Wie weit dürfen Kundenbewertungen gehen? Wo liegt die Grenze zwischen einer einfachen Kundenbewertung und einer Schmähkritik? Überwiegt die Meinungsfreiheit gegenüber dem Unternehmerpersönlichkeitsrecht der einzelnen Händler? Kürzlich beschäftigte sich das Landgericht Köln mit einer Klage zu eben diesen Fragen bezüglich vermeintlich verletzender Kundenbewertungen auf der Plattform www.amazon.de.

Nicht nur die tägliche Nutzung des Internets verzeichnet einen starken Anstieg, mit ihr wächst auch der Anteil der Waren und Dienstleistungen, die über das Internet bestellt werden. Internetbasierte Versandportale, wie z. B. Amazon, leben nicht zuletzt von der „Mundpropaganda“ zufriedener Kunden als auch Händler. Dabei sind Kundenbewertungen ein wesentlicher Bestandteil funktionierender Konzepte, da sie Versandportale transparenter und damit auch vertrauenswürdiger gestalten. Dieses Instrument der Kundenbewertung dient somit nicht nur der freien Meinungsäußerung der betreffenden Kunden sondern darüber hinaus auch als Kontrollorgan und Referenzquelle hinsichtlich der Leistung der Händler. Diese wiederum müssen in der Regel die Kundenbewertung hinnehmen – oder?

Der Rechtsstreit

Am 8. Mai d. J. beschlossen die Richter des Landgerichtes Köln unter dem Aktenzeichen 28 O 452/12 ein Zivilverfahren zu eben dieser Problematik. Hier klagte ein Unternehmer, welcher seine Produkte über die Plattform www.amazon.de vertreibt, gegen eine seiner Kundinnen. Neben Fragen der Zuständigkeit und anderer Tatbestände ging es hauptsächlich um folgende Bewertungen der Kundin:

„1 von 5: Miserabler Service von X Computersysteme, kundenfreundlich ist anders“

und

„1 von 5: Schlechter Service von X“

Der Unternehmer empfand diese Bewertungen bar jeder Grundlage und fühlte sich in seinem Unternehmerpersönlichkeitsrecht (hergeleitet aus Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) durch die Behauptung unwahrer Tatsachen verletzt. Sämtlicher Service diese Bestellungen betreffend sei über Amazon abgewickelt worden und er selbst habe niemals persönlichen Kontakt zur Kundin gehabt. Die Kundenbewertungen jedoch erweckten den Eindruck ein solcher Kontakt hätte stattgefunden. Darüber hinaus seien die Kundenbewertungen geeignet andere Kunden abzuschrecken, er erleide also Umsatzverluste. Nach anwaltlicher Beratung sandte er der Kundin eine Abmahnung sowie eine strafbewährte Unterlassungserklärung.

Die Kundin hingegen, die bereits während der Bestellabwicklung mehrfach erfolglos versucht hatte, den Händler telefonisch zu erreichen, berief sich auf ihr Recht der freien Meinungsäußerung, manifestiert in Art. 5 GG, und verweigerte die Unterzeichnung der Unterlassungserklärung. Also klagte der Händler auf Basis der §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB auf Unterlassung sowie Schadensersatz. Der Streitwert wurde auf 10.000 EUR festgesetzt.

 Die Richter des Landgerichtes Köln

Im Ergebnis sahen die Richter des LG Köln sich dazu veranlasst die Klage abzuweisen. Nach einer Abwägung der Verhältnismäßigkeit der sich gegenüberstehenden Interessen kam es für die Richter maßgeblich darauf an, ob vorliegend Tatsachen oder reine Meinungsfragmente veröffentlicht wurden. Da nun aber die Erreichbarkeit des Händlers für die Kundin eine derart wichtige Rolle in der Beurteilung der Servicequalitäten spielt, handelt es sich hier um eine reine Meinungsäußerung, die darüber hinaus auch noch derart wage formuliert wurde, dass man ihr kaum „Substanz“ beimessen könne, so die Wertung des LG Köln.

Muss der Händler also tatsächlich jede Meinungsäußerung hinnehmen? Nicht jede. Schließlich findet die Meinungsfreiheit ihre Grenze in Art. 5 Abs. 2 3. Alt. GG, also in der Würde des Anderen bzw. dessen persönlicher Ehre. Bei einem solchen Kommentar kann jedoch sicher keine Rede von einer Beleidigung oder Schmähung sein, da die Kundin sich ja letztlich zu einem ihrer Ansicht nach essentiellem Merkmal des Unternehmens – dessen schlechte Erreichbarkeit als Teil seiner Serviceleistung – geäußert hat und nicht den Händler oder das Unternehmen als solches in Frage gestellt oder beleidigende Kommentare hinterlassen hat.

Auch wenn die Aussagen der Kundin keinerlei Begründung für ihre Ansicht enthalten, schränkt dies ihr Recht auf freie Meinungsäußerung keinesfalls ein, da das Gut der Meinungsfreiheit doch stark beschnitten würde, müsste man jede einzelne Aussage mit Tatsachen untermauern, so die Richter. Nach durchgeführter Abwägung kamen die Richter zu dem, auch unter Anwälten stark diskutiertem Ergebnis, dass der Meinungsfreiheit gegenüber dem Unternehmerpersönlichkeitsrecht in solch einem Fall Vorrang zu gewähren ist.

Fazit

Das Landgericht unterstreicht mit seinem Urteil die Werthaltigkeit des Gutes der Meinungsfreiheit. Kunden sollten sich von einer scheinbaren Übermacht einers Händlers nicht abschrecken lassen, weiterhin ehrlich zu bewerten, doch sollte die Grenze der Meinungsfreiheit – also eben die Würde des Anderen – dabei nicht übertreten werden. Konkret bedeutet dies, dass Kundenbewertungen sich immer auf die Leistung des Unternehmens beziehen sollten ohne dabei personenbezogenene oder beleidigende Elemente zu enthalten.

Für die Unternehmer hingegen gilt es in erster Linie Ruhe zu bewahren.  Sollte ein Händler sich tatsächlich in seiner ganz persönlichen Ehre verletzt fühlen, gibt es immernoch den direkten Weg oder den über den Serviceprovider, z. B. Amazon. Die anwaltliche Alternative als letztes Mittel ist doch meist recht kosten- als auch zeitintensiv.

Nicht zuletzt bieten gerade negative Kundenbewertungen auch immer die Möglichkeit der persönlichen Stellungnahme – sei es direkt mit dem betreffenden Kunden oder als Kommentar unter der Kundenbewertung selbst. Leser der Kundenbewertung lesen dann auch den Kommentar des Händlers. Schlussendlich stünde es somit jedem Leser frei, sich selbst eine möglichst umfassende Meinung zu bilden oder mit dem Händler direkt zu diskutieren. Ganz im Sinne der öffentlichen Meinungsbildung.