Was ist eigentlich „Wettbewerbsrecht“? Wie werbe ich „richtig“? Wo sind die Grenzen eines fairen Miteinander im Wettbewerb? Fragen über Fragen über Fragen, welche im folgenden Artikel etwas erhellt werden sollen.

Das Wettbewerbsrecht lässt sich in drei Bereiche unterteilen: Dazu gehören das Lauterkeitsrecht (UWG), das Kartellrecht (GWB) sowie ergänzende Normen und Verordnungen, wie das Markengesetz (MarkenG) oder die Preisangabenverordnung (PAngV). Das Kartellrecht auf der einen Seite steht für das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und dient dem Schutz und Erhalt des freien Wettbewerbs. In diesem Sinne soll es Monopole oder andere wettbewerbsbeschränkende Absprachen (z. B. Preisabsprachen jedweder Art) verhindern. Das Lauterkeitsrecht auf der anderen Seite steht für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und legt uns die Spielregeln fairen wirtschaftlichen Handelns dar. Man spricht hier von der sogenannten Schutztrias: Geschützt werden (i) alle Marktbeteiligten (Mitbewerber/Konkurrenten, Abnehmer und Lieferanten), (ii) die Verbraucher und auch (iii) die Allgemeinheit in Bezug auf ihr Interesse an einem unverfälschtem Wettbewerb.

Welche lauterkeitsrechtlichen Regeln sind besonders wichtig für den Werbenden?

Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Teilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Ob eine Geschäftshandlung nach dem UWG unzulässig ist, bemisst sich nach § 3 Abs. 2 UWG an der sogenannten „Bagatellgrenze“. So muss der Geschäftsmann seine fachliche Sorgfalt eingehalten haben. Eine Geschäftshandlung ist unzulässig, wenn diese eben nicht eingehalten wurde und die Handlung darüberhinaus dazu geeignet ist die Fähigkeit des durchschnittlichen Verbrauchers – sich aufgrund von Informationen zu entscheiden – spürbar beeinträchtigt ist und der Verbraucher somit z. B. zu einem Kauf veranlasst wird, den er andernfalls nicht getätigt hätte. Die §§ 4 – 6 UWG listen einen nicht abschließenden Katalog für unlautere bzw. irreführende geschäftliche Handlungen auf, die stets unzulässig sind. Darüberhinaus hat die Rechtsprechung die sogenannte „Schwarze Liste“ entwickelt. Im Anhang an das UWG findet man hier 30 Tatbestände, die ebenfalls stets unzulässig sind.

 

Fairer Wettbewerb im Internet und Fernabsatzhandel – wie werbe ich „richtig“?

Auch hier im World Wide Web findet natürlich tagtäglich Wettbewerb statt. Auch hier im World Wide Web unterliegt der Wettbewerb den Normen und Verordnungen des Wettbewerbsrechts. Grundsätzlich gilt auch hier für wettbewerbsrechtliche Verstöße das Herkunftslandprinzip, d. h. angewandt wird das geltende Recht am Ort der Niederlassung des Wettbewerbsverletzers – des sogenannten „Störers“.

Obacht ist zu wahren in Bezug auf die vielen –  aufgrund der Reichweite und damit einhergehenden Anonymität des Internets – erweiterten Pflichten, die einen Unternehmer im Internet treffen, wie z. B. bestimmte Auskunfts- oder Informationspflichten.

Das Prinzip „WAHRHEIT und KLARHEIT“ zieht sich wie ein roter Faden durch das Wettbewerbsrecht und sollte stets von den verschiedensten Teilnehmern des Wettbewerbs beachtet werden. Dennoch lauern allerhand rechtliche Tücken im Wettbewerbsrecht, die gerade in der Schnelllebigkeit des Internets von den Werbenden leicht übersehen werden können.

