„Punktuelle Weiterentwicklung“. Mit diesem Ziel reichte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes beim Bundestag ein. Innerhalb der letzten zehn Jahre wäre es die dritte Novellierung des Aktienrechts.  Nach den vorangehenden Novellerierungen in 2005 mit das UMAG und 2009 mit ARUG soll die aktuelle Aktienrechtsnovelle, die im April 2014 vorgestellt und der im Januar 2015 beschlossene Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Aktienrechts (Aktienrechtsnovelle 2014) das Aktienrecht „punktuell weiterentwickeln“. Was hierdurch genau geändert, gestrichen oder neu eingeführt werden soll, wird in dem folgenden Artikel weiterausgeführt.
Dieser Artikel befasst sich mit den wesentlichen Neuerungen der Aktienrechtsnovelle 2014. Hierzu werden zunächst die augenscheinlichen Probleme der jetzigen Fassung der jeweiligen Normen aufgezeigt, die Ist-Situation sowie die Kritik an dieser Situation dargestellt und die angestrebte Fassung mit den Gesetzeszielen vorgestellt.

Transparenz der Beteiligungsverhältnisse

In der jetzigen Fassung des § 10 AktG  können Wertpapiere in Form von Namen- oder Inhaberaktien durch eine Aktiengesellschaft an ihre Anteilseigner herausgegeben werden. Diese stellen einen Bruchteil des Grundkapitals der Aktiengesellschaft dar. Inhaberaktien verbriefen, wie alle anderen Aktienformen auch, die Mitgliedschaftsrechte an der jeweiligen Aktiengesellschaft. Das Problem bei Inhaberaktien besteht darin, dass bei deutschen nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften unter bestimmten Umständen möglich ist anonym zu bleiben. Dies ist auch § 20 Abs. 1 AktG zurückzuführen. Hiernach besteht eine Meldepflicht von Halter von Inhaberaktien erst bei der Überschreitung des Schwellenwerts von 25 %.
Auf internationaler Ebene, insbesondere durch die Action Task Force On Money Laudering (FATF), eine zwischenstaatliche Organisation zur wirksamen Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, wird diese nationale Regelung kritisiert, da dadurch keine ausreichenden Gesellschafterinformationen vorliegen und die Identifizierung der „anonymen“ Aktionäre unmöglich sei. Auch in der Begründung zum Regierungsentwurf wird angeführt, dass bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft mit Inhaberaktien für kriminelle Handlungen im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besonders anfällig sind.
Aus diesem Grund soll § 20 AktG insofern geändert werden, dass Inhaberaktien girosammelverwahrt sein müssen, dafür soll eine Sammelurkunde bei der Wertpapiersammelbank hinterlegt werden. Zusätzlich soll es Aktionären unmöglich werden Einzelverbriefungen zu verlangen. Um dies zu gewährleisten müsste § 24 AktG ausnahmslos gestrichen werden, damit Satzungen weder den Tausch von Namens- in Inhaberaktien, noch andersrum, erlauben. Doch auch börsennotierte Unternehmen mit Inhaberaktien müssten diese Änderung beachten, wenn ihre Satzung keine Einzelverbriefung ausschließt und sie ihre Börsenzulassung verliert. Unter diesen Umständen müssten Namensaktien ausgestellt werden.
Auch in den seit Bekanntmachung des Gesetzesentwurfs publizierten Artikeln wird dieses Thema stark diskutiert. Beispielsweise führt Noack im Handelsblatt an, dass die Neuregelung eine „Immobilisierung“ der Inhaberaktien darstelle und gleichzeitig bezweifelt er Nutzbarkeit dieser Aktien für illegale Handlungen zumal in der Begründung auch keine weiteren Angaben zu dieser Aussage angeführt werden.
Ziel dieser Änderung ist Transparenz der Beteiligungsverhältnisse bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften zu schaffen und hierdurch die Ausnutzung der Inhaberaktien für illegale Handlungen zu unterbinden.

Nachweisstichtag für Namensaktien

Besitzer von Aktien können an der Hauptversammlung teilnehmen. Bei börsennotierten Unternehmen kann die Ausübung des Stimmrechtes von der Anmeldung der Aktionäre zur Hauptversammlung abhängig gemacht werden. Bei der Voraussetzung zur Anmeldeberechtigung wird allerdings zwischen Inhaber- und Namensaktie differenziert.

