Renovieren, Streichen, Wohnen – hier geht es nicht um einen Werbeslogan einer der zahlreichen Heimwerkersoaps aus dem Privatfernsehen wie etwa „Einsatz in 4 Wänden“, „Wohnen nach Wunsch“ oder „Zuhause im Glück“, sondern um das BGH-Urteil vom 06.11.13 (Az.: VIII ZR 416/12). Klar ist jetzt, dass ein Mieter, der eine Wohnung in neutraler Dekoration übernommen hat, diese auch in einem derartigen, für potentielle Mietinteressenten akzeptablen Zustand bei Mietende übergeben muss. Im konkreten Fall hieß das, die Wände hätten nicht in so kräftigen Farben wie rot, gelb, blau übergeben werden dürfen. Die Beklagten mussten aus diesem Grund für die Beseitigung der nicht akzeptablen Dekoration Schadensersatz leisten. Fraglich ist, wie sich dieses Urteil in die bisherige Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen einordnet.

Der Begriff der Schönheitsreparatur und die bisherige Rechtsprechung dazu

Erst einmal stellt sich  die Frage, was sich hinter dem Begriff der Schönheitsreparatur verbirgt. Wer nach einer Definition im BGB, etwa in den § 535 ff. BGB sucht, wird feststellen müssen, dass es sich dabei um vergebliche Liebesmüh handelt. Zur Klärung des Begriffs ist deshalb laut BGH auch bei preisfreiem Wohnraum auf  § 28 IV der II. BerechnungsVO zurückzugreifen, soweit keine individualvertragliche Regelung gegeben ist. Darin heißt es:

 „Schönheitsreparaturen umfassen nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.“

Wen trifft die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen?

Die nächste Frage lautet, wer dazu verpflichtet ist, Schönheitsreparaturen durchzuführen. Das Gesetz sieht gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB vor, dass dies grundsätzlich zu den Obliegenheiten des Vermieters gehört. Eine anderslautende Vereinbarung ist entweder im Wege einer Individualabrede oder im Rahmen der AGB möglich.

Zwar haben Individualabreden Vorrang vor allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. § 305 b BGB), aber zumindest ein gewerblicher Vermieter wird schwerlich darlegen können, dass die entsprechende Bedingung nicht den Charakter einer AGB erfüllt. Daher soll hier der Fokus auf der formularmäßigen Übertragung der Schönheitsreparaturpflicht liegen.

Kurz zusammengefasst: Unangemessene Benachteiligung durch Schönheitsreparaturklauseln

Die dritte Frage soll in verkürzter Form klären, in welchen Fällen Schönheitsreparaturklauseln eine unangemessene Benachteiligung des Mieters nach  § 307 Abs. 1 S.1 BGB darstellen können. Hält eine Schönheitsreparaturklausel der Inhaltskontrolle folglich nicht stand, ist sie insgesamt unwirksam und darf nicht auf ihren wirksamen Teil beschränkt werden (Verbot geltungserhaltender Reduktion).

Gegenständliche Ausdehnung des Begriffs der Schönheitsreparatur

Eine Fehlerquelle für Schönheitsreparaturklauseln findet sich in der Beschreibung, welche Renovierungsarbeiten überhaupt erfasst sind.

Dazu nur ein Beispiel aus einem Urteil des BGH vom 18.02.2009 vom LG Berlin:

„Schönheitsreparaturen trägt der Mieter (vgl. § 13) einschließlich Streichen von Außenfenstern, Balkontür und Loggia.”

Anders als § 28 IV der II. BerechnungsVO es vorsieht, wird durch diese Klausel auch die Pflicht statuiert, Außenanstriche vorzunehmen. Es können aber nur solche Arbeiten gerechtfertigt sein, mit denen eine typischerweise vom Mieter verursachte Abnutzung des dekorativen Erscheinungsbildes innerhalb der gemieteten Wohnung beseitigt wird. Mit Außenfassaden kommt der Mieter aber gerade nicht typischerweise so in Berührung, dass Abnutzungserscheinungen die Folge sind. § 28 IV der II. BerechnungsVO wird deshalb nicht nur zur Begriffsdefinition genutzt, sondern bildet zugleich nach Auffassung der Rechtsprechung die Grenze dafür, welche Arbeiten über eine Schönheitsreparaturklausel dem Mieter auferlegt werden dürfen.

Starre Fristenpläne und bedarfsunabhängige Endrenovierungsklauseln

Eine zweite Fehlerquelle entspringt Regelungen des Vermieters, in welchen Abständen der Mieter Schönheitsreparaturen durchzuführen hat. Auch dazu wieder nur ein typisches Beispiel, das ebenfalls einem BGH-Urteil entnommen wurde (BGH, Urteil vom 28. 6. 2006 – VIII ZR 124/05 (LG Mannheim):

„Bei Beendigung des Mietvertrags gilt die nachstehend festgelegte Regelung.

