Im Augenblick ist kaum ein Thema so juristisch  so umstritten, wie das Widerrufs- oder Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen. Verbraucher haben bis auf wenige Ausnahmen im Internethandel ein Widerrufsrecht oder Rückgaberecht. Unternehmer sind verpflichtet, Ver­brauchern ein derartiges Recht einzuräumen. Nur, wie ist zu erkennen, wer Unternehmer und wer Verbraucher ist? Wo fängt die Grenze an, wo hört sie auf?

 

1. Definition Verbraucher, Unternehmer und Gewerbe

Zuallererst müssen wir uns genauer anschauen, was unter den Begriffen Unternehmer, Ver­braucher und Gewerbe zu verstehen ist, damit wir tiefer in die Materie der Widerrufs- und Rückgaberecht gehen zu können und anschließend verstehen können, wieso und weshalb es Ausnahmen in einigen Fällen gibt.

I. Verbraucher

Unter einem Verbraucher ist jede natürliche Person zu verstehen, die Rechtsgeschäfte ab­schließt die weder der gewerblichen noch der selbstständigen beruflichen Ausübung zuge­zählt werden kann, also lediglich private Geschäfte zu seinem eigenem Zweck durchführt.

II. Unternehmer

Ein Unternehmer hingegen  ist jede natürliche, juristische Person oder Personengesellschaft, die im Gegensatz zum Verbraucher,  gewerblich oder beruflich selbstständig tätig ist.

III. Gewerbe

Der Begriff Gewerbe wird durch Rechtsprechung folgendermaßen definiert: „Gewerbe ist jede erlaubte, selbständige, auf Gewinn gerichtete und auf Dauer angelegte Tätigkeit mit Ausnahme der Urproduktion (z.B. Landwirtschaft), der freien Berufe, der Verwaltung eigenen Vermögens (z.B. Vermietung) und der Erbringung von Dienstleistungen höherer Art.“

2. Wo besteht kein Widerrufs- und Rückgaberecht            

I. C2C – Consumer to Consumer 

Verträge werden geschlossen zwischen reinen Verbrauchern

II. B2B – Business to Business

Verträge werden geschlossen zwischen reinen Unternehmern

III. § 312 d (4) BGB

  •   Nach Kundenspezifikation (speziell angefertigte Unikate)
  •  Nach Beschaffenheit zur Rücksendung nicht geeignete Ware
  • Musik oder Software, wenn entsiegelt
  • Zeitschriften und Zeitungen
  • Wetten
  • Versteigerungen

 IV. § 312 b (3) BGB – bestimmte Geschäfte

  •  Fernunterricht
  • Finanzgeschäfte
  • Grundstücke
  • Lebensmittel
  • Dienstleistungen
  • Automaten

 3. Anwendungsbereich gem. § 312 b (1), 312 d (1), 355 (1), 356 (1) BGB

I. § 312 b (1) und (2) BGB

Gem. § 312 b (1) S.1 BGB bestehen Wiederrufs- und Rückgaberechte bei Verträgen zwi­schen Unternehmern und Verbrauchern die bei Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden.

Fernkommunikationsmittel sind Mittel, die zum Abschluss eines Vertrages zwischen Ver­braucher und Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, wie z. B. E-Mail und Tele- und Mediendienste.

II. §§ 312 d, 355 (1), 356 (1) BGB

Regelungen zu Widerrufs- und Rückgaberechte finden sich in § 312 d BGB als Spezialnorm für Widerrufs- und Rückgaberechte im Fernabsatz und in §§ 355 und § 356 BGB in denen Widerrufs- und Rückgaberechte bei Verbraucherverträgen (B2C) geregelt sind.

III. Zweck der Widerrufs- und Rückgaberechte

Der Verbraucher soll die Möglichkeit haben die bestellten Waren prüfen zu können, da er dies bei Onlinebestellungen nicht kann, im Gegensatz zu einem Kauf in einem Geschäft vor Ort. Des Weiteren soll er die Möglichkeit haben sich vom Vertrag zu lösen, wenn ihm die Ware nicht gefällt.

