Der EuGH hat am 18.04.2013 im Fall STOFFFÄHNCHEN entschieden und eine Konkretisierung zur „ernsthaften Benutzung“ einer Marke vorgenommen. Wenn ein Unternehmen seine Produkte durch das Eintragen von Marken schützen lässt, dann muss es diese eingetragenen Marken auch „ernsthaft benutzen“. Tut es dies nicht, dann ist der Markenschutz ernsthaft gefährdet.
Auf den ersten Blick erscheint dieser Grundsatz logisch und unkompliziert. Wenn man sich als Unternehmen aber fragt was das denn eigentlich konkret bedeutet, dann erscheint die Antwort doch gar nicht so einfach. So auch im Fall STOFFFÄHNCHEN.
Sachverhalt:
Das Unternehmen Levi Strauss (Levi´s) ist Inhaberin verschiedenster Marken, insbesondere für Jeanshosen. Levi´s verwendet kleine rote „Stofffähnchen“ mit dem Schriftzug „LEVI´S“ und näht diese an seine Jeanstaschen. Dabei handelt es sich gleich um zwei geschützte Marken. Das rote „Stofffähnchen“ ist eine Marke und zusätzlich ist das rote „Stofffähnchen“ zusammen mit der Beschriftung „LEVI´S“ auch als Marke geschützt. Das Unternehmen Colloseum vertreibt ebenfalls Jeanshosen und verwendet auch rote „Stofffähnchen“ mit dem Schriftzug „SM JEANS“. Levi´s sieht darin eine Verletzung seiner Marke: rotes „Stofffähnchen“.
Problematik:
Wenn das rote „Stofffähnchen“ eine geschützte Marke ist, dann verletzt Colloseum die Markenrechte von Levi´s. Also stellt sich die Frage ob dem auch so ist. Wie eingangs erwähnt müsste Levi´s sein rotes „Stofffähnchen“ regelmäßig verwenden damit es geschützt bleibt. Levi´s verwendet sein rotes „Stofffähnchen“ aber nur zusammen mit dem „LEVI`S“-Schriftzug und diese beiden Sachen zusammen, also Fähnchen und Schriftzug, sind ebenfalls als eigenständige Marke eingetragen. Somit könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass Levi´s das rote „Stofffähnchen“ allein, also ohne Schriftzug, nicht mehr benutzt Das hätte dann zur Folge das diese Marke nicht mehr „ernsthaft benutzt“ wird und somit keinen Markenschutz mehr besitzt. Colloseum könnte dann seine Jeans mit den roten „Stofffähnchen“ und dem Schriftzug „SM JEANS“ weiter verwenden.
Zu klären ist also was alles unter einer „ernsthafte Benutzung“ zu verstehen ist. Muss Levi´s das rote „Stofffähnchen“ auch ohne Schriftzug verwenden oder könnte durch die Verwendung des roten „Stofffähnchens“ mit „LEVI`S“-Schriftzug, auch das rote „Stofffähnchen“ ohne Schriftzug ernsthaft benutzt worden sein?
Rechtlicher Hintergrund
Das rote „Stofffähnchen“ ist als eine europäische Gemeinschaftsmarke eingetragen. Möchte ein Unternehmen eine Marke in der gesamten EU schützen, so lässt es eine Marke als Gemeinschaftsmarke eintragen. Rechtsgrundlage für diese Marken, ist die Verordnung über Gemeinschaftsmarken (GMV).
Eine Gemeinschaftsmarke bleibt nach Art.15 I GMV nur geschützt wenn sie ernsthaft benutzt wird. Fraglich war aber, ob die „ernsthafte Benutzung“ einer Marke auch durch die Benutzung einer anderen Marke erfüllt werden kann.
Entscheidung des EuGH im Fall STOFFFÄHNCHEN:
Der EuGH bejahte, mit seiner Entscheidung vom 18.04.2013, die „ernsthafte Benutzung“ einer Marke durch die Verwendung einer anderen Marke.
Leitsatz: Die Voraussetzung der ernsthaften Benutzung einer Marke kann erfüllt sein, wenn eine eingetragene Marke, die ihre Unterscheidungskraft infolge der Benutzung als Bestandteil einer anderen, zusammengesetzten Marke erlangt hat, nur vermittels dieser benutzt wird oder wenn sie nur in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird und beide Marken zusammen zusätzlich als Marke eingetragen sind. (Leitsatz des Gerichts, durch Verfasser bearbeitet)
Er fügte jedoch hinzu, dass dabei die Unterscheidungskraft der einzelnen Marken mit entscheidend sei. Somit muss diejenige Marke die als Teil einer anderen Marke oder in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird, auch weiterhin als eigenständige Marke wahrgenommen werden.
Im Fall STOFFFÄHNCHEN bedeutete dies konkret, dass es darauf ankommt ob auch das rote „Stofffähnchen“ ohne Schriftzug als ein Herkunftshinweis auf die Marke „LEVI`S“ wahrgenommen wird.
Fazit:
In der Praxis ist die Kombination verschiedener Marken, ohnehin eine gängige Eintragungsstrategie. Viele Branchen verwenden Marken nicht isoliert, sondern kombinieren diese und erhalten dadurch einen breiteren Markenschutz. In Einzelfällen könnte es jedoch schwierig sein, das einschränkende Kriterium der Unterscheidungskraft nachzuweisen. In den meisten Fällen sollte eine solche Wahrnehmung allerdings anzunehmen sein.
Für Markeninhaber ergeben sich in der Praxis keine Änderungen. Sie können weiterhin verschiedene Kombinationen von Marken eintragen und somit schützen. In der Zukunft haben sie aber die Gewissheit, dass die europäische Rechtssprechung ihren Interessen folgt. Insgesamt stärkt somit der EuGH die Interessen von Markeninhabern und gibt ihnen Rechtssicherheit.