Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) stellte sich die Frage, wie die Rechtsprechung des BGH auf die Abgrenzung von verdeckter Sacheinlage und Hin- und Herzahlen reagieren würde. Eine klare Abgrenzung und die damit verbundenen jeweiligen unterschiedlichen Voraussetzungen sowie Rechtsfolgen sind insbesondere für Gesellschaften und deren Gesellschafter in einem sog. Cash-Pool-System für die Kapitalaufbringung und eine wirksame Leistung der Einlageverpflichtung von Bedeutung. In der „Cash-Pool II“-Entscheidung (BGH, II ZR 273/07)  beschäftigt sich der BGH erstmals mit der Regelung der verdeckten Sacheinlage und dem Hin- und Herzahlen in Cash-Pool-Systemen nach Inkrafttreten des MoMiG.

Das Cash-Pool-System

Zunächst soll kurz geklärt werden, was überhaupt unter einem Cash-Pool-System verstanden wird. In größeren Konzernen gehört es häufig zur Finanzierungspraxis, ein zentrales Cash-Management einzurichten, bei dem die teilnehmenden Unternehmen des Konzerns ihre Zahlungsströme jeweils über ein eigenes Unterkonto abwickeln, welches mit einem zentralen Konto verbunden ist. Inhaberin dieses sog. Zentralkontos ist i. d. R. die Konzernmutter. Periodisch, meist täglich, werden die Unterkonten unter Beteiligung einer Bank durch Abführung eines etwaigen positiven Saldos auf das Zentralkonto bzw. durch Ausgleich eines negativen Saldos vom Zentralkonto auf Null gesetzt (sog. Zero-Balancing). Vorteile dieses Cash-Poolings sind u. a. die geringere Benötigung von Fremdkapital und verminderte Kreditkosten.

Sachverhalt

Die H-GmbH (nachfolgend: H) wurde 1998 von der E-AG (nachfolgend: E), der S-AG & Co. KG (nachfolgend: S) und K-GmbH (nachfolgend: K) mit einem Stammkapital von 4 Mio. DM gegründet. Die vereinbarten Einlagebeträge i. H. v. 600.000 DM bzgl. der K und jeweils 1.700.000 DM bzgl. der E und S wurden zwischen April und November 1998 in Teilbeträgen auf das in einen Cash-Pool einbezogene Konto der H eingezahlt. Zu diesem Cash-Pool gehörten H, S und E. Ein entsprechender Cash-Management-Vertrag wurde zugleich mit der Gründung der H zwischen den Parteien geschlossen. Darin übernahmen S und E im zweijährigen Wechsel das Cash-Management, beginnend mit der S. Das an das Zentralkonto des jeweiligen Cash-Managers gebundene Konto der H wurde im Rahmen des Zero-Balancing ausgeglichen. Zum Zeitpunkt der letzten Teilzahlung bestand auf dem Zentralkonto wegen Inanspruchnahme eines eingeräumten Kreditrahmens der H zu Lasten der H ein negativer Saldo. Der Cash-Management-Vertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte erstmalig nach Ablauf von zwei Cash-Management-Perioden oder mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende einer Cash-Management-Periode gekündigt werden.

Der Insolvenzverwalter der H klagt gegen die Rechtsnachfolger der Gründungsgesellschaften auf Zahlung der vereinbarten Einlagebeträge mit der Begründung, dass diese nicht wirksam erbracht worden seien. In den beiden Vorinstanzen hatte der Insolvenzverwalter erfolglos geklagt, seine Revision beim BGH hat nur teilweise Erfolg.

Zentrale Aussagen des BGH

Zunächst differenziert der BGH danach, welche Gesellschaft zum Zeitpunkt der Weiterleitung der Einlage an das Zentralkonto die Cash-Managerin ist. Nur die Gründungsgesellschaften, die zu diesem Zeitpunkt nicht mit der Verwaltung des Zentralkontos betraut sind, hätten ihre Einlageschuld mit Zahlung auf das Konto der gegründeten Gesellschaft nach § 19 I GmbHG erfüllt. Mit der Weiterleitung auf das Zentralkonto des Cash-Pool-Managers würden ihre Einlagen nicht an sie selbst zurückfließen, sondern an den Zentralkontoinhaber und gleichzeitig Cash-Pool-Manager. Wer hingegen zum Zeitpunkt der Weiterleitung der Einlage über das Zentralkonto verfügungsberechtigt ist, könnte seine Einlagenschuld nicht getilgt haben, da Einzahlungen auf ein an ein Cash-Pool-System gekoppeltes Konto eine verdeckte Sacheinlage oder ein Hin- und Herzahlen darstellen und die eingezahlten Mittel so an den Inhaber des Zentralkontos zurückfließen könnten.

Im vom BGH zu entscheidenden Fall kam es für die Beurteilung, ob der Einlagebetrag noch einmal gezahlt werden muss, auf die Unterscheidung von verdeckter Sacheinlage und Hin- und Herzahlen an, weil der Gesetzgeber im neuen Recht die Rechtsfolgen neu gestaltet hat. Relevant war dies nur hinsichtlich der S, da diese zum Zeitpunkt der Weiterleitung der Einlagemittel die Cash-Managerin war. Welche Unterscheidungen der BGH dabei zw. verdeckter Sacheinlage und Hin- und Herzahlen vornimmt, soll im folgenden Abschnitt genauer erläutert werden.

