Wenn Gesellschafter miteinander streiten, wenn ein Gesellschafter kündigt, aber auch im Fall von Insolvenz oder Zwangsvollstreckung kommt es zur Einziehung von Gesellschaftsanteilen. Dabei ist rechtlich vieles zu bedenken, so muss der Beschluss zur Einziehung eine Entscheidung über das Schicksal des Anteils enthalten. Unstreitig und von besonderer Bedeutung ist, dass der ausscheidende Gesellschafter zu entschädigen ist. Die Entschädigung, im Zweifel aus Mitteln der Gesellschaft zu erbringen, darf aber nur aus dem freien Vermögen der Gesellschaft geleistet werden – das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen darf nicht angegriffen werden. Das hat sowohl für die Wirksamkeit des Beschlusses über die Einziehung als auch für eine eventuelle persönliche Haftung der Gesellschafter erhebliche Bedeutung.

Einziehungsvoraussetzungen

Die Einziehung ist bekanntlich nach § 34 GmbHG nur möglich, wenn sie in der Satzung vorgesehen ist. Zudem ist eine Entschädigung des Gesellschafters für den Verlust seiner Gesellschafterposition erforderlich. Die Entschädigung kann durch einen Gesellschafter geleistet werden, der nach der Einziehung in die Gesellschafterposition eintritt, in der Regel ist der Schuldner der Entschädigung aber die Gesellschaft selbst. Dann kann sich das Problem stellen, dass die Gesellschaft zum Leisten der Entschädigung nicht in der Lage ist. Die Entschädigungsleistung könnte das freie Vermögen der Gesellschaft angreifen. Diese Zahlung ist Zahlung an den Gesellschafter und damit nach § 30 GmbHG untersagt, wenn sie das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angreift. Obwohl der ausgeschiedene Gesellschafter mit Wirksamwerden des Beschlusses seine Gesellschafterstellung verliert, ist die Zahlung eine nach § 30 GmbHG, weil ihr Rechtsgrund im Gesellschaftsrechtsverhältnis liegt.

Kapitalerhaltung und Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses

Der Bundesgerichtshof hat schon im Jahr 2000 festgehalten, dass der Einziehungsbeschluss nichtig ist, wenn schon bei seiner Fassung klar ist, dass die dem Gesellschafter zu leistende Entschädigung aus dem freien Vermögen der Gesellschaft nicht erbracht werden kann. Dann ist, weil der Beschluss gegen die Kapitalerhaltungsregel des § 30 GmbHG verstößt, dieser nichtig. Dem begegnet die Praxis in der Regel damit, dass schon in der Satzungsregelung, die die Einziehungsvoraussetzungen einschließlich der Entschädigung regelt, eine Auszahlung des Entschädigungsbetrages in Raten vorgesehen wird. Für die Beurteilung, ob der Beschluss nichtig ist, kommt es dann darauf an, ob zum Zeitpunkt, in dem der Beschluss gefasst wird, absehbar ist, ob die Entschädigung künftig und in den satzungsgemäßen Raten aus dem freien Vermögen geleistet werden kann. Ist das der Fall, ist also die Prognose positiv,  so ist der Beschluss wirksam. Das gilt auch dann, wenn sich später herausstellt, dass das freie Vermögen doch nicht ausreichend ist, dass also nun doch eine der späteren Raten nicht aus dem freien Vermögen geleistet werden kann.

Später stellt sich heraus: Das freie Vermögen ist nicht ausreichend

Ist der Beschluss wirksam, kann sich natürlich im Nachhinein herausstellen, dass das freie Vermögen nicht ausreicht. Dann bleibt der Beschluss wirksam. Für diese Konstellation ist die Entscheidung des BGH vom Januar 2012 von Bedeutung: Stellt sich später heraus, dass das freie Vermögen nicht reicht, kann die Gesellschaft dem Anspruch auf die Entschädigung eine Einrede entgegenhalten. Nun tritt allerdings die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ein. Die Gesellschafter müssen nun gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter dafür sorgen, dass dieser die Entschädigung erhält. Schließlich ist der Gesellschaftsanteil, für dessen Verlust die Entschädigung eine Kompensation bedeutet, den Gesellschaftern in irgendeiner Form zugefallen. Es bleibt dann bei einer Wirksamkeit des Beschlusses, doch müssen die Gesellschafter im Rahmen ihrer Treuepflicht gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter dafür Sorge tragen, dass dieser eine Entschädigung erhält. Gegebenenfalls ist nach Auffassung des BGH die Gesellschaft zu liquidieren. Sorgen sie nicht für eine Entrichtung der Entschädigung, trifft sie eine persönliche Haftung.

Offene Fragen

Offen bleibt bei dieser Konstellation, wie der verbleibende Gesellschafter sich rechtssicher vor einer persönlichen Inanspruchnahme schützen kann. Trifft er z.B. den Liquidationsbeschluss, so ist nicht sicher, dass der Liquidationserlös zur Begleichung der Verbindlichkeit gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter reicht. Muss der Gesellschafter dann dennoch für die Differenz haften oder hat er nun alles ihm mögliche getan, um dem ausgeschiedenen Gesellschafter zu seiner Entschädigung zu verhelfen? Wie verhält es sich, wenn in der Zukunft mit einer Sanierung und damit einer Entschädigung aus freiem Vermögen zu rechnen ist – muss die Gesellschaft dann liquidiert werden, auch wenn der Liquidationserlös evtl. unter der Entschädigungssumme liegt, die in Zukunft zu erwarten ist? Was ist, wenn sich Sanierungserwartungen zerschlagen? Hier sind noch viele Fragen offen.