Die Haftung von Gesellschaftern bei unterbliebener Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung einer Gesellschaft hängt davon ab, ob im Zeitpunkt, zu dem die wirtschaftliche Neugründung nach außen in Erscheinung tritt, eine Deckungslücke zwischen dem Vermögen der Gesellschaft und ihrem satzungsmäßigen Stammkapital bestanden hat. Der BGH entschied in seinem Urteil v. 06.03.2012, dass die Gesellschafter für solch eine Deckungslücke, auch Unterbilanz genannt, haften. Abgelehnt wird vom BGH hingegen eine zeitlich unbegrenzte Haftung der Gesellschafter für alle Neuverbindlichkeiten seit Wiederaufnahme der Geschäfte. Der BGH schließt sich damit einer Entscheidung aus dem Jahre 2009 vom KG Berlin an. Dieser versuchte diese unbeschränkte Haftung zu verhindern.

Was versteht man unter der wirtschaftlichen Neugründung?

Ursprünglich hat die Rechtsprechung die sogenannte wirtschaftliche Neugründung anknüpfend an diverse Missbrauchsfälle entwickelt. Eine wirtschaftliche Neugründung liegt dann vor, wenn eine als „Mantelgesellschaft“ gegründete Gesellschaft oder eine nicht mehr tätige Gesellschaft von neuen Gesellschaftern aufgekauft und dann mit einem neuen Unternehmensgegenstand ersetzt wird – dies ist nur durch Änderung der Satzung möglich -. Das gilt sogar dann, wenn nichts dem Handelsregister angezeigt wurde.

Kurz zum Sachverhalt: Kläger ist Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH. Die GmbH verfügt über keinerlei Aktiva mehr. In dieser schlechten Phase bestellte die Gesellschafterversammlung eine neue Geschäftsführerin, verlegte den Geschäftssitz und änderte den Unternehmensgegenstand. Die Geschäfts–führerin meldete die Änderungen zur Eintragung ins Handelsregister, ohne jedoch die wirtschaftliche Neugründung offenzulegen und nahm dann die Geschäfte auf. Den einzigen Geschäftsanteil erwarb die Beklagte. Daraufhin meldete sie die Insolvenz der Gesellschaft an. Der Kläger stellte die Forderungen zur Insolvenztabelle fest und forderte diese von der Beklagten die alleinige Besitzerin der Geschäftsanteile der GmbH war. Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen, das OLG hat ihr in vollem Umfang stattgegeben. Der BGH hat in der Revision das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Ergebnis: Das OLG wurde dahingehend vom BGH bestätigt, dass es sich hier um eine wirtschaftliche Neugründung handelt. Vor allem aber ist der BGH mit seiner Entscheidung der ständigen Rechtsprechung gefolgt – die Unterbilanzhaftung ist schon längst anerkannt- und hat nun deutlich das Haftungsrisiko für Gesellschafter bei unterlassener Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung verringert. Da das OLG dahingehend keine Feststellungen getroffen hatte, wurde die Sache zur weiteren Klärung zurückverwiesen.