Schon zu Beginn des neuen Jahres hält die Bundesregierung für die rund sieben Millionen Mini- Jobber der Republik einige Innovationen rund um deren Beschäftigungsverhältnisse bereit. Nach allem notwendigerweise erfolgtem Prozedere steht den – im Wesentlichen zwei – geplanten Neuerungen nun nichts mehr im Wege. Was die Arbeitnehmer zukünftig zu erwarten haben…
Die Erhöhung der Arbeitsentgeltsgrenzen
Eine äußerst positive Resonanz unter den Beschäftigten – oder denen, die es mal werden wollen – wird wohl die Erhöhung des Arbeitsentgeltes hervorrufen. Denn der Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU/ CSU und FDP vom 25. September 2012 sieht die Erhöhung der bisherigen Arbeitsentgeltgrenze des § 8 I Nr. 1, 2 SGB IV für geringfügige Beschäftigungen von ursprünglich 400,00 € auf nun 450,00 € vor.
Die Erhöhung trägt dem Umstand Rechnung, dass die durchschnittlichen Löhne und Gehälter in den letzten zehn Jahren einen doch recht nennenswerten Anstieg erfahren haben. Währenddessen stagnierte das Gehaltsniveau der geringfügig Beschäftigten jedoch schon seit ihrer Einführung im Jahr 2003. Nun sollen so auch die Mini- Jobber des Landes vom wirtschaftlichen Aufschwung profitieren können.
Wechsel von Opt- in zu Opt- out
Den Kernpunkt der Neuerungen bildet aber das nun umgepolte Versicherungssystem. Bisher sah man für die geringfügig Beschäftigten eine grundsätzliche Versicherungsfreiheit in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung vor. Hierbei bestand dann die Möglichkeit auf eben diese Versicherungsfreiheit zu verzichten, ein sog. Opt- in. Bisher nahmen jedoch nur ca. 5 % der Beschäftigten diese Option wahr.
In Zukunft soll jedoch das Bewusstsein der Arbeitnehmer für ihre Alterssicherung sowie ihre allgemeine soziale Absicherung gestärkt und erhöht werden – dieses Ziel soll die Einführung des sog. Opt- out durchsetzen.
Das bedeutet für die Praxis im Klartext: Geht ein Arbeitnehmer nach dem 1. Januar 2013 ein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis ein, so ist er automatisch rentenversichert. Es besteht aber jederzeit die Möglichkeit sich gem. dem neu gefassten § 6 I b) SGB VI dieser Versicherungspflicht auf Antrag zu entziehen. Die Neufassung der Norm verlangt hierbei explizit die Stellung des Antrages in Schriftform beim Arbeitgeber. Der Arbeitgeber unterliegt bei Stellung des Antrages nun der Meldepflicht nach § 28 a I Nr. 11 SGB IV.
Der ebenfalls neu eingeführte § 6 III 2 SGB VI regelt die Fiktion der Befreiungserteilung, d. h. sie gilt dann als erteilt, wenn nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28 a SGB IV dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widersprochen wird.
Die Befreiung wirkt bei Vorliegen aller Voraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28 a SGB IV rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen wird, so § 6 IV 2 SGB VI.
Der allgemeine Beitragssatz zur Rentenkasse liegt aktuell bei 18,9 % des Lohnes, wovon bereits 15 % gem. § 276 a I SGB VI durch den Arbeitgeber des Mini- Jobbers übernommen werden. Dieser hat dann lediglich die Differenz von 3,9 % in Form eigener Beiträge auszugleichen.
Ein nicht vernachlässigenswerter Vorteil aus der Versicherungspflicht für die Arbeitnehmer besteht im Vollerwerb des Leistungspaketes der Rentenversicherung mit vergleichsweise niedrigen Eigenbeträgen, so die Minijob- Zentrale.
Konsequenzen der Befreiung
Hat der Arbeitnehmer bereits vor dem 1. Januar 2012 eine geringfügig entlohnte Beschäftigung aufgenommen und auf die Versicherungsfreiheit verzichtet ist dies laut § 6 I b) SGB VI für die Dauer der Beschäftigung bindend. Gleiches gilt für nach diesem Zeitpunkt aufgenommene Tätigkeiten und eine eventuell erfolgte Befreiung von der Versicherungspflicht.
