Vom 18. bis 21. September tagte der 69. Deutsche Juristentag, diesmal in München. Mehrere Tausend Juristinnen und Juristen diskutierten in verschiedenen Abteilungen aktuelle rechtspolitische Fragen. Ich habe an der Abteilung Wirtschaftsrecht teilgenommen, die von sehr interessanten Diskussionen geprägt war. Die Beschlüsse des Juristentags kann man hier nachlesen, besonders interessant war aber die Diskussion. Es ging um Fragen der Corporate Governance, insbesondere um die Rolle des DCGK. Folgende Fragen haben wir strittig diskutiert und dann – das ist das Besondere am djt – auch über Beschlüsse dazu abgestimmt (hier ein Foto von den Abstimmungen), die sich als Anregungen an den Gesetzgeber und andere Entscheidungsträger, z.B. die Deutsche Corporate Governance Kommission verstehen.
- An wen richtet sich der DCGK und – damit zusammenhängend – soll er knapp gefasst oder vielmehr ausführlich sein und auch die Gesetzeslage wiedergeben (auf die Gefahr hin, dann durch Verknappung nicht immer ganz richtig zu sein)?
- Was bedeuten Abweichungen von den Empfehlungen? Sollen sie die Ausnahme bleiben oder kommt es eher (so die Auffassung der Mehrheit) eine Abweichungskultur geben, in der die gut mit dem Unternehmensinteresse begründete Abweichung vom Kodex akzeptiert wird (und deshalb auch nicht gleich zu einem Eingreifen des Gesetzgebers führt – siehe das Verhalten des Gesetzgebers zum Offenlegen von Vorstandsbezügen).
- Juristisch besonders interessant war die Diskussion über die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Entsprechenserklärung nach § 161 AktG: Ist die Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen die richtige Reaktion oder sollen eventuell sogar Wahlbeschlüsse anfechtbar sein? Interessant die Äußerung von Prof. Dr. Seibert, im BMJ für das Gesellschaftsrecht zuständig, der meinte, wenn die Funktionsfähigkeit der Unternehmen in Rede stehe, müsse der Gesetzgeber über ein Eingreifen nachdenken, nicht aber schon dann, wenn es nur um die Befindlichkeit einzelner Organmitglieder gehe, deren Entlastung angefochten werde.
- Besonders kontrovers natürlich die Diskussion über Frauenquoten für Vorstand und Aufsichtsrat, befeuert durch die Rede von Justizkommissarin Juliane Reding bei der Eröffnungsveranstaltung („Die Quote kommt“). Mit dem Argument, gesellschaftspolitische Zwecke sollten mit dem Aktienrecht nicht verfolgt werden, lehnte die Mehrheit jegliche Art von Quote (auch die sog. „Flexi-Quote“) ab. Warum Aktienrecht aber gesellschaftspolitische Zwecke nicht verfolgen soll (tut es das mit dem Mitbestimmungsgesetz nicht ohnehin) wurde nicht weiter begründet und ist wohl noch des Nachdenkens wert.
Die Diskussionen sind in der Literatur ausführlich vorbereitet worden, zu den Fragestellungen dort nachzulesen lohnt sich bestimmt für viele Studierende, z.B. solche, die auf der Suche nach einem Thema für die Abschlussarbeit sind.