Nach § 52 a UrhG ist es zulässig, kleine Teile eines urheberrechtlich geschützten Werkes einer geschlossenen Gruppe von Studierenden unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Das betrifft z.B. Ausschnitte aus Lehrbüchern oder Aufsätzen. Die Regelung ist mit einer Experimentierklausel verbunden: Sie ist nach dem 31.12.2012 nicht mehr anzuwenden (§ 137 k UrhG). Bleibt es dabei? Was hätte das für Folgen? Wie ist es, wenn die Regelung fortbesteht?
Parlamentarische Aktivitäten zu § 52 a UrhG
Zur Zeit (November 2012) gilt die sog. „sunset-Regelung“ des § 137 k UrhG. Die beschränkte Möglichkeit, Dokumente für Zwecke der Hochschullehre zur Verfügung zu stellen, läuft danach Ende Dezember 2012 aus. Die SPD-Fraktion hat im Juni 2012 einen Antrag eingebracht, wonach § 137 k aufgehoben wird, § 52 a UrhG also zeitlich uneingeschränkt gelten soll. Nun hat unter dem 6.11.2012 auch die Fraktion von CDU/CSU einen Gesetzentwurf eingebracht, wonach die Bestimmung eine „Gnadenfrist“ bis 31.12.2014 erhalten soll. Es besteht danach Hoffnung, dass irgendeine Verlängerung des Anwendungszeitraums noch vor dem 31.12.2012 beschlossen wird.
E-Learning mit § 52 a UrhG – Was ist ein „kleiner Teil“ eines Werks?
Ohnehin ist der Anwendungsbereich des § 52 a UrhG nicht grenzenlos. So hat das OLG Stuttgart im April 2012 der Fernuniversität Hagen unter Androhung von Zwangsgeld oder Zwangshaft untersagt, Teile eines Lehrbuchs
„ohne Zustimmung der Klägerin elektronisch zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich zugänglich zu machen und/oder solche Handlungen durch Dritte begehen zu lassen, indem sie
a) ihren Studierenden ermöglicht, die Werkteile als elektronische Datei herunterzuladen und auf Datenträgern zu speichern, und/oder
b) ihren Studierenden den Abruf der Werkteile in elektronischer Form ohne die Möglichkeit der Speicherung ermöglicht, und/oder
c) ihren Studierenden ermöglicht, die nach a) oder b) zur Verfügung gestellten Werkteile ganz oder teilweise auszudrucken, sofern der Umfang des Werkteils insgesamt mehr als drei Seiten umfasst.
Drei Seiten sind also sogar für ein Lehrbuch (das 476 Seiten umfasste) nach Auffassung der Rechtsprechung der maximal zulässige Umfang. Der betreffende Hochschullehrer hatte 91 Seiten eingestellt.
Also: Bibliotheksbesuch bleibt jedenfalls die erste Wahl
Dennoch: Sollte die Regelung im Jahr 2013 nicht mehr verlängert werden, so wäre auch die Praxis, Studierenden auf E-Learning-Plattformen wenigstens Auszüge aus wichtigen Werken zum Einstieg zur Verfügung zu stellen, sofort einzustellen. Was im Dezember noch zur Verfügung gestellt werden konnte, muss vor dem 1.1.2013 gegebenenfalls heruntergenommen werden.
Auch der Blog „Freie Kultur und Musik“ und das Radio „detector fm“ befassen sich in interessanten Beiträgen mit diesem Thema.
Danke für die prägnante, wichtige Zusammenfassung. Hoffen wir, dass verlängert, entfristet und nachgebessert wird.
Bei e-teaching.org gibt es gerade ein Themenspecial „E-Legal? – Rechtsfragen im E-Learning“ (http://www.e-teaching.org/specials/e-legal_rechtsfragen_im_e-learning) mit interessanten Vortragsterminen (und Aufzeichnungen).
Das Themenspecial ist wirklich sehr interessant, danke für den Hinweis! Gerade auch die Frage, wie man elektronische Prüfungen rechtssicher gestalten kann, habe ich mir – ohne Antwort bisher – auch schon gestellt.
Zur erneuten Vertiefung oder Auffrischung dieser Debatte zum § 52 a UrhG empfiehlt es sich auch, das Buch „E-Learning und Urheberrecht an Universitäten in Österreich und Deutschland“ von Helena Schöwerling anzulesen, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Rechtslage und die urheberrechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich des universitären E-Learnings (http://www.medien-recht.com/647-Schoewerling,_E-Learning). Bei einer Annäherung an das Thema sollte der Leser nicht außer Acht lassen, dass die österreichische Rechtslage im Fokus steht. Eine interessante Rezension von N. Kalberg zum Buch „E-Learning und Urheberrecht an Universitäten in Österreich und Deutschland“ findet sich in der MMR 2007, XXVIII.
Es sieht nun so aus, als würde der Bundestag am Donnerstag, 29.11.2012 über die Verlängerung des § 52 a UrhG in zweiter und dritter Lesung verhandeln. Siehe hier die Tagesordnung (TOP 29): http://www.bundestag.de/dokumente/tagesordnungen/211.html
Unterdessen ist die Anwendbarkeit von § 52 a UrhG bis Ende 2014 verlängert (Protokoll der BTag-Sitzung S. 225 http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/17/17211.pdf). Man will Entscheidungen dazu abwarten, was „kleine Teile eines Werkes“ sind, bevor man über die dauerhafte Anwendung entscheidet.