Abgrenzung von verdeckter Sacheinlage und Hin- und Herzahlen

Soweit im Zeitpunkt der Weiterleitung des Einlagebetrags der Saldo auf dem Zentralkonto zu Lasten der gegründeten Gesellschaft negativ ist, liege eine verdeckte Sacheinlage vor. Anders gesagt: Bestehen Verbindlichkeiten der Gesellschaft ggü. der zentralkontoverwaltenden Gesellschafterin, so erfülle die Weiterleitung im Cash-Pool-System den Tatbestand der verdeckten Sacheinlage. Der Gesellschaft fließe im wirtschaftlichen Ergebnis nicht der vereinbarte Barbetrag, sondern die Befreiung von der Verbindlichkeit aus der Cash-Pool-Verbindung zu, und erhalte mit dem Verzicht der Gesellschafterin auf die Darlehensrückzahlung einen Sachwert. Eine nach § 19 IV S. 1 GmbHG notwendige Abrede liege bereits in dem Cash-Management-Vertrag vor, bei dessen Vereinbarung eines Cash-Pools der Gesellschafter es in Kauf nehme, dass auf dem Zentralkonto im Zeitpunkt der Weiterleitung der Einlage ein negativer Saldo zu Lasten der Gesellschaft besteht und es dann zu einer verbotenen Verrechnung kommt.

Soweit die Einlage hingegen auf ein Zentralkonto weitergeleitet wird, dessen Saldo ausgeglichen oder zu Gunsten der Gesellschaft positiv ist, liege ein reines Hin- und Herzahlen vor. Damit gewähre die Gesellschaft dem zentralkontoverwaltenden Gesellschafter ein Darlehen und dann stehe die Einlageleistung der Geschäftsführung nicht zur freien Verfügung, stattdessen werde die Einlage durch eine schwächere Rückzahlungsforderung ersetzt.

Der Gesetzgeber sei dieser Unterscheidung der Rechtsprechung gefolgt und habe mit Inkrafttreten des MoMiG lediglich die Rechtsfolgen neu geregelt: Eine verdeckte Sacheinlage befreit gem. § 19 IV S. 1 GmbHG nicht von seiner Einlageverpflichtung, führt jedoch gem. § 19 IV S. 3 GmbHG zur Anrechnung des Wertes des Vermögensgegenstandes. Beim Hin- und Herzahlen wird der Gesellschafter zwar ebenfalls nicht von seiner Einlagepflicht befreit, etwas anderes gilt jedoch nach § 19 V S. 1 GmbHG, wenn eine die Einlagepflicht ersetzende Vereinbarung getroffen wird, deren  Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Auch die Offenlegung der verdeckten Finanzierung der Einlagemittel durch die Gesellschaft gehöre, wie auch bereits in der „Qivive“-Entscheidung des BGH (BGH, II ZR 120/07)  geurteilt wurde, zu den Voraussetzungen für die Erfüllung der Einlageschuld.

Übersteigt jedoch der Einlagebetrag etwaige Verbindlichkeiten der Gesellschaft ggü. der Cash-Managerin, sei der Vorgang teilweise als verdeckte Sacheinlage hinsichtlich der Schuld und teilweise als Hin- und Herzahlen bzgl. des Differenzbetrags zu bewerten.

Weiterhin führt der BGH aus, dass eine Heilung etwaiger Verstöße gegen diese Kapitalaufbringungsregelungen bzgl. der verdeckten Sacheinlage nicht möglich sei und durch spätere Rückzahlungen aus dem Cash-Pool nicht zur Tilgung der Einlageschuld führten. Gleiches gelte für das Hin- und Herzahlen, dabei wäre zwar in bestimmten Fällen eine Tilgung zuzusagen, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sich die geleisteten Zahlungen zweifelsfrei der noch offenen Einlageverpflichtung zuordnen ließen, was im Rahmen des Zero-Balancing regelmäßig nicht zutreffe.

Ergebnis

Auf den konkreten Fall galt die Einlageschuld der S als nicht getilgt, weil die Mittel an S als Cash-Managerin zurückflossen. Der BGH konnte nach den Feststellungen nicht eindeutig beurteilen in welcher Höhe eine verdeckte Sacheinlage vorlag. Denn aufgrund des negativen Saldos zu Lasten der H auf dem Zentralkonto zum Zeitpunkt der letzten Teilzahlung konnte der BGH annehmen, dass teilweise eine verdeckte Sacheinlage und teilweise ein Hin- und Herzahlen vorlag. Somit würde sich für S eine Reduktion des aufgrund der verdeckten Sacheinlage anzurechnenden Betrags ergeben. Hinsichtlich des Hin- und Herzahlens wäre die Einlageverpflichtung i. H. d. entsprechenden Betrags nicht erfüllt und erneut zu erbringen, da der Rückgewähranspruch der H weder jederzeit fällig war, noch durch fristlose Kündigung jederzeit fällig gestellt werden konnte und dieser Vorgang ebenso wenig beim Handelsregister offengelegt wurde. Zur genauen Feststellung ob und in welcher Höhe eine verdeckte Sacheinlage vorlag, verwies der BGH den Fall an das Berufungsgericht zurück.