Am 28.06.2012 hat der EuGH seine mit Spannung erwartete Entscheidung zur Ad-hoc-Publizität verkündet. Zu klären war, zu welchem Zeitpunkt ein börsennotiertes Unternehmen seine Anleger mittels Ad-hoc-Mitteilung über kursrelevante Tatsachen (im konkreten Fall den Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden) informieren muss.
Grundlage der Pflicht zu Ad-hoc Mitteilungen
Gemäß § 15 WpHG hat ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen; eine sogenannte ad-hoc-Mitteilung. Zu dem Verfahren vor dem EuGH kam es, weil der BGH in Sachen Geltl/Daimler AG den Gerichtshof ersucht hatte, den Begriff der „präzisen Information“ sowie das „Maß an Wahrscheinlichkeit“ des Eintritt des sich aus der Information ergebenden Ereignisses näher zu erläutern (der Vorlagebeschluss findet sich hier).
Wann ist der Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Insiderinformation?
Für das Unternehmen wichtige Entscheidungen, natürlich auch der Rücktritt eines Vorstandsvorsitzenden, haben einen langen Vorlauf. So war es auch beim Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Schrempp. Erst nach Monaten und nachdem der zuständige Präsidialausschuss des Aufsichtsrats dem Rücktritt zugestimmt hatte, informierte die Bank die Öffentlichkeit, worauf der Kurs der Aktie anstieg. Ein Aktionär hielt das für verspätet. Weil die Frage von der Auslegung der Marktmissbrauchsrichtlinie abhing, legte der BGH die Frage dem EuGH zur Entscheidung vor, der nunmehr seine Einschätzung abgegeben hat.
Was bedeutet die Entscheidung für die Praxis?
Aus den komplexen Urteilsformulierungen lässt sich für die Praxis ableiten, dass börsennotierte Aktiengesellschaften in Zukunft nicht nur das Ergebnis eines mehrstufigen Entscheidungsvorgangs ad-hoc publizieren müssen, sondern auch die Zwischenschritte auf dem Weg zu dieser Entscheidung, sofern der Eintritt des letztendlichen Ereignisses zumindest vernünftigerweise zu erwarten ist. Die Zahl der Ad-Hoc-Mitteilungen wird also vermutlich deutlich ansteigen. Manche leiten daraus ab, dass die Gefahr einer irrfeührenden Flut an Mitteilungen besteht.
Zu der Entscheidung gibt es eine interessante Besprechung von Hitzer: Zum Begriff der Insiderinformation NZG 2012, 860.