Der BGH hat im April 2012 erstmals das AGG auf Mitglieder von Organen in Kapitalgesellschaften angewendet. Dort ging es um die Altersdiskriminierung eines GmbH-Geschäftsführers. Ähnliches könnte aber auch für eine Frauenquote gelten. Nach § 6 Abs. 3 AGG findet das Gesetz auf Organmitglieder Anwendung, soweit es um deren Berufszugang geht. Männer könnten sich daher evtl. gegen eine Quote aus dem Unternehmen heraus wehren, wenn ihnen dadurch ein Aufsichtsratssitz nicht gewährt wird. Droht vom AGG Gefahr für freiwillige Quoten?
Geschäftsführer im Anwendungsbereich des AGG
Im entschiedenen Fall hatte der Geschäftsführer einer städtischen Klinik nach Ende der Amtszeit und mit 62Jahren einem 41-jährigen Mitbewerber weichen müssen. Er machte Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens nach dem AGG geltend und erhielt vom BGH recht. Insbesondere hielt der BGH die Beweislastregel des § 22 AGG für anwendbar. Im persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes befand sich der Geschäftsführer nach Auffassung des Gerichts, weil die Wiederbesetzung des Amts nach Ende der Amtszeit sich für den ausscheidenden und um eine neue Amtszeit bewerbenden Geschäftsführer als Zugang zur Erwerbstätigkeit darstellt.
Diskriminierung durch Gremienentscheidung?
Die Entscheidung, den Geschäftsführer nicht weiterzubeschäftigen hatte ein fakultativer Aufsichtsrat der GmbH getroffen. Kommuniziert wurde sie durch den Aufsichtsratsvorsitzenden. Gremien sind keine natürlichen Personen und können daher auch keine Diskriminierungsabsicht zeigen. Das können nur die Gremienmitglieder selbst. Daher war nicht unproblematisch zu zeigen, dass auch eine Gremienentscheidung diskriminierend sein kann. Der BGH hat das dadurch gelöst, dass er ausführt:
Da ein Gremium als solches keinen eigenen Willen hat, sondern sich seine Entscheidungen aus dem Willen seiner Mitglieder ergeben, kommt es für die Vermutungswirkung des § 22 AGG allein darauf an, ob Indizien feststehen, aus denen sich ergibt, dass die einzelnen Mitglieder des Gremiums bei der Abstimmung den Bewerber aus unzulässigen Gründen benachteiligt haben. Dabei kann offenbleiben, ob diese Motivation bei der für die Beschlussfassung erforderlichen Mehrheit der Mitglieder …. oder bei nur einem Mitglied …. vorhanden sein muss.
Verschulden nach § 15 AGG
Nicht einfach zu beantworten ist die Frage, ob das nach § 15 I 2 AGG vermutete Verschulden bei einer Gremienentscheidung überhaupt zu bejahen ist. Hier rechnet der BGH das Verschulden der Gremienmitglieder (hier des fakultativen Aufsichtsrats) dem Gremium selbst zu und bejaht damit das Verschulden.
Folge für die Frauenquote?
Für Frauenquoten ist zu bedenken, dass Ziff. 5.1.2 das Achten auf Diversity innerhalb des Aufsichtsrats zur Empfehlung erhebt. In Betracht kommt daher eine Rechtfertigung gem. § 5 AGG. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile verhindert oder ausgeglichen werden sollen. Davon kann man bei der internen Vereinbarung von Frauenquoten ausgehen. Dann wären diese Quoten unproblematisch, weil gerechtfertigt.
Würde der Gesetzgeber eine Quotenregelung anordnen, kommt ein Verstoß gegen das AGG nicht mehr in Betracht (Einheit der Rechtsordnung). Allenfalls könnte man dann an einen Verstoß gegen die Antidiskriminierungsrichtlinie denken, die durch das AGG umgesetzt wird. Auch von dieser Seite dürfte allerdings kein Nachteil drohen, denn die Richtlinie steht Fördermaßnahmen wie Quotenregelungen positiv gegenüber.