4. Voraussetzungen der 2 Wochen-Frist § 355 (2) BGB

Gem. § 355 (2) BGB beträgt die Widerrufs- bzw. Rückgabefrist zwei Wochen, aber nur wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt werden.

I. Widerrufs- und Rückgabebelehrung

Der Unternehmer muss dem Verbraucher eine Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung mittei­len. Die Belehrung muss gem. § 126 b BGB in Textform vorliegen, d.h. in einer Urkunde oder in anderer Form, die zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignet ist.

Es müssen hierbei also zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Belehrung muss zur dauerhaften Wiedergabe geeignet sein und
  • Dem Verbraucher zur dauerhaften Wiedergabe zugehen

Der Verbraucher muss also die Möglichkeit haben die Belehrung dauerhaft zu speichern und diese auch ausdrucken zu können.

a)    Darstellung der Belehrung auf einer Website

Die Darstellung der Belehrung auf einer Website erfüllt nicht das Textformerfordernis, denn der Verbraucher soll nicht selbst tätig werden müssen, um die Belehrung zu spei­chern und auszudrucken. Daher empfiehlt es sich dem Verbraucher die Belehrung durch E-Mail zu übermitteln, denn dadurch ist gewährleistet, dass die Belehrung dau­erhaft gespeichert und ausgedruckt werden kann.

b)    Deutlichkeitsgebot gem. § 360 (1) BGB

Die Belehrung muss gut wahrnehmbar sein, sie darf keine verwirrenden oder ablen­kenden Zusätze enthalten und sie muss deutlich gestaltet sein und sich vom üblichen Vertragstext hervorheben falls sie ein Teil des Vertrags ist.

 c)    Inhalt bzw. Hinweis gem. § 360 (1) Satz 2 und (2) Satz 2 BGB

Die Belehrung muss folgende Punkte enthalten:

  • Hinweis auf das Recht zum Widerruf bzw. zur Rückgabe
  • Einen Hinweis darauf, dass die Ausübung des Widerrufs oder des Rückga­be­rechts keiner Begründung bedarf
  • Einen Hinweis darauf, dass die Ausübung des Widerrufs in Textform oder durch Rücksendung der Ware innerhalb der Frist erfolgt.
  • Einen Hinweis darauf, dass die Ausübung des Rückgaberechts nur durch Rück­sendung der Ware oder durch Rücknahmeverlangen, falls die Ware nicht als Paket versandt werden kann, innerhalb der Frist erfolgt
  •  Den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Wi­derruf/ die Rückgabe zu erklären ist
  • Einen Hinweis auf Dauer und Beginn der Widerrufsfrist/ Rückgabefrist, so­wie dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung bzw. der Sache oder des Rücknahmeverlangens ge­nügt
  •  Einen Hinweis auf die Rechtsfolgen gem. § 357 BGB

 Um sicher zu gehen, dass alle diese Anforderungen erfüllt sind, empfiehlt es sich die Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 1 EGBGB zu benutzen.                   

II. Fristbegin § 355 (2) Satz 1 und Satz 2 und (3) Satz 1 BGB

 Die 2 Wochen-Frist beginnt nur zu laufen, wenn dem Verbraucher entsprechend den Vo­raussetzungen, eine Wiederrufs- bzw. Rückgabebelehrung mitgeteilt wird und dies vor Ver­tragsschluss oder unverzüglich, also sofort nach Vertragsschluss.

a)    Vertragsschluss bei Fernabsatzverträgen

Bei einer automatischen Bestellbestätigung, die dem Verbraucher zugesendet wird handelt es sich nicht um einen Vertragsschluss. Ein Vertrag mit dem Verbraucher kommt erst mit einer Auftragsannahme zustande. Eine Auftragsannahme kann z.B. eine personalisierte Bestellbestätigung sein oder eine Bestellbestätigung die „Auftrag“ als Überschrift hat. Ein Vertrag kommt spätestens bei Versand der Ware an den Kun­den zustande.

b)    Zusätzliche Voraussetzungen für den Fristbeginn

  • Erfüllung von Informationspflichten gem. Artikel 246 § 2 iVm. § 1 EGBGB
  • Eingang der Warenlieferung beim Empfänger
  • Bei Dienstleistungen erst nach Vertragsschluss