3. Der Mieter verpflichtet sich, die Schönheitsreparaturen innerhalb folgender Fristen auszuführen:

a) Küche, Wohnküche, Kochküche, Speisekammer, Besenkammer, Bad, Dusche, WC alle drei Jahre,

b) Wohnzimmer, Schlafzimmer, Dielen, Korridore und alle sonstigen Räume alle fünf Jahre.“

Diese Klausel statuiert unabhängig vom Zustand der Wohnung starre Fälligkeitszeitpunkte für die Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen. Da aber auch der Vermieter nur im Bedarfsfall renovieren muss, leitet die Rechtsprechung hieraus eine unangemessene Benachteiligung ab. Darunter fallen auch bedarfsunabhängige Endrenovierungsklauseln.

Farbkonzept und andere Vorgaben schon während der Mietzeit

AGB können nicht nur das „Ob“ der Schönheitsreparatur festlegen, also ob der Mieter überhaupt zur Vornahme verpflichtet ist, sondern auch das „Wie“, beispielsweise vorschreiben, in welcher Farbe die Wände zu streichen sind („neutral“, BGH, Urteil vom 18. 2. 2009 – VIII ZR 166/08 (LG Dessau-Roßlau) . Das widerspricht allerdings dem Recht des Mieters, in seiner Wohnung frei von Einwirkungen des Vermieters zu verfahren, das in Art. 14 GG verankert ist. Lediglich im Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache kann der Vermieter wegen seines anerkennenswerten (Weiter-)Vermietungsinteresses verlangen, die Wohnung in „hell, neutral, deckend“ übergeben zu bekommen. Damit liegt der Finger in der Wunde, die der BGH in  seinem Urteil vom 06.11.2013 zu verarzten versucht.

BGH, Urteil vom 06.11.2013 – Mieter weiß gestrichener Wohnung haftet bei Rückgabe mit buntem Anstrich

In dem Urteil des BGH ging es gerade um den Anstrich der Wände bei Übergabe der Wohnung. Es handelte sich also um einen klassischen Fall einer Schönheitsreparatur.

Die beklagten Mieter hatten eine Doppelhaushälfte in frisch renoviertem Zustand übernommen. Die Wände waren geweißt. Am Ende überließen sie dem Vermieter die Wohnung mit roten, gelben und blauen Wänden. Daraufhin ließ der Kläger die betreffenden Wände überstreichen, wodurch ihm Kosten in Höhe von 3.648,82 € entstanden. Nach teilweiser Verrechnung machte er deshalb einen Betrag von 1.836,45 € geltend. Nach entsprechendem Instanzenzug wurde die Revision der Beklagten, sie wurden zuvor vom Berufungsgericht zu einer Zahlung in Höhe von 874,50 € verurteilt, abgelehnt.

Laut BGH ergibt sich der Anspruch aus §§ 535241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB. Danach ist der Mieter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung oder wie hier Doppelhaushälfte bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird und eine Neuvermietung der Wohnung praktisch unmöglich macht. Der Schaden sei darin zu erblicken, dass der Vermieter eine für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration beseitigen müsse. Und das gelte unabhängig von einer etwaigen Schönheitsreparaturklausel.

Mieterfreundliche Rechtsprechung durchbrochen? Trendwende?

Betrachtet man die Rechtsprechung zur unangemessenen Benachteiligung durch Schönheitsreparaturklauseln, kommt man nicht grundlos zu dem Schluss, dass die Rechtsprechung eher mieterfreundlich ausgerichtet ist.

Im Gegensatz dazu kommt das Urteil den Vermietern zugute. Aber ist deshalb eine Kehrtwende eingetreten? Müssen Mieter jetzt in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung renovieren, selbst wenn der Zustand der Wohnung es nicht verlangt?

Derartige Ängste sind unbegründet. Zwar bedeutet das Urteil, dass ein Mieter im Falle des Auszugs ausnahmsweise unabhängig vom Renovierungsbedarf streichen muss, aber auch nur wenn der Zustand eine potentielle Weitervermietung gefährdet. Wer also die Wände nicht in „problematischen“ Farben streicht, muss auch beim Auszug nichts fürchten.

Die Rechtsprechung hat sich nicht von ihrer mieterfreundlichen Spruchpraxis abgewendet, sondern die bisherige bestätigt. Schon zuvor durfte der Vermieter verlangen, die Mietsache im Zeitpunkt der Rückgabe in „hell, neutral, deckend“ übergeben zu bekommen.

Das Urteil macht aber deutlich, dass auch ohne eine entsprechende Schönheitsreparaturklausel der Mieter verpflichtet ist, die Wohnung so abzugeben, dass die Farben zu möglichst vielen Einrichtungen passen. Selbstverständlich kann der Vermieter diese Pflicht auch in einer AGB festhalten.