Mit ihrer Mitteilung „Eine neue EU-Strategie (2011-2014) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)“ vom 25. 10. 2011 möchte die EU-Kommission die soziale Verantwortung von Unternehmen in der Europäischen Union stärken. Das verbessere die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die in der Finanzkrise Vertrauen verloren hätten. Die Kommission hat einen Aktionsplan für den Zeitraum 2011 bis 2014 vorgestellt. Corporate Social Responsability definiert die Kommission als die „Verantwortung der Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“. Es ist zu erwarten, dass im Zuge der Umsetzung dieses Programms die Einführung von Compliance-Organisationen eine immer größere Bedeutung erhält.

Inhaltliche Bestimmung der sozialen Verantwortung von Unternehmen

Die Kommission nimmt Bezug auf verschiedene internationale Regelwerke, die sie sich ausdrücklich zu eigen macht, insbesondere die folgenden:

  1. OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen;
  2. zehn Grundsätze des „Global Compact“ der Vereinten Nationen;
  3. ISO-Norm 26000 zur sozialen Verantwortung;
  4. Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Unternehmen und Menschenrechte;
  5. Dreigliedrige Grundsatzerklärung des Internationalen Arbeitsamtes (IAA) über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik.

Die Kommission ermutigt Unternehmen, auf Basis dieser Regelwerke eigene interne Regelungen zu schaffen und Werte zu definieren. Die Freiwilligkeit sei wesentliche Basis für diese Maßnahmen.

Was sind die Vorschläge der Kommission?

Wenn Basis die Freiwilligkeit ist, liegt auf der Hand, dass die wichtigste Maßnahme Kommunikation ist. Demzufolge will die Kommission die Kommunikation über gelungene Maßnahmen verbessern und dafür „Multistakeholder-CSR-Plattformen“ einrichten und Preise für besonders gelungene CSR-Projekte vergeben.
Die Information schwächerer Marktteilnehmer soll verbessert werden, insbesondere soll das sog. „greenwashing“ in der Werbung durch eine Veränderung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken untersagt werden. Dazu gehört auch, soziale und ökologische Informationen durch Unternehmen offenlegen zu lassen.
CSR kann nicht aufgezwungen werden, die Wirtschaft soll daher zu einer Selbstregulierung ermutigt werden, deren Wirkungsweise in einem freiwilligen „Verhaltenskodex für Selbst- und Koregulierungsprojekte“ niedergelegt werden soll.
CSR lohnt sich für Unternehmen nicht immer. Dem will die Kommission durch stärkere Berücksichtigung von Gemeinwohlbelangen im öffentlichen Auftragswesen entgegentreten und eventuell Anbieter von Kapitalanlagen zwingen, die Grundsätze, nach denen die Anlageentscheidungen getroffen werden, zu kommunizieren.

Was kommt auf Unternehmen zu?

Die Mitteilung selbst hat keine Bindungswirkung für die Akteure in der Wirtschaft. Allerdings enthält sie ausdrückliche und konkrete Aufforderungen an die Unternehmen, die Mitgliedstaaten und Wirtschaftsverbände.

  1. Die Unternehmen sollen sich bis 2014 auf die Einhaltung von Regelwerken zu CSR verpflichten. Die Aufforderung ist gestaffelt:
    Unternehmen mit mehr als 1.000 MitarbeiterInnen sollen die ISO-Norm 26000 zur sozialen Verantwortung einhalten. Europäische Unternehmen sollen sich zusätzlich auf die zehn Grundsätze des „Global Compact“ der Vereinten Nationen verpflichten, multinationale Unternehmen zudem auf die Grundsatzerklärung des Internationalen Arbeitsamtes (IAA) über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik.
  2. Die Mitgliedstaaten sollen bis 2012 nationale Pläne für die Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen erstellen.
  3. Spitzenvertreter der europäischen Wirtschaft sowie des Finanzsektors fordert die Kommission auf, sich bis Mitte 2012 mit einer offenen und nachprüfbaren Verpflichtung in enger Abstimmung mit den Behörden und anderen Stakeholdern dafür einzusetzen, dass sich wesentlich mehr Unternehmen in der EU zu verantwortungsvollem Handeln bekennen und dementsprechend klare Zielvorgaben für die Jahre 2015 und 2020 festgelegt werden.

Es ist davon auszugehen, dass solche ausdrücklichen Aufforderungen nicht ignoriert werden können, ohne dass die Kommission andere – weniger von Freiwilligkeit getragene – Maßnahmen ergreift. Zur Umsetzung ist auch die Bundesregierung bereit, die die Mitteilung der Kommission ausdrücklich begrüßt hat (siehe Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales). Nur die Verpflichtung zur Veröffentlichung von nichtwirtschaftlichen Daten (Umweltschutz, Arbeitsbedingungen usw.) sieht sie kritisch.
In Deutschland existiert der Deutsche Nachhaltigkeitskodex, erstellt vom Rat für nachhaltige Entwicklung, aufgrund dessen Unternehmen freiwillig über Aspekte der CSR, die unter Nachhaltigkeit zu subsumieren sind, wie Arbeitnehmerrechte, Diversity, Menschenrechte, Korruption) berichten sollen.