  • Telefon-, Telefax- und E-Mail-Werbung: Eine Kaltakquise von Kunden via Telefon oder Telefax git gemäß § 7 UWG stets als unzumutbare Belästigung, sofern der Empfänger nicht vorher aktiv eingewilligt hat. Die oben erwähnte Bagatellgrenze aus § 3 UWG ist hier nicht anwendbar – bereits der erste Anruf gilt als unzumutbare Belästigung! Für kommerzielle E-Mails gilt gemäß § 6 Abs. 2 TMG, dass Absender sowie Werbecharakter bereits in der Kopf- bzw. Betreffzeile für den Empfänger erkennbar sein müssen, so dass dieser nicht gezwungen ist die E-Mail zu öffnen, um deren Gehalt zu erkennen. Verstöße hiergegen werden als Ordnungswidrigkeit geahndet und können mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR belegt werden. Weiter sollten Newsletter, die per Mail versandt werden, für den Empfänger gut erkenntlich und jederzeit – ohne weitere Kosten – abbestellt werden können.
  • Domain-Grabbing: Domain-Grabbing ist ein in der Rechtsprechung vielfach diskutiertes Problem. Soweit es sich um die Reservierung einer Domain unter dem Namen oder der Geschäftsbezeichnung eines Dritten handelt und diese verknüpft ist mit der Absicht diesen Dritten zu blockieren bzw. die Freigabe der Domain von Geldzahlungen abhängig zu machen, ist diese Art von Reservierung unzulässig.
  • Vergleichende Werbung/Alleinstellungswerbung/Alterswerbung: Das Vergleichen von ähnlichen Produkten ist unter der Voraussetzung zulässig, dass die besprochenen Merkmale wesentlich und nachweisbar sind. Eine Verunglimpfung des Mitbewerbers oder eine Irreführung durch z. B. Verwechslung ist stets untersagt. Im Zweifel liegt die Beweislast beim Werbenden. Unser Tipp: Nutzen Sie eher das Element der Alleinstellungswerbung. Unter Alleinstellungswerbung versteht man eine Werbung, die ein Unternehmen oder Produkt mit Superlativen betitelt („Größter“, „Erster“, „Bester“ etc.). Dies ist grundsätzlich zulässig, wenn denn das betreffende Merkmal auch nachweisbar und nachhaltig ist. Bei der Verständnisfrage ist zu beachten, dass es hier auf die Zielgruppe ankommt. Ist der „Größte“ derjenige mit dem größten Lager oder gar derjenige mit den meisten Filialen? Dies sollte unmissverständlich klargestellt sein, um nicht in die Gefahr der Irreführung zu geraten. Ähnlich ist es bei der sogenannten „Alterswerbung“. Hier ist grundsätzlich jeder Anlass möglich – ein Jubiläum der Eröffnung des Webshops oder der 50. Geburtstag des Geschäftsführers – der Anlass muss nur eben den Tatsachen entsprechen.
  • Ausnutzung des Spiel- und Gewinntriebs/Kinder: Die Ausnutzung des Spiel- und Gewinntriebs, der jedem von uns inne wohnt, ist nur beschränkt zulässig. So ist es möglich, um Aufmerksamkeit zu erregen, aber keinesfalls in Kopplung mit einem Warenerwerb. Die Täuschung über den Wert des Gewinns oder gar die Erweckung des unzutreffenden Eindrucks man habe bereits gewonnen, ist immer unzulässig. Erst recht ist es immer unzulässig Kinder direkt in der Werbung anzusprechen, um sie zum Kauf zu animieren bzw. sie dazu zu veranlassen ihre Eltern oder andere Erwachsene zum Kauf eines Produktes zu drängen.
  • Deklariert als „Made in Germany“ obwohl „Made in China“: Die geographische Herkunft eines Produktes zu verschleiern oder gar falsch darzustellen, ist stets unzulässig. Durchläuft ein Produkt mehrere Produktionsschritte und -orte, so kommt es darauf an, wo die wesentliche Verarbeitung stattgefunden hat. So reicht das Lackieren des Autos in Wolfsburg nicht aus für „Made in Germany“, wenn doch Karosserie und Motor in Taiwan gebaut und zusammengesetzt werden.
  • Irreführung über Preis, Preissystem und Preisrelation: Es ist immer unzulässig falsche Angaben zum Preis, Preissystem oder der Preisrelation zu machen. Der Endpreis ist wahrheitsgemäß inklusive Mehrwertsteuer anzugeben. Zudem muss der Verbraucher bei Preissystemen, sogenannte Kopplungsangebote (z. B. Laptop inklusive Laptoptasche), erkennen können, wie sich der Preis im Einzelnen zusammensetzt. Eine falsche Angabe zum Preis wird als Verstoß gegen die Preisangabenverordnung nicht nur als Ordnungs- sondern auch als Wettbewerbswidrigkeit geahndet.
  • Lockvogelangebote: Grundsätzlich ist es erlaubt, mit besonders preiswerten Angeboten zu werben. Solche „Schnäppchen“ werden allerdings dann zu unzulässigen Lockvogelangeboten, wenn dadurch beim Verbraucher der irrige Eindruck entsteht, die gesamte Preisgestaltung des Sortiments entspreche den in der Werbung genannten Einzelbeispielen. Das „Schnäppchen“ muss genau beschrieben werden. Weiter muss in der Regel ein Vorrat für mindestens zwei Tage angelegt werden, es sei denn der Unternehmer weist Gründe nach, die eine geringere Bevorratung rechtfertigen. Der bloße Hinweis „Solange Vorrat reicht“ führt nicht zu einer Verkürzung.
  • Preisgegenüberstellungen/Preisnachlässe: Preisgegenüberstellungen wie die Angabe der höheren unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers sind zulässig. Jedoch muss der Unternehmer nachweisen können, dass der vorherige höhere Preis auch tatsächlich eine angemessene Zeit lang gefordert wurde. Auch die Ankündigung und Gewährung von Rabatten bzw. Preisnachlässen ist grundsätzlich werberechtlich zulässig. Untersagt sind jedoch Rabattaktionen, bei denen der Kunde getäuscht oder in übertriebener Weise angelockt wird. Eine Irreführung liegt beispielsweise bei „Mondpreisen“ vor oder wenn der angeblich reduzierte Preis der eigentliche Normalpreis ist. Von übertriebenem Anlocken wird bei unverhältnismäßig großen Kaufvorteilen gesprochen, wenn der Kunde davon abgelenkt wird Preis und Qualität miteinander zu vergleichen.

Wettbewerbsverstoß – was tun?

Verstöße gegen das UWG werden in der Regel im Rahmen von Unterlassungs- und/oder Schadensersatzansprüchen auf zivilrechtlichem Wege verfolgt. Anspruchsberechtigt sind Mitbewerber, Wettbewerbs- und Verbraucherschutzverbände, Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern.

Wie schaut eine Abmahnung aus und wie sollte man mit ihr umgehen?

Fühlt sich z. B. ein Mitbewerber von Ihnen unlauter behandelt, so steht es ihm offen Ihnen eine Abmahnung zu senden. Die Abmahnung stellt das wettbewerbswidrige Verhalten sowie die Rechtsgrundlage dar. Abgemahnte werden in der Regel neben der Übernahme der Kosten des Rechtsbeistandes des Abmahnenden zur Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, mit welcher er sich verpflichtet das wettbewerbswidrige Verhalten in Zukunft zu unterlassen bzw. bei Wiederholung eine hierin vereinbarte Pönale zu zahlen.

Bei Erhalt einer Abmahnung sollte man IMMER innerhalb der gesetzten Frist reagieren! Sonst droht ein einstweiliges gerichtliches Verfahren (Erlass einer einstweiligen Verfügung über 50.000 EUR bis zu 100.000 EUR ist keine Seltenheit)! KEINESFALLS sollte man jedoch die Unterlassungserklärung sofort unterschreiben ohne sie vorher kritisch zu betrachten. Zusammen mit einem Rechtsbeistand (bei der IHK oder einem Fachanwalt) sollte vielmehr geprüft werden, ob (i) der beanstandete Sachverhalt der Wahrheit entspricht, (ii) ein Wettbewerbsverstoß vorliegt und (iii) der Absender überhaupt zur Abmahnung berechtigt ist. Weiter sollte man sich bei der örtlichen IHK informieren, ob es sich beim Absender eventuell um einen sogenannten „Abmahnanwalt“ handelt – eine unseriöse Praxis, deren Ziel es nicht ist Wettbewerbsverletzungen zu unterbinden sondern lediglich Umsatz mit Abmahnungen zu generieren.

Alternativ zu einem gerichtlichen Verfahren könnten sowohl Störer als auch vermeintlich Verletzter eine Einigungsstelle anrufen. Die Industrie- und Handelskammern stellen neutrale Sachverständige zur Verfügung, welche die Einigungsgespräche an einem runden Tisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit begleiten.

Fazit

Das bereits erwähnte Prinzip „WAHRHEIT und KLARHEIT“ ist Grundgedanke des Wettbewerbsrechts. Vor dem Lancieren von z. B. Werbemaßnahmen sollte der Werbende sich stets vor Augen führen, wie die Werbung von Dritten aufgenommen werden könnte und eventuell seine Werbung anpassen. Sollte es doch mal zu einem Wettbewerbsverstoß kommen und dieser abgemahnt werden, ist es wichtig sofort aber auch durchdacht zu reagieren und sich an die Industrie- und Handelskammern oder direkt an einen Fachanwalt zu wenden, um eventuell nicht berechtigte Unterlassungserklärungen gar nicht erst zu unterzeichnen und drohende Geldbußen oder gar Gerichtsverfahren zu vermeiden.