Zu bedenken ist ebenfalls, dass sich ein einmal ausgesprochener Verzicht bzw. der Befreiungsantrag auf alle zukünftig zusätzlich aufgenommenen geringfügig entlohnten Beschäftigungen wirkt.
Diese Wirkung entfällt erst dann, wenn für den Arbeitnehmer keinerlei geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse mehr bestehen bzw. wenn das Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber mindestens zwei Monate unterbrochen war. Diese Zeitspanne ist im Fall eines Arbeitgeberwechsels hinfällig.
Was passiert mit bestehenden geringfügigen Beschäftigungen?
Bestanden die Arbeitsverhältnisse schon vor dem 1. Januar 2013 bleiben diese aufgrund Bestandsschutzes und Übergangsregelungen im alten Umfang bestehen. An ihrer grundsätzlichen Versicherungsfreiheit ändert sich nichts, es bleibt den Arbeitnehmern aber weiterhin überlassen, ob sie der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung unterliegen wollen.
Anders gestaltet sich der Fall, wenn der Arbeitgeber das Entgelt von früher 400,00 auf weniger als 450,01 € erhöht. Denn dann unterliegen die Arbeitnehmer automatisch der neuen Gesetzeslage und sind somit versicherungspflichtig in der Rentenversicherung. Die Option auf Befreiung bleibt weiterhin bestehen. Das gilt allerdings nur, wenn vorher kein Verzicht auf Versicherungsfreiheit durch den Mini-Jobber vorlag.
Für Studenten…
Achtung: Die Einkommensgrenze bei Bafög- Beziehern bleibt allerdings bei 400,00 € monatlich.
Für alle weiteren Eventualitäten und Unklarheiten auf Arbeitnehmer- sowie Arbeitgeberseite hält die Minijob- Zentrale online einen umfangreichen Fragen- und Antwortkatalog bereit.
Wer sich intensiv mit den Änderungen befassen möchte, wird bei der ebenfalls bereitgestellten Gegenüberstellung der früheren und künftigen Rechtslage fündig werden.
Zu grundsätzlichen Fragen des Mini-Jobs, auch mit Blick auf die hier behandelte Erhöhung des Entgeltes, ist in der NJW (NJW, 2013, 118) ein lesenswerter Aufsatz mit dem Titel „Mini-Jobs – ausweiten oder abschaffen?“ von Prof. Dr. Waltermann erschienen.
Prof. Waltermann beleuchtet hier das geltende Recht, die eigentlichen Ziele der Mini-Jobs, sowie ihre ökonomische Auswirkungen für die Gesellschaft und kommt zu dem Schluss, dass der gesamte Rechtsrahmen des Niedriglohnsektors in Zukunft Beachtung finden müsse. Begründet wird es u.A. damit, dass durch die Abgabenprivilegierung der Mini-Jobs falsche Anreize gesetzt werden und sich das Problem von „der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zur Verhinderung von Arbeit zu nicht dauerhaft existenzsichernden Entgelten in einer zu großen Zahl von Arbeitsbeziehungen zu verschieben“ scheint. Hiermit verbunden verschieben sich die Kosten der Gesellschaft (durch u.A. die Nachfinanzierung von Renten) ebenfalls von der Gegenwart in die Zukunft. Dies kann jedoch in einer alternden, schrumpfenden Gesellschaft, mit einem wachsenden Niedriglohnsektor, keinesfalls gewünscht sein kann.
Der Artikel aus der NJW beleuchtet die Thematik sehr kritisch und umfassend.
Die Anzahl der Minijobber ist mit ca.7 Millionen ist sehr hoch. Im Vergleich dazu ist festzuhalten, dass sich nur knapp 3 % aller Bundesbürger in einem Leiharbeitsverhältnis befinden. Den ca. 7 Millionen Minijobbern stehen rund 29 Millionen sozialversicherungspflichtige Jobs gegen. Eine enorme Zahl von Minijobbern: Fast 10 % aller Bundesbürger gehen somit einer solchen Beschäftigung nach, oder anders ausgedrückt ist mittlerweile jeder fünfte Job ein Minijob. Der Großteil der Minijobber (4,76 Millionen) geht laut Statistik keiner anderen Beschäftigung nach.