Während Halter von börsennotierten Inhaberaktien nach § 123 AktG zu Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung ihre Inhaberschaft nachweisen müssen, ist für börsennotierte Namensaktien ausschlaggebend, wer sich als sein Besitzer im Aktienregister am Tag der Hauptversammlung ergib.
Für Besitzer von Namensaktien wird in der Praxis in der Regel ein Umschreibestopp für Namensaktien meist nicht weiter als 7 Tage vor der Hauptversammlung festgelegt. Vor allem ausländische Investoren haben diesen Umschreibungsstopp als Aktiensperre verstanden. Aus diesem Grund nahmen sie oft nicht an Hauptversammlungen teil.
Dem § 123 AktG soll ein vierter und fünfter Absatz hinzugefügt werden, der verdeutlicht, dass es darauf ankommt, wer als Aktienbesitzer im Aktienregister eingetragen ist und einen gesetzlich zwingenden Nachweisstichtag für börsennotierte Namensaktien festlegt, der sich ebenfalls auf den 21. Tag vor der Hauptversammlung beläuft. Mit der neuen Regelung soll ein einheitlicher Nachweisstichtag für börsennotierte Inhaber- und Namensaktien geschaffen werden, um dank der Klarstellung (Abs. 4) und der Vereinheitlichung (Abs. 5) eine höhere Teilnahme der Aktionäre an der Hauptversammlung zu erreichen.
Die Reaktionen auf diese Neuerung fallen unterschiedlich aus. So begrüßen beispielsweise der Bundesverband der Deutschen Industie e.V. und Deutscher Anwaltsverein die Einführung eines einheitlichen Nachweisstichtages, erachten jedoch die Gleichstellung von Inhaber- und Namensaktien hinsichtlich der Fristlegung auf den 21. Tag vor der Hauptversammlung weder als notwendig noch sachgerecht. Hierduch werde die Aktualität des Aktienregisters durch die lange Frist unnötig aufs Spiel gesetzt, da zwischenzeitlich Eintragungen und Umschreibungen nach Mitteilung nicht mehr rechtzeitig vorgenommenwerden können. Eine Frist von 12 Tage sei hingegen angemessener.

Befristung der nachgeschobenen Nichtigkeitsklage

Hauptversammlungsbeschlüsse, denen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen anhängen, drohen zu scheitern, weil sie nicht zeitnah ins Handelsregister eingetragen werden können. Durch diese Klagearten begehren Aktionäre (eigentlich) das Ziel einen nichtigen Beschluss der Hauptversammlung zu beseitigen. Der Gesetzgeber hat für wichtige Beschlussgegenstände wie z. B. die Kapitalerhöhung in solchen Fällen ein Freigabeverfahren eingeführt, das einer Beschleunigung der Eintragung dient. Das Freigabeverfahren kann von Aktionären jedoch umgangen werden, wenn sie kurz vor oder nach dem erfolgreichen Freigabeverfahren eine nachgeschobene Nichtigkeitsklage erheben und somit eine neue „Registersperre“ auslösen. Dies ermöglicht ihnen der § 249 AktG, da er keine Frist für nachgeschobene Nichtigkeitsklagen vorsieht.
Dadurch können „Berufsaktionäre“ dieses Klagerecht missbrauchen, indem sie die Erhebung von Nichtigkeitsklagen bewusst und zweckwidrig hinauszögern. Ihr Ziel ist dabei ungerechtfertigt Kostenvorteile zu erlangen (wg. Vergleich mit der beklagten Gesellschaft) oder den Lästigkeitswert von Beschlussmängelverfahren zu erhöhen.
Die Neufassung sieht einen zusätzlichen Satz vor. Die Einreichung von nachgeschobenen Nichtigkeitsklagen soll nur noch innerhalb eines Monats ab Bekanntmachung einer Klageerhebung gegen einen Hauptversammlungsbeschluss möglich sein.
Durch die Ergänzung soll dem Rechtsmissbrauch der „Berufsaktionären“ entgegengewirkt werden, ohne dass das Klagerecht der übrigen Aktionäre unangemessen eingeschränkt wird.
Während diese Befristungsregelung in dem ursprünglichen Entwurf ausgenommen wurde, hat sich das BMJV der heftigen Kritiken in den Stellungnahmen gebeugt und ihre Ansicht geändert. Auf das Problen des Rechtsmissbrauchs von Beschlussmängelrechten wurde bereits 2005  durch das UMAG und  2009 durch das ARUG reagiert. In den Stellungnahmen wird gefordert an den vorherigen Novellen anzuknüpfen und die Bekämpfung von missbräuchlichen Klagen durch engere gesetzliche Grenzen entgegenzuwirken.

Fazit

Mit der Aktienrechtsnovelle reagiert der Gesetzgeber auf Entwicklungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Es ist jedoch abzuwarten, ob die angestrebten Neuerungen auch die erhofften Wirkungen bringen werden. Ob § 10 AktG eine potenzielle Hintertür für Geldwäsche oder Terrorfinanzierung ist, dürfte zwar fraglich sein, die Schaffung einer transparenteren Gesellschaft und die Anwendung  internationaler Schutzmaßnahmen sind zu begrüßen. Ebenso ist der Vorsatz die Aktiengesellschaften vor rechtsmissbräuchlichen Klagen zu schützen und den Schutzbereich auf der Grundlage des ARUG weiter auszubauen hinsichtlich der kreativen Berufsaktionäre gegenwärtig geboten.