III. Verlängerte Fristen

a)    1 Monat § 355 (2) Satz 3 BGB

Erfolgt die Widerrufs- /rückgabebelehrung erst nach Vertragsschluss verlängert sich die 2 Wochen-Frist auf einen Monat. Zu beachten hierbei ist, dass dann in der Beleh­rung auch eine Frist von einem Monat angegeben sein muss. Für den Fall, dass in der Belehrung die 2 Wochen-Frist angegeben ist, ist die Belehrung fehlerhaft und die Frist verlängert sich noch einmal von einem auf 6 Monate.

b)    6 Monate § 355 (4) Satz 1 BGB

Wie bereits erwähnt verlängert sich die Frist bei einer fehlerhaften oder unterlasse­nen In­formation nach Vertragsschluss.

c)    Unbestimmte Zeit § 355 (4) Satz 3 BGB

Ein sog. „ewiges Widerrufsrecht“ besteht wenn keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt oder die Informationspflichten gem. Artikel 246 § 2  (1) Satz 1 Nr 1 und Satz 2 Nr. 1- 3 EGBGB nicht erfüllt werden.

 Ein nennenswertes Beispiel ist hierbei das  EuGH Urteil „Messner“. Frau Messner be­stellte online einen Laptop, wurde aber nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht / Rückgaberecht belehrt. Dies hatte zur Folge, dass sie auch ein Jahr nach Vertragsschluss ihr Wiederrufsrecht/ Rückgaberecht ausüben konnte.

5.  Rechtsfolgen §§ 357 (1), (2), 312 e BGB

I. Rücksendung der Ware

Der Verbraucher ist zur Rücksendung der Ware verpflichtet, vorausgesetzt die Sache kann durch Paket versandt werden.

II. Rücksendekosten

Die Kosten und die Gefahr trägt bei Widerruf und Rückgabe grundsätzlich der Unternehmer, aber es gibt eine Ausnahme die den Unternehmer von dieser Regelung befreien kann. Vo­raussetzung ist das der Preis der Ware nicht höher als 40,00 € beträgt oder der Preis der Ware liegt über 40,00 € und der Verbraucher hat noch keine (An-)Zahlung geleistet, dann hat der Verbraucher die Kosten der Rücksendung der Ware zu übernehmen.

III. Wertersatz für Nutzung und Verschlechterung der Ware

Der Gesetzgeber spricht im Widerrufsrecht vom „Prüfen der Eigenschaften und Funktions­weise der Ware“. Das bedeutet, dass man zum Beispiel, wie im „Wasserbett-Urteil“ ein Was­serbett auch mit Wasser füllen darf. Das wurde letztes Jahr im November vom Bundesge­richtshof. Die Richter begründeten  ihr Urteil so, dass es anders nicht möglich gewesen wäre das der Kunde beurteilen kann, ob die von ihm bestellte Ware seinen Vorstellungen entsprä­che. Denn im Laden könne der Kunde schließlich das Bett auch im gefüllten Zustand testen.

Geht man aber über diese Prüfung der Eigenschaften und Funktionsweise der Ware hinaus, so darf der Internetshopbetreiber von Ihnen als Kunde einen so genannten Wertersatz für die Verschlechterung der Sache verlangen. Dieser Betrag entschädigt den Händler dafür, dass die Ware an Wert verloren hat durch die übertriebene Überprüfung.

Ein weiteres Beispiel ist das im Onlineshop bestellte Kleid. Das Kleid kann natürlich anpro­biert werden. Aber trägt man dieses Kleid auf einer Party und man schickt es mit Flecken wieder zurück an den Händler, dann kann dieser dafür  Wertersatz verlangen.

6. Rückgaberecht anstatt Widerrufsrecht

Dem Verbraucher kann, anstelle des Widerrufsrecht, das Rückgaberecht durch den Unter­nehmer eingeräumt werden, das bedeutet das der Verbraucher innerhalb von 14 Tagen die Möglichkeit hat, die Ware ohne Angaben von Gründen zurückschicken. Dieses hat natürlich zum Vorteil dass der Unternehmer – im Gegensatz zum Widerrufsrecht – seine Ware zu­rückerhält, während beim Widerufsverfahren dies nicht immer gleich der Fall sein muss bzw. ist. Das Rückgaberecht muss einzelvertraglich mit dem Kunden geregelt werden.