Abgesehen von Studenten und Schülern sind es meistens Ehefrauen, die Minijobs haben. Wegen der Kindererziehung ist es oft die einzige Möglichkeit Job und Familie unter einen Hut zu bringen, um wenigstens einen kleinen Beitrag zum Haushalt beizusteuern. Sie stellen mit 63 Prozent fast zwei Drittel der Minijobber. Zur Folge hat dies, dass diese schutzbedürftige Bevölkerungsgruppe keine ausreichende Ansprüche auf Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
Außerdem darf in Hinblick auf die Tatsache, dass die durchschnittlichen Gehälter in den letzten Jahren enorm gestiegen sind, nicht übersehen werden, dass eine Erhöhung der Minijobgehälter auf nun 450 Euro als unverhältnismäßig erscheint. Eine solche niedrige Erhöhung von 50 Euro ist in Betracht der stetigen Inflation unangemessen.
Im vergangenen Jahr lag die Arbeitslosenquote auf dem niedrigsten Niveau seit 1991. Im Vergleich mit den europäischen Nachbarländern, den Vereinigten Staaten oder Großbritannien hat Deutschland die höchste Beschäftigungsrate.
Allerdings wird diesen „vorbildhaften“ Zahlen vorgeworfen, dass das deutsche Jobwunder nur auf eine Zunahme „halbwertiger“ Beschäftigungsverhältnisse wie zum Beispiel Minijobs basiert.
Bei Gewerkschaften und Sozialpolitikern stehen Minijobs sowieso in der Kritik, weil sie oft geringe Stundenlöhne beinhalten und damit nur dem Niedriglohnsektor helfen.
Abzuwarten bleibt also, wie sich das Beschäftigungsmodell Minijob weiterhin entwickeln wird, ob die neue Reform tatsächlich Besserung mit sich bringt, oder ob Minijobs ganz abgeschafft werden sollten, was zur Folge hätte, dass die Beschäftigungsquote in der Bundesrepublik nicht mehr ganz so brilliert.
Die Diskussionen bezüglich der demografischen Situation und der damit verbundenen wirtschaftlichen Entwicklung widmen sich immer öfter der Frage: Wer wird Beiträge für die Rente leisten, und gehört damit zum Top – Thema der Wirtschafts- und Sozialpolitik Deutschlands. Die Erhöhung des Freibetrags und der damit verbundenen Rentenversicherungspflicht bei Minijobbern kann, meiner Meinung nach, der erste Schritt auf dem Weg zur Staatsentlastung bei den späteren Rentenzahlungen sein. Aus meiner Sicht, muss jeder Job Rentenversicherungspflichtig sein und die Entscheidung, Beiträge bezahlen oder nicht, kann nicht im Ermessen der einzelnen Bürger liegen.
Die Regelung, dass Studenten, die BAföG empfangen, weiterhin bei dem 400 € Freibetrag bleiben sollen, ist für mich unklar. Aus studentischer Perspektive kann ich sagen, dass die 400 € und das BAföG dazu, bei Vollzeitstudium, Miet-, Lehrbücher und Lebensmittelpreisen unangemessen sind. Außerdem macht die tatsächliche 30 € – Erhöhung bei einem Student Sinn.
Ein Minijob an sich ist, aus meiner Sicht, eine ungerechte und undankbare Tätigkeit. Dennoch gibt es genug Leute, die darauf aus unterschiedlichen Gründen angewiesen sind. Um seine sowie so benachteiligte arbeitsmarktliche Position zu verbessern, sehe ich als wichtig, die Regelungen bezüglich der Freibeitragserhöhung gesetzlich festzulegen und nicht von den politischen Wünschen der an der Spitze stehenden Koalition abhängig zu machen. Außerdem denke ich, dass die Zeit reif ist, endlich den Mindestlohn einzuführen und auch Minijob Gehälter abhängig von der Branche und der Tätigkeit abhängig zu machen.
Umstritten ist die neue Regelung immer noch. Die Meinungen, dass die Studenten, die Bafög beziehen benachteiligt werden , weil die 50 € weniger verdienen können, als die andere Mini jobber , finde ich bisschen übertrieben, weil die Studierenden in jedem fall Vorteile selbst zumindest mit dem Bafög haben.
Anderseits bringt die neue Regelung für Studierenden normale Versicherungsjahre. Beispielsweise, wer in Deutschland studiert, kann im Normalfall nicht mit 65, sondern erst mit 67 in Rente gehen. Denn Studienjahre zählen nicht als Versicherungsjahre. Deshalb ist gerade für Studenten der Minijob eine gute Möglichkeit, um Versicherungsjahre zu „sammeln“.