Am 02.02.2012 hatte der BGH über die Wirksamkeit von Lizenzverträgen zu entscheiden, die Nutzungsrechte an einem vermeintlichen Werk ohne urheberrechtlichen Schutz gewähren (Leerübertragung).

Delcantos Hits – Legitimität der Leerübertragung im Urheberrecht

In dem Rechtsstreit (I ZR 162/09 – Delcantos Hits) hatten die Kläger, Vater und Sohn, mithilfe von Keyboards und Computertechnik zahlreiche Musikstücke geschaffen, die sie auf Tonträgern mit der Bezeichnung „Delcanto: Delcantos Hits Vol. 1“ aufnahmen. Ihre Klage richtete sich gegen die GEMA, welche die Aufführung von „Delcantos Hits“ in Hotels und Restaurants gestattet hatte, ohne den Klägern ihren Anteil an den Verwertungserlösen auszuzahlen.

Die GEMA war allerdings der Ansicht, die streitgegenständlichen Kompositionen genössen keinen Urheberrechtsschutz, wodurch der entsprechende Lizenzvertrag unwirksam wäre.

Urheberrechtliche Betrachtung

Der entscheidende Senat stellte fest, dass die Grundsätze zur Vergütungspflicht bei Leerübertragungen grundsätzlich auf das Urheberrecht Anwendung finden (dazu eingehende Nachweise in Tz. 13 des Urteils). So ist ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag über die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an einem vermeintlichen Werk nicht deshalb unwirksam, weil das vermeintliche Werk tatsächlich keinen Urheberrechtsschutz genießt. Der Lizenzgeber eines solchen Lizenzvertrages kann grundsätzlich die vereinbarte Vergütung beanspruchen, solange der Lizenzvertrag besteht und dem Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft (1. Leitsatz).

Im vorliegenden Fall hatten die Parteien aber über die Allgemeinen Grundsätze zum Verteilungsplan der GEMA individuelle Regelungen getroffen, welche dem gesetzlichen Grundsatz abweichen (Tz. 23). So ist der Bezugsberechtigte (Kläger) nach § 4 Ziff. 1 der Allgemeinen Grundsätze zum Verteilungsplan verpflichtet, bei berechtigten Zweifeln den Nachweis zu erbringen, dass er auch tatsächlich Komponist, Textdichter, Bearbeiter oder Verleger des Werkes ist. Dieses wurde vom Gericht nicht beanstandet: Den Parteien eines Lizenzvertrages ist es allerdings unbenommen, die Rechtsfolgen der Übertragung eines Scheinrechts anders zu regeln. Insbesondere können sie vereinbaren, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn der Lizenzgeber nicht nachweist, dass die materiellen Schutzvoraussetzungen des eingeräumten oder übertragenen Rechts vorliegen (2. Leitsatz). Die GEMA ist nach den Bestimmungen des Berechtigungsvertrages zur Erhebung und Verrechnung von Aufführungsgebühren nur berechtigt und verpflichtet, wenn der Bezugsberechtigte in Zweifelsfällen nachweist, dass die aufgeführten Musikstücke urheberrechtlich geschützt sind (3. Leitsatz).

Der Beklagten sei es nämlich nicht zumutbar, schon bei der Anmeldung von neuen Werken zuverlässig festzustellen, ob diese Urheberrechtsschutz genießen (Tz. 25).