Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht.

Dieses entschied der BGH mit Versäumnisurteil vom 19.06.2012. In dem vorliegenden Verfahren hatte der Geschäftsführer (Beklagter) einer GmbH im Oktober 2004 Insolvenzantrag gestellt, der daraufhin eingesetzte Insolvenzverwalter war allerdings der Ansicht, dass die Gesellschaft bereits seit Ende 2003 zahlungsunfähig und überschuldet war. Dementsprechend begehrte er vom Beklagten aus § 64 Abs. 2 aF GmbHG (jetzt § 64 S. 1 GmbHG) die Rückzahlung von Geldern, die zwischen dem 1. Januar und dem 15. Oktober 2004 zu Lasten des Gesellschaftsvermögens abgeflossen waren.

Mit dem Eintritt der Insolvenzreife beginnt nach § 64 Abs. 2 S. 1 aF GmbHG ein Zahlungsverbot. Der Einwand eines Geschäftsführers, er könne die Zahlungsunfähigkeit nicht feststellen, ist nach Auffassung des BGH irrelevant, da es auf seine individuellen Fähigkeiten nicht ankommt; mangelnde Sachkenntnis entlastet ihn nicht von der Haftung nach § 64 Abs. 2 aF GmbHG. Von dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets im Klaren ist. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Bei Anzeichen einer Krise hat er sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen., sonst handelt er fahrlässig. Sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (Tz. 11). Dem Geschäftsführer, der die Vermutung schuldhaften Verhaltens zu widerlegen hat, obliegt es, die Gründe vorzutragen und zu erläutern, die ihn gehindert haben, eine tatsächlich bestehende Insolvenzreife der Gesellschaft zu erkennen (Tz. 13). Dafür hat er eine entsprechende Organisation einzurichten, die es erlaubt, sich jederzeit die erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft zu verschaffen.

Trend zur externen Beratung

Einen ähnlich gelagerten Sachverhalt hatte der BGH bereits am 27.03.2012 zu entscheiden. Auch hier wies der Senat den mit der Bestimmung des Insolvenzstatus überforderten Geschäftsführer einer GmbH darauf hin, dass er sich für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person beraten zu lassen hat.
Dieses sind nur zwei Beispiele eines Trends der Rechtsprechung, den geschäftsführenden Organen bei fehlendem Sachverstand die Rechtspflicht zur Inanspruchnahme externer Beratung aufzuerlegen. Die Pflicht zur externen Beratung ist hauptsächlich dem Tatbestand des § 43  GmbHG zu entnehmen. Diesem zu folge haben GmbH- Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Der BGH entnimmt diesem die Pflicht, sich im Falle von kompetenzübersteigenden Aufgaben externe Hilfe zu holen.
Gleiches gilt für die AG; hier bildet § 93 AktG die Grundlage. So geschehen im Urteil des BGH vom 20.09.2011: Der organschaftliche Vertreter einer Gesellschaft, der selbst nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt, kann den strengen Anforderungen an eine ihm obliegende Prüfung der Rechtslage und an die Beachtung von Gesetz und Rechtsprechung nur genügen, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärende Frage fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lässt und den erteilten Rechtsrat einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzieht.