Bekannt als Top-Manager des FC Bayern München, machte Herr Hoeneß im Frühjahr dieses Jahres durch Negativschlagzeilen wegen Steuerhinterziehung nach § 370 der Abgabenordnung auf sich aufmerksam. Ob die Voraussetzungen der Selbstanzeige erfüllt sind und ob es überhaupt eine Möglichkeit der Straffreiheit für Steuersünder geben sollte, wird nun erneut deutschlandweit diskutiert.

 

Sachlage Hoeneß

Durch die Medien wurde bekannt, dass Hr. Hoeneß an der Börse gemachte Spekulationsgewinne über den Zeitraum von 2006 bis 2013 auf einem Schweizer Konto anhäufte, ohne diese zu versteuern. So titelte unter anderem der Focus „Bayern-Präsident Hoeneß und das Schweizer Konto“. Hr. Hoeneß hat seinen Wohnsitz in einem schönen Häuschen am Tegernsee, daher unterliegt er nach dem Einkommenssteuergesetz der deutschen Steuerpflicht. Einkommenssteuerpflichtig sind auch die Einkünfte aus dem Kapitalvermögen § 2 I S.1 Nr.5 EStG. Dazu gehören die Einnahmen aus Dividenden, Zinsen oder sonstige Bezüge aus Aktien § 20 I Nr. 1 EStG. Laut Aussage von Herrn Hoeneß wurde das in die Schweiz transferierte Startkapital für die spätere Finanzanlage versteuert, jedoch wurden die darauf Folgenden Gewinne jahrelang nicht dem deutschen Finanzamt angezeigt. Das erfüllt den Tatbestand des § 370 AO, wonach sich Hr. Hoeneß der Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat, was mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Bei dieser enormen Summe der hinterzogenen Steuern handelt es sich bei Herrn Hoeneß um einen besonders schweren Fall und ist kein Kavaliersdelikt.
Wie die Informationen über die Selbstanzeige an die Öffentlichkeit gelangt sind, ist bis heute ungeklärt. Vermutet wird, dass ein ermittelnder Beamter das Steuergeheimnis gem. § 30 AO nicht gewahrt hat. Der Strafverfolgte Uli Hoeneß hat diesbezüglich bereits Anzeige gegen unbekannt erstattet.

Straffreiheit durch Selbstanzeige

Das Ziel der Selbstanzeige § 371 AO ist die Aufdeckung von Steuervergehen und die damit einhergehenden Mehreinnahmen für den Fiskus. Am 03.05.2011 ist die Gesetzesänderung in ihrer jetzigen Fassung zur Schwarzgeldbekämpfung in Kraft getreten. Diese erweitert die Bedingungen für eine gültige Selbstanzeige. Demnach müssen u.a. nun alle unverjährten Steuerstraftaten, einer Steuerart, in vollem Umfang berichtigt werden. Der BGH toleriert hier eine Abweichung der Angaben von 5 % . Die ältere Gesetzesfassung erlaubte eine nur teilweise Offenlegung der Steuervergehen, was dazu führte, dass dies einige als „Steuerhinterziehungsstrategie“(BFM) nutzten. So hatte man nur Angaben zu den Konten gemacht, welche aktuell bedroht waren durch Daten-CDs oder andere Informationswege, aufgedeckt zu werden. Ob Herr Hoeneß diese Offenlegungspflicht in vollem Umfang machte, obliegt zur Zeit der Prüfung der Staatsanwaltsschaft. Ist ihm hier kein größerer Fehler unterlaufen, so besteht die Möglichkeit der Straffreiheit, wenn keiner der Sperrgründe des § 371 II AO die wirksame Selbstanzeige ausschließt.

Sperrgründe

Die Aufgabe der Sperrgründe ist es zu verhindern, dass sich ein bereits der Tat überführter bzw. ins Visier der Steuerfahnder geratener Bürger, sich nicht mit dem Argument der „Reue“ oder Besserungseinsicht, auf die Selbstanzeige berufen kann. Da die Freiwilligkeit der Offenlegung die Grundvoraussetzung für die Straffreiheit ist. Anderes wäre mehr als scheinheilig und würde die Norm zu einer regelrechten, allseits anwendbaren, Aufhebungsgrundlage gegen den Straftatbestand bei Steuerhinterziehung machen.

Die offensichtlichen und eindeutigen Sperrgründe des § 371 II Nr. 1 AO sind das Bekanntwerden einer Prüfungsanordnung gem. § 196 AO, das Einleiten eines Straf-oder Bußgeldverfahrens oder das Erscheinen eines Amtsträgers der Finanzbehörde beim Steuersünder; davon sind im Fall Hoeneß offenkundig keine eingetreten und stehen der Straffreiheit nicht im Wege.

Unklarer ist, ob zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Steuerstraftat nach § 371 II Nr.2 AO zum Teil bereits entdeckt war und Hr. Hoeneß davon wusste, oder unter Würdigung der Sachlage davon hätte wissen müssen. In den Medien wurde spekuliert, dass der Name Hoeneß auf einer im Jahr 2012 angekauften Steuer-CD auftauche. Aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs vermutete man, dass dies der Beweggrund für die Selbstanzeige war. Daher stellt sich die Frage, ob es für eine Selbstanzeige bereits zu spät ist?

Tatentdeckung durch auftauchen einer Steuer-CD?

Als entdeckt gilt die Tat erst, „wenn feststeht, dass die Datensätze zu einer erhöhten Steuerzahlung führen“. Das bloße Existieren einer Daten-CD mit Informationen des Selbstanzeigers genügt nicht für eine Tatentdeckung, vielmehr müssen diese Daten auch von einem Amtsträger mit den Steuerdaten abgeglichen werden und auf einen Verstoß hinweisen. Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft München das Vorkommen von Uli Hoeneß auf einer Daten-CD verneinte und von einer anderweitig zuvor laufenden Untersuchung gegen ihn, ist bis dato nichts bekannt. So fehlt bereits die Tatentdeckung als Hindernisgrund für eine Selbstanzeige.

Sollte entgegen den bis jetzt veröffentlichten Informationen sich doch noch herausstellen, dass die Tat gem. § 371 Abs.2 Nr. 2 entdeckt wurde, so müsste kumulativ Hoeneß auch davon gewusst haben bzw. wissen müssen. Einem Angeklagten zu beweisen, dass er davon wusste wird sich in der Praxis als schwierig herausstellen, womöglich könnte man aber versuchen eine Wissenspflicht unter Würdigung der Sachlage nachzuweisen. Nach herrschender Meinung reicht das bloße Publikwerden des Ankaufs einer Daten-CD von einer bestimmten Bank, selbst nicht aus, dass der Steuerhinterzieher davon ausgehen müsste, dass seine Tat entdeckt ist.

Die Begründung hierfür ist, dass die Daten so lückenhaft sind und oft nur die Spitze des Eisberges abbilden, dass eine Tatentdeckung weiterhin äußerst unwahrscheinlich sei. Hinzu kommt, dass das Wissenmüssen sich auf die Tatentdeckung bezieht, welche ja nicht durch das bloße auftauchen des Namens auf der Daten-CD gegeben ist, sondern erst durch den Abgleich mit den Steuerdaten. Daher schließt das Öffentlichwerden in der Presse über den Ankauf einer Daten-CD die Wirksamkeit der Selbstanzeige nicht aus. Die Selbstanzeige von Herrn Hoeneß ist daher weiterhin wirksam.

Zweck der Selbstanzeige

Eine andere Sichtweise wäre auch für beide Seiten nachteilhaft. Der Steuersünder hätte keinen Grund für eine Selbstanzeige, denn wenn er keine Straffreiheit erfährt, würde er sich so direkt selbst ins Gefängnis befördern. Gerade die Mischung aus Angst vor Tatentdeckung und Hoffnung auf Straffreiheit treibt viele Steuerhinterzieher dazu, sich im Zuge einer neu auftauchenden Daten-CD selbst anzuzeigen. Diese Vorgehensweise hat sich für den Staat als durchaus Ertragreich erwiesen, denn die dadurch erzielten Mehreinnahmen und aufgedeckten Straftaten übersteigen jedes Mal deutlich diejenigen, die nur durch die Daten-CD gemacht werden.

Höhe der Steuerhinterziehung hindert Straffreiheit?

Der letzte in Frage kommende Sperrgrund für die Selbstanzeige ist der des § 371 Abs. 2 Nr.3, wonach der erlangte Steuervorteil 50.000€ pro Tat nicht übersteigen darf. Das Hr. Hoeneß diesen überschritten hat, ist unter Berücksichtigung der Anlagensumme von mehreren 100 Millionen € höchstwahrscheinlich. Sollte dieser Sperrgrund eintreten, müsste Hr. Hoeneß laut Gesetz eine längere Gefängnisstrafe absitzen. Der rettende Anker für den Bayrischen Weißwurstfabrikanten ist der ebenso am 03.05.2011 eingeführte § 398a AO. Danach kann der Sperrgrund wieder aufgehoben werden, wenn der Täter innerhalb einer angemessenen Frist, wie in § 371 Abs. 3 AO, die hinterzogenen Steuern und zusätzlich einen Betrag von 5% derer in die Staatskasse zahlt. Das Beschaffen der Zusatzzahlung ist für den erfolgreichen Geschäftsmann sicher kein Hindernis, somit hätte Hr. Hoeneß nur noch die Frist einzuhalten um den Sperrgrund aufzuheben. Diese bestimmt „die zuständige Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen“. Die Einhaltung sollte kein Problem darstellen. Der gültigen Selbstanzeige steht somit nichts Unumgängliches im Wege.

Inwiefern dieses Ergebnis moralisch richtig und mit den Grundsätzen unserer Demokratie vertretbar ist, ist umstritten. Die Abgrenzung zum klassischen Betrug gem. § 263 StGB gestaltet sich schon als sehr schwierig und wirft die Frage auf, warum Steuervergehen anders geahndet werden? Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will die Selbstanzeige verfassungsrechtlich prüfen lassen. Das Prüfungsergebnis wird sich jedoch wohl immer an der aktuellen politischen Meinung orientieren, so fordert die Opposition z.B. Straffreiheit nur für Bagatellfälle. Wenn der gesellschaftliche Druck auf die Politik wächst, werden weitere Gesetzesänderungen die Folge sein.

Fazit
Wenn Hr. Hoeneß bei der nachträglichen Angabe über die Höhe des zu versteuernden Einkommens die 5 % Fehlergrenze nicht überschreitet, ist die Selbstanzeige gem. § 371 AO wirksam und wird durch keinen Sperrgrund gehindert, da das Verbot, dass der erlangte Steuervorteil 50.000 € nicht überschreiten darf, durch die Zusatzzahlung an den Fiskus umgangen werden kann. Uli Hoeneß erlangt unter diesen Vorraussetzungen der  Selbstanzeige Straffreiheit.

Links:
http://www.blts.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Die_steuerliche_Selbstanzeige.pdf

http://www.adler-schlottmann.com/wp-content/uploads/2012/09/Die-Neuregelung-zur-Selbstanzeige-27.09.2012.pdf

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/11-05/index.php?sz=7
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/12-07/index.php?sz=7