Der Slogan „Wir sind das Volk“ ist untrennbar verbunden mit der friedlichen Revolution 1989. Nun erfahren wir aus der Presse, dass eine rechtsextreme Partei sich diesen Satz als Marke hat schützen lassen. Welche Bedeutung hat das und was ist die Vorgeschichte?

Wer erhält Markenschutz?

Marken sind Kennzeichen von Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie können extrem wertvoll sein. So ist die Marke „Coca Cola“ je nach Berechnungsart zwischen 74 Mrd. US-Dollar und 77 Mrd. US-Dollar wert (vgl. Wikipedia-Artikel dazu). Schutz erhält auf Antrag jeder, der einen entsprechenden Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt stellt, unabhängig davon, ob das Kennzeichen Produkt eigener geistiger Anstrengung ist. Es muss lediglich ein unverwechselbares Zeichen mit „Kennzeichnungskraft“ vorgeschlagen werden.

Marken können Worte, Töne, Bilder, auch Verbindungen davon sein, wenn nur eine hinreichende Unterscheidungskraft vorliegt. Das Markenamt prüft nicht, ob eine anderweitige Registrierung bereits vorliegt. Die Aufgabe, sich vor anderweitigen Registrierungen zu schützen, hat also der Markeninhaber selbst. Nach diesen Kriterien war auch der Slogan „Wir sind das Volk“ als Marke eintragbar, denn die Unverwechselbarkeit und Kennzeichnungskraft ist ihm sicher zu eigen.

So hat, wie aus der Registerauskunft für jeden ersichtlich ist, eine kleine rechtsextreme Splitterpartei die Marke „Wir sind das Volk WSDV“ unter der Registernummer 302011036817 für eine große Menge verschiedener Warengruppen angemeldet. Die Widerspruchsfrist läuft am 3.6.2013 ab.

Versagungsgründe

§ 8 MarkenG enthält sog. „absolute Schutzhindernisse“, also Gründe, aus denen eine Marke nicht eingetragen werden darf. Dazu gehören Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen, die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen  … enthalten, Marken, die amtliche Prüf- oder Gewährzeichen enthalten, aber auch Marken, deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann, oder die bösgläubig angemeldet worden sind.

Aus einem solchen öffentlichen Interesse kann die Eintragung der Marke versagt werden, das Vorliegen des öffentlichen Interesses prüft das Markenamt. Es hat sich gegen eine Versagung entschieden. Dabei ist sicher von Bedeutung, dass die Anmeldung nicht die erste für diese Marke ist: Insgesamt ist ausweislich der Registerauskunft im Deutschen Patent- und Markenamt der Slogan elf Mal, darunter unter Nr. 30212625 auch durch die Stadt Leipzig,  zum Markenschutz angemeldet worden.

Nicht geprüft wird vom Amt, ob es einen anderweitigen Inhaber der Marke gibt – das wäre demgemäß auch kein Versagungsgrund. Zum Schutz der eigenen Marke kann nach § 42 MarkenG jeder Widerspruch gegen die Markeneintragung einlegen, der geltend macht, ein entgegenstehendes und zeitlich prioritäres Markenrecht zu haben.

Markenrechte der Stadt Leipzig?

In der Presse wird nun vermutet, die Stadt Leipzig könne einen solchen Widerspruch einlegen, denn sie hatte ebenfalls den Slogan als Marke angemeldet. Diese Marke ist allerdings unterdessen gelöscht, denn der markenrechtliche Schutz verfällt nach § 49 MarkenG, wenn die Marke fünf Jahre lang nicht benutzt worden ist. Einen solchen Löschungsantrag hat es gegeben und die Löschung der Marke ist am 3.5.2013 eingetragen worden. Es ist also offen, ob die Stadt Leipzig überhaupt widerspruchsberechtigt ist.

Wogegen schützt der Markenschutz?

Der Markenschutz bedeutet nicht, dass der Slogan nicht mehr verwendet werden dürfte, denn Markenverletzungen liegen nur bei Gebrauch der Marke in geschäftlichen Handlungen vor. Bei politischen Meinungsäußerungen darf er daher trotz Markenschutzes ohne weiteres ebenso verwendet werden wie bei Demonstrationen oder in jeder beliebigen Hinsicht durch Private. Dennoch: Die wenn auch nur teilweise Aneignung eines solch geschichtsträchtigen und bedeutsamen Satzes durch Sektierer ist natürlich äußerst fragwürdig und problematisch.