Das Rückgaberecht darf nicht verwechselt werden mit dem Umtausch.

Beim Umtausch besteht kein rechtlicher Anspruch, das bedeutet das die Unternehmer aus Kulanz die Ware bei Nichtgefallen umtauschen lassen. Aber verpflichtet dazu sind sie nicht. Ein weiterer wesentlicher Punkt und Unterschied zwischen Rückgaberecht und Umtausch ist, das der Umtausch lediglich nur, wenn der Kauf der Ware in einem Geschäft stattgefunden hat, auch nur dort möglich ist und die Sache bzw. Ware nicht mangelhaft ist. Denn bei man­gelhafter Ware besteht bereits wieder ein rechtlicher Anspruch.

7. Änderungen zum Widerrufsrecht 2014

Im Wege der Umsetzung der Europäischen Verbraucherrechterichtline 2011/83/EU (VRR) in nationales Recht ergeben sich zukünftig erhebliche Veränderungen für Unternehmer  im E-Commerce. Im Dezember 2013 endet die Frist zur Umsetzung der VRR in nationales Recht. Der deutsche Gesetzgeber arbeitet bereits fleißig an dieser Umsetzung. Im Dezember 2012 veröffentlichte die Bundesregierung ihren Gesetzesentwurf zur Umsetzung der VRR. Die entsprechenden Änderungen des BGB und EGBGB sollen am 13.06.2014 in Kraft treten.

Die VRR soll zukünftig dazu führen, dass es europaweit ein einheitliches Widerrufsrecht ge­ben wird. Dies hat zur Folge, dass die deutschen Gesetze zum Fernabsatzwiderrufsrecht erheblich umstrukturiert werden müssen. Ziel des VRR ist es, eine europaweite Einheitlich­keit des Widerrufsrechts im Wege eines Vollharmonisierungsansatzes, so dass es dem Ge­setzgeber bei der Durch- und Umsetzung der Richtlinie nur ein sehr kleiner Handlungsspiel­raum bleibt.

Folgende Änderungen kommen auf die Unternehmer und Verbraucher zu:

  •  Kein Rückgaberecht mehr vorgesehen, das bedeutet es erfolgt nur noch eine Widerrufsbelehrung, keine Rückgabebelehrung mehr, denn dies führte in der Vergan­genheit des Öfteren zu Verwechslungen und Verwirrungen beiderseits
  •   Kein Widerrufsrecht mehr für  

          Lieferung versiegelter Waren, aus Gründen des Gesundheitsschutzes und der Hygi­ene

          von Waren, wenn diese nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrenn­bar mit anderen Gütern vermischt wurden

          zur Lieferung alkoholischer Getränke

  • Einheitliches Widerrufsrecht, künftig gilt nur noch in allen europäischen Ländern eine einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen
  • Kein unendliches Widerrufsrecht mehr, diese erlischt jetzt spätestens nach 12 Monaten
  • Widerrufsrecht nur noch durch eindeutige Erklärung möglich und ein Widerrufsformular muss zur Verfügung gestellt werden, das bedeutet das der Unternehmer zukünftig  dem Verbraucher ein Widerrufsformular an die Hand geben muss und der Verbraucher diesen ausgefüllt und unterschrieben an den Unternehmer wieder zurückschicken muss, voraus­gesetzt er möchte von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen
  • Erklärung des Widerrufs nicht mehr an Einhaltung der Textform geknüpft, es ist also zukünftig möglich, seinen Widerruf auch telefonisch mitzuteilen, sie ist nicht mehr an die schriftliche Form gebunden.
  • Rücksendung und Rücksendekosten, u.a. fallen die Rücksendekosten generell an den Verbraucher, der Verbraucher kann einzelvertraglich mit dem Verbraucher klären wer die Kosten trägt liegt das nicht vor, muss der Verbraucher die Kosten tragen, unabhängig vom Wert der Ware. Die 40,00€-Klausel entfällt.