesetzlichen Schriftformerfordernisse der §§ 550, 126 BGB bekannt. Sie verpflichten sich hiermit gegenseitig, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun, und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen. Dies gilt nicht nur für den Abschluss des Ursprungsvertrages/Hauptvertrages, sondern auch für Nachtrags-, Änderungs- und Ergänzungsverträge.

Ist ein solcher Passus im Vertrag enthalten, so handelt die Partei treuwidrig, die die Erfüllung der entsprechenden Verpflichtung verweigert und unter Berufung auf die fehlende Schriftform den Vertrag vorzeitig kündigt. Die Klausel ist also zunächst einmal wirkungsvoll.

Keine Bindung des Grundstückserwerbers!

Diese Wirksamkeit ist jedoch eingeschränkt. Die Klausel wirkt nämlich nur zwischen den Parteien des Mietvertrages und bindet den Rechtsnachfolger des Vermieters nicht. Das wäre für den Mieter aber unbedingt erforderlich, weil bei Erwerb eines vermieteten Grundstücks nach § 566 BGB der Erwerber in die Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses eintritt.

Der Bundesgerichtshof  hat die Wirksamkeit dieser Klauseln gegenüber dem Grundstückserwerber verneint. Die überzeugende Begründung ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 550 BGB: Die Vorschrift soll den Erwerber des Grundstücks davor schützen, dass er mit dem Grundstückserwerb ihm unbekannte und nicht erkennbare Verpflichtungen eingeht. Nur das, was schriftlich niedergelegt ist und daher durch Einsicht in die Vertragsurkunde erkennbar ist, soll den Erwerber dauerhaft binden. Diesem gegenüber kann daher das Schriftformerfordernis nicht durch Vereinbarung mit dem ursprünglichen Vermieter abbedungen werden.

Eine Entscheidung des OLG Frankfurt vom Februar 2015 bestätigt das Ergebnis. Hier wird zudem klargestellt, das für den Mieter als ursprüngliche Vertragspartei eine Berufung auf die fehlende Schriftform selbst dann ausgeschlossen ist, wenn ihm unterdessen ein Erwerber gegenübersteht, für den die Schriftformheilungsklausel nicht gilt. Das sei keine unangemessene Benachteiligung der anderen Vertragspartei und damit wirksam.

Gefahr: Formnichtigkeit

Ergänzt man die Schriftformheilungsklausel um ein allgemeines Schriftformerfordernis, so ist das nicht ohne Gefahr: Nach § 125 Satz 2 BGB ist schließlich der Mangel der gewillkürten Form im Zweifel ein Nichtigkeitsgrund. Das Schriftformerfordernis des § 550 BGB hat diese Rechtsfolge nicht. Führt man ein zusätzliches Schriftformerfordernis ein, so muss man also zumindest klarstellen, dass Folge des Verstoßes nicht die Nichtigkeit des Geschäftes, sondern lediglich ein Anspruch auf Nachholung der Beurkundung sein soll. Anderenfalls kann die gut gemeinte Klausel mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften.

Fazit

Die Schriftform und ihre Einhaltung bleiben also weiterhin ein Thema beim Abschluss langfristiger Gewerbemietverträge. Eine Schriftformheilungsklausel sollte in den Vertrag unbedingt aufgenommen werden, wenn sie auch nur eingeschränkt wirksam ist. Aus meiner Sicht könnten dagegen allgemeine Schriftformklauseln ein Risiko darstellen und sollten daher vermieden werden. Mit ihnen ist die Gefahr verbunden, dass der Vertrag insgesamt als unwirksam angesehen wird.