Bis zum Jahr 2011 war das BAG der Ansicht sachgrundlos befristete Arbeitsverträge konnten lediglich unter der Prämisse geschlossen werden, dass im Vorfeld kein Arbeitsverhältnis zwischen dem jeweiligen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bestand. So konnten plötzlich Nebenjobs, welchen man während des Studiums nachging zu einem großen Problem werden, da das Vorbeschäftigungsverbot einer weiteren Befristung entgegenstand. Dies änderte sich mit dem Urteil des 7.Senats des BAG vom 06.April 2011, 7ARZ 716/09. Doch wie und weshalb vollzog das BAG diese Kehrtwende?
Worauf bezieht sich das Vorbeschäftigungsverbot?
Die Befristung von Arbeitsverträgen ist im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge geregelt. So gliedern sich die befristeten Arbeitsverträge in solche mit und solche ohne Sachgrund. In Bezug auf Befristungen ohne Sachgrund heißt es in §14 Abs.2 S.2 TzBfG, dass eine Befristung nach Satz 1 nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Diese nicht begrenzte Formulierung führte zu einem generellen Vorbeschäftigungsverbot. Dies hatte zwar den Hintergrund sogenannte Befristungsketten, also die Aneinanderreihung mehrerer befristeter Verträge, sowohl solche mit als auch solche ohne Sachgrund, zu verhindern. Problematisch war, dass es unerheblich war, wie lange der letzte Arbeitsvertrag zurücklag.
Warum wurde geklagt?
Erst mit dem Urteil des BAG vom 06.April 2011 wurde dies beschränkt. Geklagt hatte eine Lehrerin, welche während ihres Studiums als studentische Hilfskraft vom 1. November bis zum 31. Januar 2000 an einer Universität des Freistaats Sachsen tätig war. Am 29. Mai 2006 schloss diese dann mit dem beklagten Freistaat einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 31. Juli 2008. Die vorangegangene Tätigkeit als studentische Aushilfe gab sie nicht an. Die Lehrerin stellte am 20. August 2008 Klage beim Arbeitsgericht um die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses feststellen zu lassen, und bestand zudem auf Weiterbeschäftigung.
Wie wurde entschieden?
Die Klägerin hatte in letzter Instanz auch vor dem BAG kein Glück, die Klage wurde abgewiesen. So argumentierte das BAG, dass eine Vorbeschäftigung im Sinne des §14 II S.2 TzBfG offensichtlich vorliege, da diese jedoch mehr als drei Jahre zurückläge, diese keine Relevanz für die aktuelle Beschäftigung mehr hätte. Die Begrenzung auf drei Jahre ergebe sich durch die Auslegung der Vorschrift.
Wieso wurde so entschieden?
In vorangegangenen Urteilen des BAG zum einem vom 6.11.2003 (2 AZR 690/02) und desweiteren vom 29. Juli 2009 (7 AZN 368/09) sei man zwar noch explizit darauf eingegangen, dass eine rückwirkende zeitliche Begrenzung nicht vorläge, und das Vorbeschäftigungsverbot als absolut angesehen werden solle. Das BAG ist allerdings der Meinung der Wortlaut genehmige auch eine andere Auslegung. So seien vielmehr der Zweck der Norm, sowie insbesondere die verfassungskoforme Auslegung zu berücksichtigen. Die Beschränkung der verfassungsmäßigen Vertragsfreiheit und die Berufswahlfreiheit, welche durch ein generelles Vorbeschäftigungsverbot gegeben war, wurde dadurch in Hinblick auf den Normzweck gelockert. Dieser lag nämlich in dem Bestreben sogenannte Befristungsketten, also Aneinanderreihungen von befristeten Arbeitsverträgen mit und ohne Sachgrund zu vermeiden, da diese für den Arbeitnehmer eine endlose wirtschaftliche Unsicherheit hätten bedeuten können. Hierfür ist eine lebenslange Ausschlussfrist überflüssig.Die Abweichung von der bis dahin bestehenden Rechtsprechung soll Arbeitgebern die Möglichkeit bieten, auf schwankende Auftragslagen und sich ändernde Marktbedingungen durch befristete Verträge zu reagieren, und für Arbeitnehmer eine mögliches Sprungbrett aus der Arbeitslosigkeit sein. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass wie bereits erwähnt die Gefahr von Befristungsketten nicht vorhanden ist, wenn zwischen dem Ende des früheren Arbeitsverhältnisses und dem neuen, ohne Sachgrund befristeten Arbeitsvertrag mehr als drei Jahre liegen. Diese drei Jahre entsprechen auch der Verjährungsfrist im Zivilrecht.
Zusammenfassend ist die Kehrtwende des BAG mit diesem Urteil durch die Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots als begrüßenswert anzusehen. Die Zweckhaftigkeit der Norm, nämlich das Entgegenwirken von Befristungsketten, bleibt gewahrt, wobei die Möglichkeit auf eine erneute, sachgrundlose Befristung aber dennoch besteht, auch wenn der Arbeitnehmer bereits im Vorfeld für den jeweiligen Arbeitgeber tätig gewesen sein sollte. So ist eine vormals bestehende Beschäftigung kein Ausschlusskriterium mehr.